Studientag 2016 - Berichterstattung

Geld regiert die Welt?

Regiert das Geld unsere Welt? Sind es wirklich ökonomische Überlegungen, die unser Handeln lenken? Schlagwörter wie Gewinnmaximierung, Kosten-Nutzen-Rechnungen oder Wachstumszwang, die uns heute geläufiger denn je sind, scheinen dafür zu sprechen. Doch ist das Geld tatsächlich zu der regierenden Instanz oder sogar zu einer Art „Gegen-Gott“ geworden? Und wie äußert sich die Kirche zu dieser Entwicklung? Was sagt sie zu wirtschaftlichen Ungleichheiten und wovon genau ist eigentlich die Rede, wenn Papst Franziskus von der „Kirche der Armen“ spricht?

Diese nicht enden wollende Fülle an Fragen zeigt, dass für den Studientag 2016 kaum ein aktuelleres und brisanteres Thema hätte gewählt werden können. Unter dem Motto „Geld regiert die Welt?“ begrüßte das Institut für Katholische Theologie der Otto-Friedrich-Universität Bamberg am 03. März 2016 ca. 320 Oberstufenschülerinnen und -schüler von Gymnasien nicht nur aus Bamberg, sondern auch aus Erlangen, Forchheim, Hof, Kronach, Nürnberg und Pegnitz.

Ziel des jährlich stattfindenden Studientags ist es, Schülerinnen und Schülern einen möglichst realistischen Eindruck von Studieren zu vermitteln, weshalb das Programm sowohl vorlesungsähnliche Kurzvorträge als auch eine Seminarphase und ein Expertengespräch enthielt. Doch nicht nur Vorlesungen, Seminare und Podiumsdiskussionen gestalten den Alltag der Studierenden, auch die vorbereitende Auseinandersetzung mit den jeweiligen Themen ist ein unverzichtbarer Bestandteil des Studiums. In diesem Sinne gab Prof. Dr. Konstantin Lindner nach der Begrüßung eine kurze thematische Einführung. Er eröffnete den Studientag mit dem derzeit wohl aktuellsten und meist diskutiertesten Thema: der Flüchtlingskrise. Nicht selten werde gegenwärtig die Frage gestellt, wie viele Millionen Euro die Flüchtlinge Deutschland kosten und ob das Land dies leisten könne. „Doch lassen sich Menschenleben mit Geld aufrechnen?“, brachte Lindner die Oberstufenschülerinnen und -schüler zum Nachdenken und führte ihnen vor Augen, wie schwierig es werden kann, notleidenden Menschen zu helfen, wenn Geld ein so bedeutender Faktor ist. Doch genau das – Hilfe für die Armen – ist es, was Christen als Auftrag gegeben ist. Aus diesem Grund erweist es sich auch für die Theologie als unverzichtbar, derartige Fragestellungen zu erforschen.

„Geld oder Leben!“ – Geld als Gegen-Gott im neuen Testament

In seinem Kurzvortrag „Geld oder Leben!“ erläuterte der Neutestamentler Prof. Dr. Joachim Kügler den Schülerinnen und Schülern wie eine Untersuchung von Bibeltexten zur Frage nach dem Geld abläuft. Grundsätzlich müsse man sich bewusst machen, so Kügler, dass es im Neuen Testament nicht viele Texte gibt, in denen explizit von Geld die Rede ist. Es gilt, sich für eine der wenigen Optionen zu entscheiden und deren Botschaft herauszuarbeiten. Im Falle des von Kügler gewählten 16. Kapitels des Lukasevangeliums – das Gleichnis vom ungerechten Verwalter, die dazugehörigen Jesussprüche und die Beispielerzählung vom armen Lazarus – lautet die „Message“ des Textes: Wer als Reicher den Armen hilft, dem helfen die Armen, indem durch sie Erlösung möglich wird. Diese Message darf jedoch nicht kontextlos betrachtet werden. Sowohl der Blick auf die ökonomische und soziale Welt, in der der Text entstanden ist, als auch auf die, in der wir heute leben, muss in die Auswertung des Textes einfließen. Zudem darf man nicht vergessen, sich vor Augen zu führen, dass der Text eventuell Aspekte enthält, die „damals“ kaum eine Rolle gespielt haben, heute jedoch von großer Bedeutung sind; beispielsweise die deutlich veränderte Vorstellung von Geld. Während Geld in der Antike noch sehr konkret war, ist es heute zu einem großen Teil nur noch virtuell vorhanden. Doch trotz dieser veränderten Vorstellung von Geld und des damit zusammenhängenden veränderten Umgangs mit selbigem ist die Botschaft des Textes nach wie vor aktuell und kann als Handlungsantrieb dienen.

„Diese Wirtschaft tötet! – Papst Franziskus und das Evangelium von der Befreiung der Armen“

 

Eine ganz andere Auseinandersetzung mit dem Thema des Studientages bot der Kurzvortrag von Prof. Dr. Jürgen Bründl. Er eröffnete diesen mit der taz-Titelseite vom 16. April 2015, die durch ihr todesanzeigeähnliches Aussehen die menschenunwürdige Situation der Flüchtlinge anprangert: „Plötzlich und leider nur zu erwartbar ist vor der Küste Libyens erneut ein Flüchtlingsschiff untergegangen. Weniger als 150 der circa 550 Insassen wurden gerettet.“ Mithilfe eines Bibelzitats zeigt die Titelseite zugleich an, dass man Gott nur bei den Armen finde und dass man eben diesen helfen müsse, um Erlösung und Gemeinschaft mit Gott zu erlangen: „Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan. (Mt 25,40)“ Derselben Meinung, so Prof. Bründl, sei auch Papst Franziskus. Sein Text „Evangelii gaudium“ verdeutlicht, dass für Christen die Flüchtlingsfragen nicht beliebig sein dürfen, denn die Reichen schulden den Armen nichts weniger als ihre eigene Erlösung.

Seminarphase und Podiumsdiskussion

 

Nach den beiden Kurzvorträgen hatten die Schülerinnen und Schüler in der Seminarphase die Gelegenheit, das Gehörte im Austausch zu vertiefen. Dabei entwickelte jede Seminargruppe, die jeweils von einer bzw. einem Studierenden oder Dozierenden geleitet wurde, ihre ganz eigenen inhaltlichen Schwerpunkte. Diese bildeten die Grundlage für die anschließende Podiumsdiskussion. An dieser nahmen – nachdem sich alle Anwesenden mit einer von der Hauptabteilung Schule und Religionsunterricht des Erzbistums Bamberg gesponserten Brezel gestärkt hatten – nicht nur die Professoren Joachim Kügler und Jürgen Bründl, sondern auch drei aus allen Seminargruppen gewählte Schülervertreter/innen teil. Kontrovers und abwechslungsreich wurde die Diskussion auch dadurch, dass sich Schülerinnen und Schüler aus dem Publikum mit Fragen und Statements einschalteten.

Den erfolgreichen Sudientag 2016 schloss Prof. Lindner mit Worten des Dankes. Zum einen richtete er sie an die Schülerinnen und Schüler für ihre Aufmerksamkeit und ihr Interesse und zum anderen bedankte er sich bei den mitwirkenden Studierenden, Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen, Professoren und insbesondere bei seinem Lehrstuhlteam, ohne das ein solcher Studientag nicht durchführbar wäre.

Diesen Text verfasste Pia Zimmermann. Er steht Journalistinnen und Journalisten zur freien Verfügung.