Antisemitismus und Islamfeindlichkeit: Was kann interreligiöser Dialog leisten?
Es ist eine ernüchternde Feststellung, dass die öffentliche Debatte um den Antisemitismus in Deutschland immer noch und immer wieder geführt werden muss. Ereignisse wie der Terroranschlag in Halle und die alltäglichen Erlebnisse von Betroffenen antisemitischer Übergriffe, wie sie etwa durch die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) dokumentiert werden, machen dies deutlich.
Spätestens seitdem die Migrationsentwicklung ab dem Jahr 2015 in der Öffentlichkeit als „Krise“ wahrgenommen wird und in diesem Zug wachsende Angst vor dem Islam sowie eine ablehnende Haltung und Ressentiments gegenüber Muslimen beobachtet werden können, rückt auch die Frage nach stereotypen islamfeindlichen Tendenzen innerhalb der Gesellschaft wieder stärker in den Vordergrund.
Die Lage verschärft sich weiter dadurch, dass eine Zunahme von antijüdischen Aggressionen verzeichnet wird, die von Muslimen ausgehen. In dieser Situation erscheint es allerdings nicht als hilfreich, wenn einerseits die Frage nach der Bedrohungslage jüdischen Lebens durch muslimische Gruppen pauschal abgewiegelt wird oder wenn andererseits eine vorgebliche Besinnung auf die geteilte jüdisch-christliche Traditionen dafür funktionalisiert wird, einer ablehnenden Haltung gegenüber allen Muslimen Vorschub zu leisten.
Wenn in einem – zufolge verbreiteter Vorstellungen – christlich-abendländisch geprägten Land wie Deutschland Anhänger sowohl jüdischer als auch islamischer Glaubensgemeinschaften Opfer von Ausgrenzung, Hass und Angriffen werden, wenn das politische Klima rau und die Sprache roh werden, dann stellt sich die Frage wie eine Gesellschaft, die sich mit Wertvorstellungen brüstet, die durch Antisemitismus und Islamfeindlichkeit unmittelbar bedroht werden, diesen Problemen begegnen möchte.
Prof. Dr. Dr. h.c. Heiner Bielefeldt erörtert in seinem Vortrag „Interreligiöser Dialog im säkularen Rechtsstaat – Missverständnisse, Chancen, Aufgaben“ die Rahmenbedingung und die Leistungsfähigkeit des interreligiösen Dialogs. Eine besondere Rolle spielt dabei die Rückbindung des Dialogs an das Menschenrecht der Religionsfreiheit sowie die kritische Prüfung verschiedener Dialogformate. Heiner Bielefeldt wird dabei auf seine Erfahrungen als Sonderberichterstatter für Religions- und Weltanschauungsfreiheit des UN-Menschenrechtsrats zurückgreifen.
Dr. Robert Sigel analysiert „Varianten des Antisemitismus und Verbindungslinien zu anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit im Kontext der Bildungsarbeit“. Der Vortrag will die wesentlichen Inhalte antisemitischer Einstellungen und Wahrnehmungen thematisieren und dabei auf Unterschiede und Übereinstimmungen von Antisemitismus, Rassismus und weiteren Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit eingehen. Ausgehend davon wird erörtert, was eine Bildungsarbeit hierzu beachten und beinhalten muss.
Dr. Doron Rabinovici und Prof. Dr. Patrick Franke gehen in einem Podiumsgespräch mit dem Titel „Antisemitismus und Islamfeindlichkeit: Zwei Seiten derselben Medaille?“ (Moderation: Prof. Dr. Iris Hermann) der Frage nach, ob Antisemitismus und Islamfeindlichkeit Ausdrucksformen ein und derselben pauschalisierenden Menschenfeindlichkeit sind, oder ob sie jeweils besondere Formen der Diskriminierung von Minderheiten darstellen und welche Konsequenzen diese differenzierte Sichtweise für den praktischen Umgang mit ihnen nach sich zieht.
Wir laden Sie herzlich zu der Veranstaltung „Antisemitismus und Islamfeindlichkeit: Was kann interreligiöser Dialog leisten?“ anlässlich des fünfzehnjährigen Bestehens des Zentrums für Interreligiöse Studien ein.
Programmübersicht:
24. November 2019, 18:15 Uhr, An der Universität 2, Hörsaal U2/00.25:
Begrüßung mit Präsident Prof. Dr. theol. Dr. phil. habil. Godehard Ruppert und Prof. Dr. Susanne Talabardon (Geschäftsführende Direktorin)
24. November 2019, 18:30 Uhr, An der Universität 2, Hörsaal U2/00.25:
"Interreligiöser Dialog im säkularen Rechtsstaat – Missverständnisse, Chancen, Aufgaben"
Prof. Dr. Dr. h.c. Heiner Bielefeldt, Friedrich-Alexander Universität Erlangen
25. November 2019, 14:15 Uhr, An der Universität 2, Hörsaal U2/00.25:
„Varianten des Antisemitismus und Verbindungslinien zu anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit im Kontext der Bildungsarbeit“
Dr. Robert Sigel, Geschäftsstelle des Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus
25. November 2019, 16:15 Uhr, An der Universität 2, Hörsaal U2/00.25:
„Antisemitismus und Islamfeindlichkeit: Zwei Seiten derselben Medaille?“
Prof. Dr. Patrick Franke, Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Dr. Doron Rabinovici, Wien
Moderation: Prof. Dr. Iris Hermann, Otto-Friedrich-Universität Bamberg
25. November 2019, 18:00 Uhr, An der Universität 2, Hörsaal U2/00.25:
Umtrunk und Buffet
25. November 2019, 19:00 Uhr, An der Universität 2, Hörsaal U2/00.25:
Lesungaus Werken von Doron Rabinovici
Dr. Doron Rabinovici, Wien