Studientag 2008: „Zwischen Lotussitz und Choral“
Studientag der Katholischen Theologie zur Pluralität der Religionen
Von Stefan Zinsmeister
Mein Gott – dein Gott, unser Gott – euer Gott; Religiöses Patchwork oder Identität durch Unterschiedlichkeit? Die Fakultät Katholische Theologie nahm Schülerinnen und Schüler mit auf eine Reise durch die Welt religiöser Pluralität.
„Die Theologie ist politisch, wäre sie das nicht, hätte sie der Gesellschaft kaum etwas zu sagen.“ So begrüßte Prof. Dr. Mirjam Schambeck vom Lehrstuhl für Religionspädagogik und Didaktik des Religionsunterrichts am 27. November alle Neugierigen und fügte hinzu: „Auch die Theologie muss zu einem postulierten Kampf der Kulturen Stellung beziehen“. Beim „Uni-Tag auf Probe“, dem Studientag der Katholischen Theologie, konnten Kollegiatinnen und Kollegiaten aus dem mittel- und oberfränkischen Raum Vorlesungen hören, Professorinnen und Professoren mit Fragen löchern und mit ihnen in Diskussion treten. In einer AULA voller interessierter Schüler wurden vielfältige Einblicke in die Fächer der Theologie geboten. Dabei erlebten diese die Theologie als ein polyphones Konzert über ein Thema: die Pluralität der Religionen.
Differenz, Abgrenzung, Identität
Mit Prof. Dr. Joachim Kügler, Inhaber des Lehrstuhls für Neutestamentliche Wissenschaften, kam als erste Stimme das Neue Testament zu Wort. Er erörterte mit biblischen und außerbiblischen Texten verschiedene Identitätsdiskurse. Anhand des frühjüdischen Aristeasbriefes konnte er den Schülern darlegen, dass Speiseregeln als „identity-marker“ benutzt wurden, um sich von anderen religiösen Gruppierungen abzugrenzen. Ebenso benutzt Paulus im 1. Korintherbrief das Mahl als „identity-marker“ und wertet andere Götter durch das Verbot des Essens von Götzenopferfleisch ab. Und im Johannesevangelium wird Jesus von der Gemeinde als alleiniger und einziger Heilsweg propagiert. Mit kritischen Fragen animierte Kügler die Schüler zu einer Diskussion: Taugt eine heidenfeindliche Haltung der neutestamentlichen Texte als Modell für den interreligiösen Dialog heute? Dient das Abgrenzungsbedürfnis einer sektenartigen religiösen Minderheit als Modell für die heutige Kirche?
Mittendrin statt nur dabei
Dass das Zeitalter einer monoreligiösen Ausrichtung vorbei ist, zeigte auch die Kurzvorlesung von Prof. Dr. Johanna Rahner. Mit ihr, als Inhaberin des Lehrstuhls für Fundamentaltheologie und Dogmatik, brachte sich ein weiterer Bereich der Theologie ein. Rahner gab den Schülerinnen und Schülern eine Einführung in die spannungsreiche Diskussion um das Verhältnis von Christentum und Islam. Ausgehend von der brisanten Regensburger Rede Papst Benedikts XVI. lud sie die junge Zuhörerschaft zur Teilnahme am Ringen um ein Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlichen kulturellen wie religiösen Hintergründen ein. Die Bamberger Dogmatikerin sensibilisierte sie für das erneuerte Verständnis der katholischen Kirche in Beziehung zum Islam seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil. In einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Anfang November 2008 stattgefundenen Treffen von Christen und Muslimen im Vatikan konnte sie die Aktualität und Bedeutung des christlich-muslimischen Dialogs darlegen. Dabei verdeutlichte sie, dass die katholische Kirche als Akteur längst mittendrin in der pluralen Welt der Religionen ist.
Zusammen oder nebeneinander feiern
Doch können die Menschen mit unterschiedlicher Religionszugehörigkeit auch gemeinsam beten? Welche Kriterien stellt die katholische Kirche für interreligiöse Feiern auf? Und sollen die „verschiedenartig“ Glaubenden nebeneinander, voreinander oder gar miteinander beten? „Bamberg bleibt bunt!“ Der Bamberger Professor für Liturgiewissenschaft Dr. Peter Wünsche nahm diesen Slogan einer Veranstaltung gegen Rechtsradikalismus vom Mai 2008 zum Anlass, um über das interreligiöse Gebet zu reflektieren. „Bamberg bleibt bunt!“ hatte gezeigt, dass auch in Bamberg die Religionen zusammenrücken und die Menschen das Bedürfnis haben gemeinsam zu Gott zu beten. Wünsche verdeutlichte den Schülern ausgehend vom Konzilsdokument Lumen Gentium, dass auch Menschen anderer Religionen zum Christentum auf verschiedene Weise in Beziehung stehen. Er verwies auf das paradigmatische erste interreligiöse Gebetstreffen in Assisi 1986, erläuterte die heutige Rechtslage von multireligiösen Feiern und dachte daraufhin Möglichkeiten der Praxis an.
Am Ende dieses Einblicks in das polyphone Arbeiten der Theologie bekamen die Schülerinnen und Schüler das Wort. In Diskussionen hinterfragten sie die Thesen der Lehrenden und brachten zum Ausdruck, wie sie selbst vom „Religionsdschungel“ und religiösem Patchwork betroffen sind.
Mit freundlicher Genehmigung konnte dieser Bericht übernommen werden von Uni-Bamberg News vom 02.12.08