Prof. Dr. Andreas Lob-Hüdepohl: Selbstbestimmung bis zuletzt? Sterben als "Gestaltsal" des Lebens
Theologisches Forum am 21.11.2024
Die zweite Vorlesung in der Reihe „Endlich leben! Im Angesicht des Todes Leben gestalten“ übernahm Prof. Dr. Andreas Lob-Hüdepohl, der an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin sowie als Geschäftsführer des Berliner Instituts für christliche Ethik und Politik tätig ist. Der Professor für Theologische Ethik referierte über die Relevanz von Selbstbestimmung in der Gesellschaft, die unterschiedlichen Sichtweisen auf Tod und Sterben sowie über Sterbehilfe.
Einleitend ging Andreas Lob-Hüdepohl darauf ein, dass Selbstbestimmung für den modernen, nach Autonomie strebenden Menschen zunehmend von Bedeutung ist. Es zeige sich also das Bedürfnis nach letztlicher Entscheidungsvollmacht bei Fragen, die das eigene Leben betreffen.
Im Anschluss veranschaulichte er die unterschiedlichen Deutungen des Todes. Diese haben sich aufgrund des Wandels von soziokulturellen Deutungen von einer Wahrnehmung als Schicksal (vormoderne Zeit) über das Verständnis von Tod als Ohnmachtserfahrung (moderne Zeit) bis hin zur Konzentration auf den Erhalt möglichst hoher Lebensqualität im letzten Lebensabschnitt (aufgeklärte Moderne) immer wieder verändert.
Zuletzt widmete Lob-Hüdepohl sich den verschiedenen Ausprägungen der Sterbehilfe, wie beispielsweise den Abbruch von medizinischen Maßnahmen, die lebensverlängernd /-erhaltend wirken, bis hin zum Töten auf Verlangen, welches in Deutschland strafrechtlich verfolgt wird.
Der Theologe erwähnte das hohe Maß an Selbstbestimmung bei Fragen der Sterbehilfe in Deutschland und benannte hierbei ein aktuelles Beispiel: Das Bundesverfassungsgericht hat am 26.02.2020 den §217 StGB (Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung) für nichtig erklärt und sich dabei auf das Recht auf Selbsttötung bezogen, das unter der Bedingung der Freiverantwortlichkeit sowie Ernsthaftigkeit möglich sein müsse. Lob-Hüdepohl erläuterte, dass diese Voraussetzungen im Einzelfall unter Berücksichtigung wichtiger Aspekte, wie z. B. der Dynamik von Selbstmordgedanken, überprüft werden muss.
Viel wichtiger, so Lob-Hüdepohl, sei jedoch die hohe Relevanz der Suizidprävention, damit Menschen erst gar nicht in eine Situation kämen, in der sie Suizidgedanken entwickeln.
Hinweis: „Wenn Sie selbst depressiv sind, wenn Sie Suizid-Gedanken haben, dann kontaktieren Sie bitte die Telefonseelsorge im Internet oder über die kostenlosen Hotlines 0800/111 0 111 oder 0800/111 0 222 oder 116 123
Den Text verfasste Emilio Oppel. Er steht Journalist:innen zur freien Verfügung.