Siegfried Oppolzer
Denker und Lenker des Umbruchs
Als langjähriger Rektor und Präsident bestimmt Siegfried Oppolzer die Entwicklung von der Gesamthochschule Bamberg zur heutigen Otto-Friedrich-Universität entscheidend mit. Vom Fächerangebot bis hin zur Namensgebung – ihre heutige Struktur und Stellung als etablierte Lehr- und Forschungseinrichtung sind eng mit seinem Namen verknüpft.
Geboren am 5. Februar 1929 am Niederrhein, studiert der junge Oppolzer nach dem Abitur in Dortmund zunächst Lehramt, später schreibt er sich für die Fächer Pädagogik, Philosophie und Kunstgeschichte an der Universität in Münster ein. 1959 promoviert der Pädagoge in Osnabrück, nur drei Jahre später wird er Professor.
Weitere Etappen in seiner akademischen Karriere führen ihn nach Bielefeld und später auch in die fränkische Domstadt: Dort beruft ihn die damalige Gesamthochschule Bamberg 1973 auf den Lehrstuhl für Schulpädagogik – ein Fach, das damals inhaltlich sehr breit aufgestellt ist und sich selbst in erster Linie als „Allgemeine Didaktik“ versteht. Oppolzer schärft dessen Profil und spitzt es auf die wissenschaftliche Disziplin „Schulpädagogik“ zu.
Der Ruf nach Bamberg folgt in einer Umbruchphase. Erst kurz zuvor, im Jahr 1972, waren die Philosophisch-Theologische Hochschule und die Pädagogische Hochschule zur Gesamthochschule Bamberg zusammengefasst worden. Oppolzer begleitet diese entscheidenden ersten Jahre der Institution als Lenker und Denker: Zunächst engagiert er sich als Dekan des Fachbereichs Erziehungswissenschaften. Im Dezember 1976 übernimmt er dann das Rektorenamt von Prof. Dr. Elisabeth Roth.
Bereits ein Jahr danach gelingt ihm Richtungsweisendes: Durch seine Initiativen zur Änderung des Errichtungsgesetzes* kann der durch das Gesetz bisher beschränkte Fächerkanon erweitert werden. Ganz maßgeblich prägt Siegfried Oppolzer damit den Ausbau des Fächerangebots in Bamberg. So reagiert er auf die sinkenden Lehrerbedarfsprognosen und stärkt vor allem das geistes- und wirtschaftswissenschaftliche Profil der Universität. Er setzt sich für die Errichtung neuer Professuren ein – darunter die Professuren für Bauforschung und Baugeschichte, für Vor- und Frühgeschichte oder im Bereich der Germanistik für die Professuren mit den Schwerpunkten Journalistik und Literaturvermittlung. Auch für die Schaffung neuer Studiengänge spricht sich Oppolzer aus. Ganz bewusst engagiert er sich beispielsweise für berufsbezogene Ausbildungen mit Diplom-Abschlüssen, zum Beispiel in der Wirtschaftsinformatik oder der Volkswirtschaftslehre. Dank des von ihm verantworteten strategischen Ausbaus entwickelt sich die Gesamthochschule zu einer Bildungseinrichtung, die weit mehr bietet als Lehrer- und Priesterausbildungen. Als per Landtagsbeschluss 1979 aus der Gesamthochschule eine Universität wird, wird diese Struktur- und Profilerweiterung auch namentlich sichtbar.
„Von der Wiege an bis zur Volljährigkeit großgezogen“
Trotz oder gerade wegen dieser vielen Veränderungen setzt sich Oppolzer auch dafür ein, Vergangenes zu achten und zu bewahren. So leistet er einen Beitrag dazu, dass die Bamberger Hochschule nach ihren fürstbischöflichen Gründern beziehungsweise Förderern Melchior Otto Voit von Salzburg und Friedrich Karl von Schönborn benannt wird und sich ab dem 1. Oktober 1988 Otto-Friedrich-Universität nennt. Für ihn sei „das Selbstverständnis der Universität Bamberg [und] ihre Identität von dem geschichtlichen Faktum der 340-jährigen Kontinuität der Hochschullehre in der Stadt […] mitgeprägt“ erklärt Oppolzer dazu 1988 in einem Interview mit der Universitätszeitung „Dialog“. Mit dieser Idee greift er auf eine schon lange bestehende Tradition zurück: Bereits Fürstbischof Adam Friedrich Graf von Seinsheim hatte 1773 dieselben Namenspaten für die Vorläuferinstitution der heutigen Universität Bamberg, die Universitas Ottoniano Fridericiana, gewählt.
Oppolzer engagiert sich zudem für die Vernetzung der Universität, indem er Forschung und Lehre durch zahlreiche Kooperationsverträge mit Partneruniversitäten, auch auf internationaler Ebene, vorantreibt. Gleichzeitig setzt er auf eine enge Verbindung mit Stadt und Region. So führt er das Baukonzept „Universität in der Stadt“, das ursprünglich auf die Altrektoren Prof. Dr. Elisabeth Roth und Prof. Dr. Othmar Heggelbacher zurückgeht, fort. Das Konzept sieht vor, die Universität nicht auf einem Campus zu konzentrieren, sondern in die Bamberger Innenstadt zu integrieren. Eine bis heute sichtbare und stadtbildprägende Folge davon ist, dass die Universität viele historische Gebäude in der Bamberger Altstadt anmieten oder sogar kaufen und zu ihrer Nutzung sanieren kann. Damit leistet sie bis heute einen wichtigen Beitrag zum Denkmalschutz in Bamberg.
Aus gesundheitlichen Gründen bittet Oppolzer 1992 nach 16-jähriger Amtszeit um die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Bei der feierlichen Verabschiedung lobt der damalige bayerische Staatsminister Hans Zehetmair Oppolzers Engagement: „Sie haben die Universität Bamberg fast von der Wiege an bis zur Volljährigkeit großgezogen“. Am 26. November 2005 stirbt Siegfried Oppolzer. Bis heute gilt er als Architekt der jungen und doch traditionsbewussten Otto-Friedrich-Universität.
* Für die Universität Bamberg gab es damals ein eigenes Errichtungsgesetz, in dem die für die Gesamthochschule vorgesehenen Studiengänge enumerativ aufgezählt waren. Jede konzeptionelle Entwicklung hätte also einer langwierigen Gesetzesänderung bedurft. Alle anderen bayerischen Universitäten waren im Hochschulgesetz nur mit ihrem Namen aufgeführt, ohne dass etwas über ihre Fächer und Studiengänge gesagt wurde.
Text: Vera Katzenberger/Dezernat Kommunikation & Alumni
Quellen:
Universitätsarchiv Bamberg, VII 4.
Universitätsarchiv Bamberg, XII A 982.
Universitätsarchiv Bamberg, XII A 1053.
Universitätsarchiv Bamberg, XII A 1072.
Helmwart Hierdeis: Artikulation der Wirklichkeit. Festschrift für Siegfried Oppolzer zum 60. Geburtstag. Frankfurt am Main 1989.
Oliver Pfohlmann: Altrektor Oppolzer verstorben - Aufschwung der Hochschule unter seiner Ägide. 2005. Online verfügbar unter: www.uni-bamberg.de/news/artikel/altrektor.