ForMaD 30.06.2016 - „Und dann hab ich halt erst mal die Kiste hingemalt und dann den Max drauf“ - Kinder erstellen grafische Darstellungen zu Textaufgaben

Mathematik ist die Wissenschaft abstrakter Strukturen. Sie ist darauf angewiesen, Ideen, Objekte und Beziehungen in Symbolen oder Grafiken darzustellen, um Erkenntnisprozesse und Kommunikation über diese zu ermöglichen.

Die Förderung der Kompetenz ‚Darstellen’ ist folglich, so Barbara Ott (Dozentin für Mathematikdidaktik im Studiengang Kindergarten/Primarschule an der PH St. Gallen) im Mathematikunterricht von Beginn an wichtig. Insbesondere im Sachrechnen spielen Darstellungen der in Textaufgaben verbal gegebenen mathematischen Strukturen bei der Bearbeitung der Aufgaben eine entscheidende Rolle. Darstellungskompetenz zu erwerben, ist aber keineswegs eine triviale Anforderung, mahnte Ott.

Eindrücklich erklärte sie dem Publikum an Beispielen wie das auf der Grundlage von 438 Kinderdokumenten mit qualitativen Methoden ein kategorienbasiertes und theoriebezogenes entwickelte Instrument, zur Analyse grafischer Darstellungen genutzt werden kann. Es erlaubt eine einfach nachvollziehbare, eindeutige Zuordnung von Darstellungen, die wesentlich detaillierter und damit angemessener als eine unterrichtsübliche falsch-richtig oder gut-schlecht Bewertung ist.

In einer Intervention hat Ott zudem erprobt, wie eine Förderung der Darstellungskompetenzen gelingen kann. Dabei stellte sie nicht ein gezieltes Training vor, sondern hat erprobt, wie sich kontinuierliche Reflexionsgespräche über die Zeichnungen, die die Kinder selbst erstellt haben, langfristig auf die Darstellungen der Kinder auswirken.

Dafür hat sie eine Mixed-Methods-Studie in einem Drei-Gruppen-Design mit drei Testzeitpunkten und begleitenden Interviews durchgeführt. Die Ergebnisse der quantitativen Analyse der 2780 Kinderdokumente folgen den in der Entwicklungsforschung herausgearbeiteten konstituierenden Merkmalen grafischer Darstellungen und zeigen so erstaunliche Variationen des Interventionseffekts, beispielsweise, dass die in der Unterrichtspraxis gängige Fokussierung auf Abstraktion gerade keine tragfähige Maßnahme darstellt.

Die qualitativen Analysen der Kinderdokumente und Interviews, an denen Ott die aufmerksamen Zuhörerinnen und Zuhörer teilhaben ließ, ergänzen und erläutern diese Befunde, indem spannende, individuelle Entwicklungsverläufe nachgezeichnet wurden.

Leseanregungen

Ott, Barbara (2016/im Druck). Textaufgaben grafisch darstellen – Entwicklung eines Analyseinstruments und Evaluation einer Interventionsmaßnahme. Münster: Waxmann.

Ott, Barbara (2014). 'Aber 11 Meter passen doch nicht aufs Papier!' Kinder zeichnen zu Sachaufgaben. Grundschulunterricht Mathematik, 61 (3), 12-15.

Ott, Barbara (2015). Qualitative Analyse grafischer Darstellungen zu Textaufgaben – eine Untersuchung von Kinderzeichnungen in der Primarstufe. In G. Kadunz (Hrsg.),  Semiotische Perspektiven auf das Lernen von Mathematik  (S. 163 - 182). Heidelberg: Springer.