Johann Baptist von Spix
Ein Bamberger Alumnus, der Internationalität lebte
„Seine Kräfte und sein ganzes Leben hat er für die Erforschung der Formen und der Gesetze der Natur hingegeben, wie keiner hat er die Zonen der neuen Welt erforscht und die wunderbaren Gebilde des heißen Himmelsstrichs gesammelt, geordnet und beschrieben ...“. Die Grabinschrift von Johann Baptist Ritter von Spix bringt seinen Lebensinhalt auf den Punkt. Seit 2015 ist der fränkische Humboldt, wie der Bamberger Alumnus auch genannt wird, Namensgeber einer neu eingerichteten Professur für internationale Gastwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler. Ein Blick in seinen Lebenslauf zeigt, warum ihm diese Ehre zuteil wurde.
Geboren wurde der erste Zoologe, der im Amazonasgebiet gearbeitet und einen wesentlichen Teil des heutigen Wissens über die Tierwelt erarbeitet hat, am 9. Februar 1781 in Höchstadt a. d. Aisch als siebtes von elf Kindern. Nachdem er die Domschule in Bamberg besucht hatte, begann er ein Philosophiestudium an der Universitas Ottoniano-Fridericiana, einer Vorläuferinstitution der heutigen Universität Bamberg. Im Jahr 1800 schloss er dieses als einer der zehn besten seines Jahrgangs ab und erwarb dort anschließend einen Doktortitel in Philosophie.
In Würzburg fuhr er mit einem Theologiestudium fort, das er allerdings abbrach, um sich der Medizin und Naturgeschichte zu widmen. 1806 promovierte er zum Doktor der Medizin, woraufhin er kurze Zeit in Bamberg bei Adalbert Friedrich Marcus als Arzt praktizierte.
Im Jahre 1811 wurde Spix zum Konservator einer eigenständigen zoologisch-zootomischen Sammlung der Königlich-Bayerischen Akademie der Wissenschaft berufen. Zootomie war damals ein gebräuchlicher Ausdruck für die Wissenschaft der Anatomie der (Wirbel-)Tiere. Johann von Spix hatte die Aufgabe, die Bestände der Akademie zu ergänzen und wissenschaftlich zu bearbeiten. Auf diese Sammlung geht die heutige Zoologische Staatssammlung München (ZSM) zurück, die das älteste deutsche zoologische Museum ist. Die ZSM beherbergt unter anderem ca. 25 Millionen Präparate aus allen Kontinenten und Meeren der Welt.
Als bereits renommierter Zoologe brach der Bamberger Alumnus 1817 zusammen mit dem Botaniker Carl Friedrich Philipp Martius zu einer fast vierjährigen Brasilienreise auf, die ihnen viel Anerkennung verschaffte. Von dieser Expedition brachten die beiden Wissenschaftler Material mit, das zum Teil heute noch in den Staatlichen Bayerischen Sammlungen aufbewahrt wird. Laut Martius zählten dazu 86 Säuger, 350 Vögel, 130 Amphibien und Reptilien, 116 Fische sowie viele Insekten – wobei mehr als 60 Tiere lebend in Deutschland ankamen. Des Weiteren gehörten zu ihren Expeditionsfunden Pflanzenarten, Mineralien sowie viele völkerkundliche Gegenstände und wissenschaftliche Aufzeichnungen aller Art. Als „völkerkundliches Lebendgut“ nahmen die Forscher zudem zwei indianische Kinder mit auf die Heimreise nach München.
Nach ihrer Rückkehr wurden die Forscher von dem bayerischen König Max I. Joseph geadelt und in eine Reihe wissenschaftlicher Akademien aufgenommen. Spix wurde zudem zum Hofrat ernannt. Der Reisebericht mit 1388 Seiten ist auch heute noch eine der wichtigsten Informationsquellen über Brasilien in der damaligen Zeit. Er enthält neben der Beschreibung der Reise und naturkundlichen Beobachtungen auch viele Informationen über die Lebensweise und Sitten der brasilianischen Bevölkerung sowie über die Wirtschaft, Landwirtschaft und Bodenschätze vor Ort. Parallel entstanden in weiteren Publikationen ausführliche Beschreibungen der brasilianischen Tier- und Pflanzenwelt.
Allerdings konnte Johann von Spix nur den ersten von drei Bänden des reiseberichts erarbeiten. Die anderen Teile gab Martius nach dessen Tod heraus. Johann Baptist Ritter von Spix starb am 13. Mai 1826 an einer Tropenkrankheit, an der er seit der Brasilienreise litt. Doch die Bedeutung dieser Expedition und der Wert der dadurch entstandenen Dokumentationen, Publikationen und Sammlungen sind bis heute in Fachkreisen unumstritten. Insbesondere mit der Beschreibung und Darstellung der indigenen Bevölkerung Brasiliens, ihrer Kultur und Geschichte, haben sich die beiden Wissenschaftler bis heute einen Namen gemacht.
Eine große Errungenschaft der Expedition waren die Affenfelle, die Spix und Martius von ihrer Brasilienreise mitbrachten. Nach heutigen Standards mehr oder weniger gut präpariert, nahmen die etwa 50 Exemplare duzende Regale der Zoologischen Staatssammlung München in Anspruch. Die Felle gelten als Typusexemplare, anhand derer die ersten Beschreibungen der jeweiligen Affenart vorgenommen wurden. Heute schreibt man Spix zu, insgesamt 16 Affenarten neu entdeckt zu haben.
Der durch Forschungen in fernen und über ferne Länder geprägte Lebenslauf des Bamberger Alumnus verkörperte bereits vor 200 Jahren auf ungewöhnliche Weise Internationalität. Grund genug für die Universitätsleitung, eine 2015 neu eingerichtete Professur für internationale Gastwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler nach ihm zu benennen. Die Johann-von-Spix-Professur wird semesterweise von der Universität Bamberg vergeben und aus Sondermitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst finanziert.
Text: Verena Sinn/Dezernat Kommunikation & Alumni
Quellen:
Klaus Guth: Mit den Augen des Fremden. Die Erforschung der indigenen Bevölkerung Brasiliens durch Johann Baptist von Spix (1781-1826) und Carl Philipp Friedrich von Martius (1794-1868) – Voraussetzungen, Arbeitsweisen, Einstellungen. In: Zentralinstitut für Regionenforschung an der Universität Erlangen-Nürnberg – Sektion Franken. (Hrsg.): Jahrbuch für Fränkische Landesforschung 96, Stegaurach, 2009/2010, S. 213-228.
Klaus Guth: Reise in Brasilien (1817-1820) der Naturforscher Spix und Martius. Europäische Ethnologie zwischen Natur- und Kulturwissenschaften. Hrsg. von Heidrun Alzheimer u. a. (Hrsg.). Würzburg: Lehrstuhl für Europ. Ethnologie 2012, S. 134-153.
Brigitte Hoppe: Spix, Johann Baptist Ritter von. In: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 727-729. Online verfügbar unter: http://www.deutsche-biographie.de/pnd118752146.html.
Klaus Schönitzer: Ein Leben für die Zoologie. Die Reisen und Forschungen des Johann Baptist Ritter von Spix. München: Allitera Verlag 2011.
Markus Wesche: Spix`Affensammlung. Eine Ausstellung in der zoologischen Staatssammlung München erinnert an die Brasilienexpedition zweier bayerischer Gelehrter. In: aviso. Bayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (Hrsg.). München. 4/2017, S. 36-41.