Projekt FeDeR
Multiplikatives Verständnis fördern - Förderung und Diagnose in differenten Rahmenbedingungen
Inhalt und Ziele
Vor dem Hintergrund eines inklusiven Mathematikunterrichts werden Diagnose und Förderkonzepte zu allen mathematischen Inhaltsbereichen der Grundschule virulent.
Die Grundsatzfrage bezogen auf Förderung ist es, wie Kinder mit unterschiedlichen Voraussetzungen geeignet gefördert werden können (z.B. Haeberlin, Bless, Moser & Klaghofer, 1991; Wocken, 2007; Wocken & Antor, 1987). Im Mittelpunkt des Projekts FeDeR steht die Forschungsfrage, welche Antworten der Mathematikunterricht der Grundschule auf die Inklusionsforderung im Inhaltsbereich Multiplikation anbieten kann.
Methoden
Im Projekt werden Test- und Aufgabenformate auf der Grundlage von Forschungsergebnissen und bereits vorliegender Konzeptionen zur Förderung zum Inhaltsbereich Multiplikation in der zweiten Jahrgangstufe entwickelt und in einem Konzept zusammengestellt. Bei der Aufgabenentwicklung spielen Grundvorstellungen wesentlicher Aspekte der Multiplikation und der Wechsel von Darstellungsformen mit Hilfe der Eigenschaften der Operation eine besondere Rolle.
Durch Pre-, Post- und Follow-up-Tests wird das Konzept in zwei Interventionsgruppen und einer Kontrollgruppe evaluiert (Döring & Bortz, 2016). Das Konzept wird dabei in der Einzelförderung und im Klassenverband eingesetzt. Insgesamt nehmen 335 Schülerinnen und Schülern in 18 Klassen an der quasi-experimentellen Studie teil.
Da sowohl Methoden qualitativer als auch quantitativer Forschungsansätze kombiniert werden, ist die hier beschrieben Untersuchung in einem Mixed-Methods-Design geplant (Döring & Bortz, 2016; Hussy, Schreier & Echterhoff, 2013).
Ziel der Auswertung der Bearbeitung der angebotenen Testaufgaben ist es, den Entwicklungsstand eines Multiplikativen Verständnisses zu erfassen und über die verschiedenen Testzeitpunkte Veränderungen auszumachen. Zur Auswertung des Paper-Pencil-Tests werden mit Hilfe der Strukturierende Qualitative Inhaltsanalyse (Mayring & Brunner, 2013) fünf Kategorien entwickelt, um die Heterogenität und Individualität der Bearbeitungen möglichst vollständig zu erfassen.
Um Veränderungen im Verhalten der Kinder vor und nach der Intervention feststellen zu können, werden nach Analyse der Bearbeitungen der Kinder in Pre-, Post- und Follow-up-Test entsprechend der entwickelten Kategorien die Häufigkeiten zu den verschiedenen Merkmalsausprägungen quantitativ ermittelt. Forschungsmethodisch lässt sich dieses Vorgehen der Deskriptivstatistik zuordnen (Hussy, Schreier & Echterhoff, 2013).
Die qualitative Analyse der Fördersitzungen fokussiert auf bestimmte Ausschnitte der Förderung, die sich auf das Erkennen und die Nutzung der Eigenschaft Distributivität beziehen. In den Transkripten ausgewählter Ausschnitte der Fördersitzungen werden stärker beschreibend Handlungen und Sprechinhalte des jeweiligen Kindes mit der Interviewerin interpretiert. Um dies zu erreichen, wird die Methode der systematisch-extensionalen Interpretation (Beck & Maier, 1994) bzw. die Interaktionsanalyse der Interpretativen Unterrichtsforschung nach Krummheuer & Naujok (1999) herangezogen.
(Erste) Ergebnisse
Die quantitativen Analysen der Testergebnisse deuten darauf hin, dass im Setting ‚Einzelförderung‘ die mit Abstand stärkste positive Veränderung in ausgewählten Analysebereichen im Vergleich zu allen teilnehmenden Kindern im Setting ‚Klassenverband‘ und in der Kontrollgruppe zu verzeichnen ist. Dies betrifft auch die Ergebnisse der Kinder mit Förderbedarf.
Bezüglich der Richtigkeit des berechneten Ergebnisses zu der jeweiligen Aufgabe weisen die Ergebnisse darauf hin, dass zu den Aufgaben jeweils mehrheitlich ein passendes Ergebnis gefunden wird, wenn die Bearbeitung auch als ‚angemessen‘ kategorisiert werden kann.
In der qualitativen Analyse wird ein Ausschnitt der Einzelförderung zum Erkennen und zur Nutzung der Distributivität genauer in den Blick genommen. Dabei wird der jeweilige Übersetzungsprozess von Summen- und Differenzprodukten zwischen symbolischer Form und didaktischer Darstellung analysiert. Ergebnisse der Analyse zeigen, dass es sich dabei um einen sehr komplexen Prozess handelt, der aber durchaus auch von Kindern mit Förderbedarf vollzogen werden kann.
Gesellschaftliche Relevanz und Nutzung der Ergebnisse
In den Verträgen und Forderungen auf völkerrechtlicher Ebene (insbesondere die Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung) bis hin zu curricularen Vorgaben für bayerische Grundschulen wird die Einbeziehung von Menschen mit Behinderung in die Regelschule gefordert. Gleichsam ist die Aufgabe von Förderschulen auch in der Kritik. Empirische Befunde zu Wirkungen von Förderkonzepten in unterschiedlichen Settings können die Diskussion fundieren. Vor diesem Hintergrund soll das Projekt einen Beitrag leisten, indem untersucht wird, wie Kinder -insbesondere diejenigen mit Förderbedarf- zum Inhaltsbereich Multiplikation entsprechend gefördert werden können.
Bamberger Kompetenzen
Im Rahmen der Initiative Mathe?Klasse!4kids, in deren Zusammenhang auch das Projekt FeDeR durchgeführt wird,bietet die Lernwerkstatt der Professur für Didaktik der Mathematik & Informatik u.a. auch Individualförderung für Kinder mit Rechenschwierigkeiten an.
Aktuelle Publikation
Lamprecht, Xenia (2020). Multiplikatives Verständnis fördern: Entwicklung und Evaluation eines Förderkonzepts in differenten Rahmenbedingungen. Bamberg: ubp. ISBN: 978-3-86309-752-3 (Druckausgabe), eISBN: 978-3-86309-753-0 (Online-Ausgabe), DOI: dx.doi.org/10.20378/irb-48574
Lamprecht, Xenia (2017). „Sich Multiplikation vorstellen“ – Individuelle Grundvorstellungen von Kindern mit und ohne Förderbedarf. In U. Kortenkamp & A. Kuzle (Hrsg.), Beiträge zum Mathematikunterricht 2017 (S. 593-596). Münster: WTM-Verlag. dx.doi.org/10.17877/DE290R-18497
Lamprecht, Xenia & Steinweg, Anna S. (2017). Multiplikatives Verständnis fördern: Vorstellungen nutzen und aufbauen helfen. In U. Häsel-Weide & M. Nührenbörger (Hrsg.), Gemeinsam Mathematik lernen – mit allen Kindern rechnen (S. 185-194). Frankfurt a.M.: GSV.
Lamprecht, Xenia (2016). Multiplikatives Verständnis fördern – Einblicke in das Projekt FeDeR. In Institut für Mathematik und Informatik Heidelberg (Hrsg.), Beiträge zum Mathematikunterricht 2016, Band 2 (S. 617-620). Münster: WTM.