Elementarinformatik in der Martinschule
Anfang März 2023 führte die Forschungsgruppe Elementarinformatik (kurz FELI) der Otto-Friedrich-Universität Bamberg an der Martinschule eine Projektwoche mit zwei vierten Klassen durch. Über vier Tage wurden die Kinder an das Thema „Algorithmus und Programmieren“ herangeführt – mit und ohne Computer. Damit starteten nach einer langen Corona-Pause auch die Uni-Aktionen im FELI-Lab wieder.
Seit Januar 2020 ist an der Martinschule das FELI-Lab verortet, das als „Lernlabor Digital“ einerseits Vorschulgruppen und Schulklassen, andererseits (angehenden) Lehrkräften, Erziehenden und anderen Multiplikatoren zur Verfügung steht. FELI bietet hier Workshops zur produktiven Nutzung digitaler Medien und zur Förderung grundlegender informatischer Kompetenzen an. Ermöglicht wird dies durch die Unterstützung u.a. von TAO (TechnologieAllianzOberfranken), der Oberfrankenstiftung, der Hermann Gutmann Stiftung und der Rainer Markgraf Stiftung. Kinder wie Erwachsene werden angeregt, „Wie funktioniert das“-Fragen zu stellen.
Die Forschungsgruppe besteht seit 2015 und ist ein interdisziplinärer Zusammenschluss von Forschenden aus den Informatik, Elementarpädagogik, Grundschuldidaktik, Psychologie, Medienpädagogik und empirischer Bildungsforschung. Prof. Dr. Ute Schmid, die die Forschungsgruppe leitet: „Unsere Forschungsgruppe für Elementarinformatik entwickelt seit mehr als 10 Jahren Konzepte und Materialien zur kindgerechten Vermittlung von Informatik. Grundlegende Informatikkompetenzen sind eine Voraussetzung, damit unsere Kinder digitale Medien begreifen und kreativ und souverän nutzen.“ Elementarer Bestandteil der FELI-Aktivitäten ist deren empirische Begleitung und Evaluierung.
So wurde in der Projektwoche untersucht, welchen Einfluss die analoge Heranführung ohne Computer auf das konzeptionelle Verstehen der Kinder beim Programmieren hat. Für die Schüler und Schülerinnen war das natürlich egal, sie begrüßten die Abwechslung vom normalen Schulalltag, die ihnen die aus einem jeweils zweitägigen analogen und einem digitalen Block bestehende Projektwoche bescherte. Die eine Klasse arbeitete erst zwei Tage analog, dann digital, die andere Klasse umgekehrt. Die Projektwoche wurde von Diplom Kulturpädagogin und Medienpädagogin Sanne Grabisch, welche auch Ansprechpartnerin für die Aktivitäten im FELI-Lab ist, mit dreiköpfigen Team umgesetzt.
Was sind Pixel? Wie werden Daten verarbeitet? Was bedeutet Algorithmus? Was passiert in einem Computer, wenn er ein Programm ausführt? Um diese Fragen drehte sich der analoge Teil, in dem die Kinder Grundkonzepte von Algorithmen und Programmierung ganz ohne Computer-Nutzung spielerisch kennenlernten.
Viel Spaß machte die Erstellung des „Iss-eine-Banane-Algorithmus“, bei dem die Kinder eine Abfolge von Handlungsanweisungen wie „beiße ab“, „schäle die Banane“ festlegten.
Bei der praktischen Anwendung des Algorithmus wurde schnell klar: Mit nur einmal Abbeißen ist es nicht getan, wir brauchen eine „Wiederhole-solange-bis-“Schleife. Denn während ein Mensch von alleine weiß, wann er mit dem Essen aufhören kann, braucht ein Computer-Algorithmus eine Abbruchbedingung (z.B. „bis die Banane weg ist“)
Diese informatische Konzepte wie Schleifen und bedingte Anweisungen („wenn …, dann …, sonst…“) wurden am zweiten Tag des analogen Workshops vertieft: Die Klasse gab einem „Roboter“-Kind Anweisungen, wie es sich auf einem auf den Boden geklebten Raster bewegen sollte, um ein Ziel zu erreichen – zum Beispiel „gehe das größte Quadrat“. Dabei mussten die Kiner tatsächlich „wie ein Computer denken“. In Kleingruppen wurde dieses Prinzip dann mit kleinen Figuren als Robotern auf Papier ausprobiert und die Überprüfung, ob dar Algorithmus wirklich das tut, was die Kinder dachten, das er tun würde, führte zu sowohl zu „Häh?“s wie „Aha!“s.
Im anderen Teil der Projektwoche programmierten die Kinder mittels blockbasierter Programmiersprache den Einplatinencomputer Calliope, welcher Schülerinnen und Schülern ab der dritten Klasse einen spielerischen Einstieg in das Programmieren und algorithmische Denken ermöglicht.
Die Kinder wurden dabei Schritt für Schritt an die Funktionsweise herangeführt, angefangen bei der selbst programmierten Anzeige des eigenen Namen im LED-Display über eine „Ampel“, die je nach Programmierung auf Knopfberührung oder automatisch die Farbe wechselt, bis hin zur Lichtensor-Programmierung, um das Umgebungslicht zu messen und eine Lampe einzuschalten, wenn es zu dunkel ist. Was „zu dunkel“ genau bedeutet, wurde von den Kindern untersucht und festgelegt, indem sie die dunkelsten Stellen des Raums untersuchten.
Am zweiten Tag nutzten die Kinder die erlangten Programmierfähigkeiten für einen Bodenfeuchtigkeitsmesser: Wie feucht die Erde im Pappbecher ist, wurde mittels Calliope und Krokodilsklemmen analysiert. Die Kinder programmierten eine Anzeige, die bei trockener Erde rot, bei zu nasser Erde gelb und bei feuchter Erde grün leuchtete. Im Alltag lässt sich das zum Beispiel für den Giesplan der Zimmerpflanzen nutzen.
Am Ende der Woche war das Fazit auf allen Seiten „Es hat viel Spaß gemacht!“ und sowohl die Kinder als auch die Forschenden von FELI haben viel gelernt. „Die Arbeit am digitalen Gerät ist für die Kinder das Motivierendste überhaupt“, sagt Klassenlehrer Lukas Gosoge – ganz egal, was damit gemacht wird, und ob das digitale Medium für eine konkrete Aufgabe besser geeignet ist. Dabei waren sich Lehrkräfte wie Workshop-Leitung einig, dass den Kinder nach der analogen Auseinandersetzung mit den Programmierkonzepten die Arbeit am Computer viel leichter fiel. Alle freuen sich auf die Fortsetzung der Arbeit.