ForMaD 08.11.18 - Nutzungsweisen von Grundschulkindern bei der Verwendung von Tablet-Apps

Wenn ein Kind im 2. Schuljahr 7+9 konsequent alles zählend löst und auch keine Beziehungen zu 9-7 von sich aus herstellen kann, dann wäre es doch großartig, wenn eine passende App dieses zählende Rechnen ablösen helfen würde. Was aber genau leisten Tablet-Apps und vor allem, nutzen Kinder die Möglichkeiten der Apps so, dass sie eine Förderung unterstützen? Diese Fragen fokussiert Daniel Walter von der WWU Münster in seiner Forschungsarbeit.

Das Thema Apps im Mathematikunterricht ist aktuell und gleichsam von widersprüchlichen Gegebenheiten durchzogen. Auf der einen Seite fordern bildungspolitische Initiativen digitale Lernangebote und der öffentliche App-Markt bietet Optionen in unzähliger Vielfalt. Auf der anderen Seite haben aktuell, so Walter, nur 1% der Grundschulkinder im Unterricht Zugang zu Tablet-Apps. Ein noch viel wesentlicher Punkt ist, dass, nach Walters Einschätzung, höchstens 25% der derzeitig verfügbaren Apps dafür geeignet sein könnten, Mathematikverstehen zu fördern. Der weitaus größere Anteil der Angebote kann mit drill-and-practice Aufgaben im besten Fall nur bereits vorhandene Kenntnisse automatisieren helfen.

Walter beleuchtet die Möglichkeiten von Apps aus konsequent fachlicher und mathematikdidaktischer Perspektive. Dabei interessiert ihn in seiner Arbeit nicht das schicke Design oder die besondere Funktion von Apps, sondern gezielt die Frage, wie Kinder Apps nutzen. Beispielhaft wird Einblick gegeben in die Nutzungsweisen von zählend rechnenden Grundschulkindern bei der Verwendung der Tablet-App ‚virtuelles Zwanzigerfeld’.

Nachvollziehbar ist Walters Kritik an dem Ruf nach dem digitalen Mehrwert. Er fokussiert seine Forschung hingegen auf Potentiale, die die Apps bieten können. Erneut steht dabei die mathematikdidaktische Perspektive im Vordergrund, die über rein unterrichtsorganisatorische Möglichkeiten des App Einsatzes hinausweist. Gemeint ist damit die Auslotung von Möglichkeiten, die die App bietet, und die aus mathematikdidaktischer Sicht stimmig sind. Exemplarische wird die Synchronität von Darstellungsebenen und die Unterstützung strukturierter Mengendarstellungen thematisiert.

Walter weist nach, dass das virtuelle Arbeitsmittel im Vergleich zum analogen (physischen) Pendant nicht zwingend zu anderen Nutzungsweisen durch die Kinder führt. Die Ausschöpfung der Potentiale der Apps scheinen stark abhängig zu sein, von der Aufgabenstellung an die Kinder. Auch digitale Angebote sind kein Selbstläufer, sondern müssen auch durch Erfahrungen in der analogen Welt gestützt werden, z. B. das haptische Erleben des Umdrehens eines Wendeplättchens. Walter plädiert dafür, mögliche Nutzungsweisen der Kinder im Mathematikunterricht zu antizipieren, um in der Interaktion adäquat reagieren zu können und weiterführende Impulse zu setzen.

In der Forschungsarbeit verwendete Apps 

Virtuelles Zwanzigerfeld (C. Urff)

Rechentablett (C. Urff) 

Leseanregungen

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