Dion Forster: Reveciting an »Olive Agenda«
Nachhaltigkeit, Religion und Politik – eine südafrikanische Perspektive
Am 3. November 2022 begann das Theologische Forum 2022/23 mit einem Vortrag von Prof. Dr. Dr. Dion Forster von der Stellenbosch University (Südafrika). Die Ringvorlesung steht unter dem Titel »Theology for Future. Nachhaltigkeit und christlicher Glaube« und setzt sich aus theologischer Perspektive mit den 17 Nachhaltigkeitszielen (SDGs) der UN auseinander.
Prof. Forster stellte seinen Vortrag unter den Titel »Revisiting an ‘Olive Agenda’? How the interaction of sustainability and diversity issues is being misused in populist discourses in South Africa«. Er ging in seinem Vortrag zunächst darauf ein, wie Identitätspolitik und die gleichberechtigte Anerkennung verschiedener Interessensgruppen immer wieder von Faktoren sozialer Ungerechtigkeit wie Einkommen, Ethnie und Geschlecht herausgefordert wird. Angesichts dieser Gemengelage genießt seiner Diagnose zufolge die Religion einen hohen Stellenwert und entsprechenden Einfluss. Er beleuchtete hier die Diskrepanz, dass sie sich zwar programmatisch dem Umweltschutz verschreibe, allerdings hier keine initiative Rolle einnehme.
Kirchliches Handeln konzentriert sich vor allem auf soziale Probleme wie Hunger und Krankheiten, auch »brown issues« genannt. In einer Gesellschaft, wie die südafrikanische strukturiert ist, kann es in diesen Bereichen fassbare Ergebnisse erzielen. Dabei werden jedoch oftmals die Umweltprobleme, – »green issues« außer Acht gelassen. Forster schlug hier die Fokussierung auf eine »Olive Agenda« vor, also eine Verbindung von »brown issues« und »green issues«. Hier würden soziale und umweltliche Probleme zusammengedacht und gleichermaßen angegangen; dem Umstand ihres inhärenten Zusammenhangs wäre Rechnung getragen.
Mit Blick auf Religion verweist er auf eine oikotheology, die sich vom griechischen oikos (= Haus, Haushalt) her versteht. Das leitende Prinzip dieser Theologie ist es, basierend auf dem Schöpfungs- und Weltverständnis von Ps 24,1 zu einer ganzheitlichen Perspektive zu gelangen. Dazu müssen, so Forster, anthropozentrischen Vorstellungen überwunden, Problemzusammenhänge diachron gedacht und gefestige Strukturen hinterfragt werden. In diesem Sinne wird das 16. Ziel der UN für nachhaltige Entwicklung, »Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen« als theologische Herausforderung und als Anliegen kirchlichen Handelns verstehbar.
Der nächste Vortrag wird am 16. November 2022 zum Thema Das »gute Leben«. Ein Beitrag aus der Praxis der Familienberatung stattfinden. Referent ist Dr. Christoph Hutter (Bistum Osnabrück). Alle Interessierten sind zur Teilnahme (in Präsenz oder Live-Stream) herzlich eingeladen.
Den Text verfasste Judith Albert. Er steht Journalist:innen zur freien Verfügung.