Schmähschriftenrituale in Rom um 1500

Bamberg, 9. Januar 2015

Organisation: Dr. Christian Kuhn/Konstantin Klein M.A.


An unserem Studientag sollen Übersetzungen der frühesten Beispiele einer um 1500
neu entstandenen Gattung von Schmähschriften besprochen werden. Zuerst 1501 erwähnt,
waren die Schmähschriften während eines Fests an einer „Pasquino“ genannten
Statue in Rom (heute an der Piazza di Pasquino, nahe der Piazza Navona) befestigt
worden. Die Schmähschriften griffen Politiker und Kurenkardinäle an und wurden
als öffentliche Meinung rezipiert. Ihre Autoren wetteiferten dabei, die treffendste Polemik
zu verfassen. Die ‚Pasquille‘ orientierten sich dabei an aus der Antike überlieferten
Inschriften, wie zeitgenössische Kupferstiche zeigen. Der Pasquino besaß einen
besonderen symbolischen Status, den der Kunstwissenschaftler Bredekamp mit der
„steinernen Unantastbarkeit“ antiker Statuen gekennzeichnet hat. Auf diese Weise
konnte dort angebrachte Anklagen einen größeren Bewertungs- und Handlungsspielraum
erreichen als Äußerungen in jedem anderen damals verfügbaren Medium.

Das Ritual der auf diese Weise ‚sprechenden‘ Statuen Roms setzte sich in den folgenden
Jahrhunderten auch literarisch fort. In ganz Europa entstanden Dialoge dieser
Statuen miteinander, Beispiele aus dieser besonders in der Reformationszeit gepflegten
Tradition werden ebenfalls besprochen.

Das Seminar bietet den TeilnehmerInnen die Gelegenheit, Bild- und Textquellen in
Dialog zu setzen, die Rezeption antiker Quellen in der Neuzeit zu beobachten und
Einblick in die Ritualwelt der frühneuzeitlichen Stadt zu gewinnen. Bei einer Vorbesprechung
werden Aufsätze für Kurzreferate erteilt, die Ausarbeitung richtet sich nach
der von Ihnen benötigten Leistung.