ForMaD 04.07.19 - Längenkonzepte von Kindern im Elementarbereich
Wie lang ist ein Teddybär? Wo genau sehe ich die Länge eines nicht länglichen Objekts?
Nicht nur für kleine Kinder, so Dr. Johanna Zöllner von der PH Karlsruhe in ihrem Vortrag, ist die Bestimmung von Längen ein hoch komplexer Prozess. Studien zeigen, dass viele Kinder am Ende der Grundschulzeit (und selbst Erwachsene) noch nicht über adäquate Größenvorstellungen verfügen. Die Entwicklung eines Längenkonzepts beinhaltet höchst verschiedene und miteinander verwobene Komponenten.
Schon aus mathematischer Sicht ergeben sich unterschiedliche Zugänge: Während die Zuordnung von Maßzahlen und Größen als Funktion (Maßfunktion) beschrieben werden kann, werden durch euklidische Metrik Größen ganz ohne Zahlen durch Relationen (Äquivalenz- und Ordnungsrelation) als geordnete Klassen beschrieben. Das Verständnis für den Größenbereich Länge erwartet also auch hier unterschiedliche Konzeptionierungen. Ein Konzept, so Zöllner, kann als kognitive Struktur interpretiert werden. Dies umfasst nach Tall und Vinner (1981) mentale Bilder, Attribute und Prozesse.
Die Analyse von Prozessen kann Rückschlüsse auf die vorhandenen mentalen Bilder und Vorstellungen ermöglichen. Zöllner hat in 40 materialbasierten Interviews hierzu Kinder im Alter von 4-6 Jahren bei ihren Handlungen und Kommentaren begleitet und die Analyse in ihr Konzept verdichtet. Zöllner illustriert theoriegeleitet und forschungsbasiert eindrücklich, die Netzstruktur, die dem Längenkonzept zugrunde liegt, sowie die Zusammenhänge und Abhängigkeiten zwischen einzelnen Teilkonzepten.
So macht Zöllner an Beispielen eindrücklich deutlich, dass z.B. die Einzelkomponente des indirekten Längenvergleichs allein durch die Wahl des Mittlers wesentlich variiert. Der Mittler selbst bedingt Handlungen und damit je spezifische Denkprozesse.
Umgekehrt heißt dies, dass die Förderung von Teilkonzepten abhängig ist von jeweils gewählten Aufforderungssituationen. Die Erkenntnisse der Studie bieten folglich Anknüpfungspunkte für die Förderung längenbezogener Kompetenzen im Elementarbereich und Primarbereich. Um Kinder bei dem Aufbau eines tragfähigen Längenkonzepts unterstützen zu können, so Zöllner, ist es erforderlich, einzelne Komponenten des Längenkonzepts zu identifizieren, um darauf aufbauend gezielt Förderangebote weiterzuentwickeln.
Tall, D., & Vinner, S. (1981). Concept image and concept definition in mathematics with particular reference to limits and continuity. Educational Studies in Mathematics, 12(2), 151–169.
Leseanregungen
Zöllner, J. & Reuter, F. (2018).Wie messen Kinder? Überlegungen zu Einheiten beim Messen. Fördermagazin Grundschule, 4, 19...
https://www.oldenbourg-klick.de/zeitschriften/foerdermagazin-grundschule/2018-4/wie-messen-kinder
Zöllner J. & Benz, C. (2016). I spy with my little eye: Different components of a concept of length. In T. Meaney, T. Lange, A. Wernberg, O. Helenius & M.A. Johansson, (Eds.), Mathematics Education in the Early Years - Results from the POEM2 Conference, 2014 (pp. 359-370). New York: Springer.
Zöllner, J. & Benz, C. (2015). The role of units in the concept of length for four- to six-year old children. Asia-Pacific Journal of Research in Early Childhood Education. Vol 9 (3), 67-83.
Zöllner, J. & Benz, C. (2013). How four to six year old children compare length indirectly. In V. Ubuz (Ed.), Proceedings of the 8th Congress of the European Society for Research in Mathematics Education (pp. 2258-2267). Antalya, Turkey: ERME.
Zöllner, J. & Benz, C. (2011). Das kleine Krokodil und die ganz große Liebe – Lernanlässe zum Messen und Vergleichen. Mathematik differenziert ,(4), 18-25.
Benz, C. & Zöllner, J. (2011). Unter der Lupe: Bilderbücher. Mathematik differenziert,(4), 47.
Zöllner, J. & Benz, C. (2009). 1km? Das ist bis ganz dahinten, bis zur großen Autokreuzung. Zur Bedeutung von Stützpunktvorstellungen für Kinder beim Umgang mit Karten. Sache Wort Zahl, 37, 42-47.