Elisabeth Roth
Weltoffene Heimatliebhaberin
Zusammen mit Othmar Heggelbacher prägte die Volkskundlerin Elisabeth Roth als Ko-Rektorin nicht nur die Anfangsjahre der Gesamthochschule Bamberg, einer Vorläuferinstitution der heutigen Otto-Friedrich-Universität, sondern auch deren Entwicklung bis in die späten 1980er-Jahre. Noch heute wird der von ihr ins Leben gerufene Otto-Meyer-Preis, der nach ihrem Tode in Otto-Meyer- und-Elisabeth-Roth-Preis umbenannt wurde, unter anderem an Bamberger Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler vergeben.
Aber der Reihe nach: Am 30. November 1920 im unterfränkischen Hösbach in der Nähe von Aschaffenburg geboren, dissertiert Elisabeth Roth 1957 zum Thema Der volkreiche Kalvarienberg in Literatur und Bildkunst des Mittelalters und kommt 1970 nach Bamberg. An der Pädagogischen Hochschule nimmt die Volkskundlerin zunächst eine außerordentliche Professur für Heimat- und Volkskunde an. Ein Jahr später lehrt sie dort als ordentliche Professorin, 1972 wird sie Rektorin. Die Pädagogische Hochschule existiert zu diesem Zeitpunkt neben der Philosophisch-Theologischen-Hochschule in der Domstadt.
In ihrem ersten Amtsjahr fusionieren die beiden Institutionen zur Gesamthochschule Bamberg. Prof. Dr. Elisabeth Roth und der Rektor der ehemaligen Philosophisch-Theologischen Hochschule, Prof. Dr. Othmar Heggelbacher, führen die neue Bildungseinrichtung zunächst in einem Doppelrektorat. Das Ziel der ersten Jahre besteht darin, die neue Gesamthochschule, die auf 4000 Studierende ausgerichtet ist, in Bayern zu etablieren und ihren Aufbau voranzutreiben. In Abgrenzung zur Universität Bayreuth liegt ihr Schwerpunkt auf den geistes- und kulturwissenschaftlichen Fächern. Das Doppelrektorat legt mit der Dezentralisierung der Gesamthochschule gleichzeitig auch den Grundstein für das räumliche Konzept der heutigen Universität. So ist es auch Elisabeth Roth zu verdanken, dass die Hochschule nicht auf einem Campus vor der Stadt, sondern auf mehrere Gebäude verteilt in der Stadt existiert. Eine Idee, die bis heute verfolgt wird.
Nachdem Heggelbacher bereits 1973 aus dem Doppelrektorat ausscheidet, leitet Elisabeth Roth die Gesamthochschule bis 1976 allein weiter. Mit „liebenswürdiger Hartnäckigkeit“ engagiert sie sich in dieser Zeit vor allem für die Eingliederung der Lehrerbildung in die Gesamthochschule, zitiert der enge Weggefährte und ehemalige Mitarbeiter Roths, Gerhard Handschuh, den damaligen bayerischen Kultusminister Prof. Dr. Hans Maier (CSU). Nach der Übergabe des Rektorenamtes an den Schulpädagogen Prof. Dr. Siegfried Oppolzer lehrt und forscht Elisabeth Roth noch bis 1989 als Inhaberin ihres Lehrstuhls für Heimat- und Volkskunde. In dieser Position erlebt sie 1979 die Gründung der Otto-Friedrich-Universität aus „ihrer“ Gesamthochschule.
Besonders die Kombination aus Heimatverbundenheit und Weltoffenheit, die auch in der damals einzigartigen Bezeichnung ihres Lehrstuhls deutlich wird, liegt der Wissenschaftlerin bei ihrer Arbeit am Herzen. Darüber hinaus gelingt es Elisabeth Roth durch Forschung, Lehre und persönliches Engagement, dass das Fach Heimatkunde in Lehrplänen an bayerischen Schulen erhalten bleibt. Kennzeichnend für ihr Wirken in Wissenschaft und Gesellschaft ist ihre umfangreiche Vortragstätigkeit: „Nach den Worten [Friedrich] Rückerts ‚Durch Mitbewußtsein soll sich dein Bewußtsein mehren‘ hat Frau Prof. Roth stets das Gespräch engagiert gesucht“, resümiert Handschuh.
Elisabeth Roth verstirbt am 4. Mai 2010 im Alter von 89 Jahren in Bamberg. Noch heute erinnert der Otto-Meyer-und-Elisabeth-Roth-Preis an die erste Rektorin der Gesamthochschule Bamberg. Den Preis hat Elisabeth Roth 2000 in Erinnerung an ihren verstorbenen Ehemann, den Historiker Otto Meyer, und mit Hilfe der nach ihm benannten Stiftung selbst ins Leben gerufen. Er würdigt herausragende Dissertationen über Themen des ländlichen Raumes in Franken. Nach ihrem Tod beschließt das Gremium der Otto-Meyer-Stiftung, auch Elisabeth Roth in den Namen zu integrieren. Seit 2000 verlieh die Stiftung den Preis an neun Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler der Universitäten Bamberg, Bayreuth, Erlangen-Nürnberg und Würzburg. Die letzte Auszeichnung fand 2016 statt.
Text: Sebastian Koch/Dezernat Kommunikation & Alumni
Elisabeth Roth im Bamberger Professorinnen- und Professorenkatalog
Quellen:
Gerhard Handschuh: Frau Prof. Dr. Elisabeth Roth zum 70. Jahrestag. Online verfügbar unter: http://frankenland.franconica.uni-wuerzburg.de/login/data/1990_115.pdf. 1990.
Othmar Heggelbacher: Leben im Rückblick – Führung und Zuversicht. Bamberg: o. V. 1989.
Lehrstuhl für Europäische Ethnologie: Frau Prof. Dr. Elisabeth Roth verstorben. Online verfügbar unter: https://www.uni-bamberg.de/fileadmin/uni/fakultaeten/ggeo_lehrstuehle/volkskunde/Dateien/personen/texte/Nachruf.Roth.pdf(7.3 KB). 1990.
Karsten Becker und Tanja Eisenach: "Gebäude als Identitätsmerkmal: Zum aktuellen Stand des Nutzungskonzepts Universität in der Stadt". In: uni.kat.Zeitung der Otto-Friedrich-Universität Bamberg (2004), Heft 2, S. 32-33.