ForMaD 06.06.19 - Das Toulmin'sche Argumentationsmodell bei der expliziten Argumentationsförderung im Geometrieunterricht der 7. Jahrgangsstufe

Mathematik ist eine Wissenschaft, die auch als beweisende Disziplin bezeichnet wird. Das mathematische Argumentieren spielt damit nicht erst seit den Beschlüssen der Kultusministerkonferenz von 2003 eine tragende Rolle im Mathematikunterricht.

Die Kompetenz des Argumentierens betrachtet Dr. Andreas Bauer in seinem Beitrag dabei aus zwei Perspektiven. Bauer hat seine Promotion zum Thema 2015 in Mathematikdidaktik an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg abgeschlossen, danach hat er in Referendariat und Schuldienst (aktuell am LTG Prien) die theoretischen Ansätze und Projektideen in der Praxis erproben können. Zum einen wird im Beitrag folglich in fachdidaktischer Perspektive eine wissenschaftliche Fundierung angeboten. Zum anderen werden Einblicke in Praxiserfahrungen gegeben.

Argumentieren erwartet nach KMK Standards eine Entwicklung von Plausibilitätsargumenten über inhaltlich-anschauliche Beweise bis hin zu formalen Beweisen. Im Alltagsdiskurs werden Aussagen oftmals auch ohne Begründung verständlich und akzeptiert, während typischer Weise in der Mathematik und auch im Mathematikunterricht Aussagen dabei in allen Phasen auf Gründe zurückzuführen sind (Jahnke & Ufer, 2015). In der Mathematikdidaktik wird zur Beschreibung von Argumentationen bzw. zur Argumentanalyse oft das Modell Stephen Toulmins verwendet (z.B. Schwarzkopf, 2000).

Lehrkräften sind bei der Unterrichtsplanung und -gestaltung diese wissenschaftlichen Grundlagen und insbesondere die KMK Standards bewusst. Auf der Ebene der Lernenden ist dies nicht der Fall. Bauer plädiert für eine explizite Kompetenzförderung, die Ziele der Argumentationsförderung den Schülerinnen und Schülern transparent darlegt.

In seinem Unterricht hat Bauer die Möglichkeit erprobt, in einer eigenständigen Unterrichtseinheit (Intermezzo) die Argument-Struktur „[Aussage], da [Grund]“ den Lernenden als so genannte Sprachschablone anzubieten. Zudem wurde Argumentieren auch außerhalb mathematischer Inhalte, z.B. durch die Aktivität Which One Doesn't Belong?, erprobt.
Tatsächlich konnte er danach feststellen, dass die Lernenden im folgenden Unterricht, in dem geometrische Aussagen begründet oder bewiesen werden sollten, von diesem Metawissen profitieren konnten. Insbesondere die mündlichen Argumentationsketten werden elaborierter und auch in den schriftlichen Darstellungen werden zunehmend begründete Aussagen genutzt.

Lesenanregungen

Bauer, A. (2015). Argumentieren mit multiplen und dynamischen Repräsentationen. Würzburg: University Press. https://opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de/frontdoor/index/index/docId/11211

Bauer, A. (2014). Einfluss externer multipler und dynamischer Repräsentationen auf Schülerargumentationen. In Jürgen Roth & Judith Ames (Hrsg.), Beiträge zum Mathematikunterricht 2014 (S. 129-132). Münster: WTM-Verlag.

Bauer, A. (2013). Neues in GeoGebra 4. Über das zweite Grafikfenster, GeoGebraSkript und mehr. In Markus Ruppert & Jan Wörler (Hrsg.),  Technologien im Mathematikunterricht. Eine Sammlung von Trends und Ideen (S. 27–37). Wiesbaden: Springer Spektrum.

Jahnke, H.-N. & Ufer, S. (2015). Argumentieren und Beweisen. In R. Bruder, L. Hefendehl-Hebeker, B. Schmidt-Thieme & H.-G. Weigand (Hrsg.), Handbuch der Mathematikdidaktik (S. 331-355). Heidelberg: Springer Spektrum.

Schwarzkopf, R. (2000). Argumentationsprozesse im Mathematikunterricht: Theoretische Grundlagen und Fallstudien. Hildesheim: Franzbecker.

Toulmin, S. (2003). The Uses of Argument. Cambridge: Cambridge University Press.