3D-Druck jüdischer Grabstein von 1400

Beschreibung
Maße:
55 cm breit, 70 cm hoch, entsprechend der Maße des originalen Grabsteins
Inschrift:
הוצב גולתה
העלת(ה) לראש
הבתולה חביבה
היפה רעכלין בת
כ' ברוך הנקברת
ביום ד' כ' בחדש
אב ק"ס ל' תנצב'
Übersetzung:
„Aufgestellt: sie wurde fortgeführt
Und hinaufgebracht“ zu Häupten
Der Jungfrau, geliebt
und schön, Rekhlin, Tochter des
geehrten Barukh. Sie wurde begraben
Am 4. Tag, dem 20. des Monats
Av 160 nach kleiner Zählung. Ihre Seele möge eingebunden sein in den Bund [des Lebens].
Ort:
AULA der Universität Bamberg, Dominikanerstraße 2a, 96049 Bamberg

Hintergründe zum Fund des originalen Grabsteins
Die AULA der Otto-Friedrich-Universität ist ein geschichtsträchtiger Ort: Die Erbauung der ehemaligen Dominikanerkirche geht auf das Jahr 1401 zurück. Sie ist damit die älteste Hallenkirche Bayerns. 1999 wurde sie der Universität in stark sanierungsbedürftigem Zustand übertragen und anschließend umfassend renoviert. Die Sanierungsarbeiten waren aber mehr als reine Modernisierungsmaßnahmen. Sie gaben auch Aufschluss über die bewegte Geschichte eines einzigartigen Bamberger Kulturdenkmals. Denn parallel zur Modernisierung untersuchten Forscherinnen und Forscher vor Ort die Geschichte des einstigen Gotteshauses.
2012 begann der dritte und letzte Bauabschnitt im Dominikanerbau – die Modernisierung des Innenraums. Sogenannte Rettungsgrabungen zur Dokumentation der Bodendenkmalsubstanz in den Seitenschiffen und dem Chor brachten zahlreiche archäologische Befunde wie Auffüll- und Planierschichten, Fußbodenreste und Gräber ans Tageslicht.
Eine besondere Überraschung lieferte die Bausubstanz zweier Grüfte, die am Eingang des Chores liegen. Aus dem westlichen Grab konnten zwei Fragmente jüdischer Grabsteine geborgen werden. Im südöstlich gelegenen zweiten Grab fand sich ein Grabstein mit hebräischen Schriftzeichen aus dem Jahr 1400. Der 70 x 55 cm große Stein war mit der Inschrift nach außen in die Seitenwand des Grabes eingebaut worden. Die jüdischen Grabsteine wurden offenbar als Baumaterial für die erst später entstandenen Gräber der Gruft verwendet.

3D-Druck des Grabsteins
Prof. Dr. Dr. habil. Godehard Ruppert, beim damaligen Fund des Grabsteins amtierender Präsident der Universität Bamberg, legte großen Wert darauf, dass der Grabstein im Original wieder auf einem Friedhof der jüdischen Glaubensgemeinschaft aufgestellt werde. Deshalb steht der originale Grabstein heute im Taharahaus des jüdischen Friedhofs in Walsdorf. Dort wurden Bamberger Juden beerdigt, nachdem die Gemeinde gezwungen war, den Bamberger Friedhof aufzugeben.
Um an die jüdische Gemeinschaft und Tradition im Sandgebiet zu erinnern und ein Mahnmal für den verantwortungsvollen Umgang mit Kulturgütern einer Religionsgemeinschaft zu setzen, setzte sich Ruppert dafür ein, den Grabstein in 3D scannen und einen Nachdruck herstellen zu lassen. Der 3D-Nachdruck aus Kunststoff ist jetzt in der AULA der Universität zu finden und ist Zeugnis des besonderen Fundes. Ermöglicht wurde die Aufstellung durch die Oberfrankenstiftung und den Universitätsbund Bamberg. Der Nachdruck wurde von der Hochschule Augsburg hergestellt.
Am Donnerstag, 20. März 2025, wurde der 3D-Nachdruck des jüdischen Grabsteins in der AULA enthüllt und ist jetzt für alle Besucherinnen und Besucher der ehemaligen Dominikanerkirche sichtbar.

Besonderheiten des jüdischen Grabsteins
Jüdische Friedhöfe sind für die Ewigkeit angelegt. Die Gräber dürfen nicht aufgelassen oder gar mutwillig zerstört werden. Daher ist die Störung der Totenruhe ein Sakrileg. Wie die Funde zeigen, konnte die Plünderung des mittelalterlichen beziehungsweise frühneuzeitlichen jüdischen Friedhofs nicht verhindert werden. Dessen Grabsteine wurden vermutlich anderweitig genutzt oder vergraben. Der aufgefundene Stein ist der bisher einzige Fund.
Eine Besonderheit ist der Fund auch deswegen, weil der Grabstein nahezu als Ganzes verbaut und mit einer fast vollständig lesbaren Grabinschrift verziert ist. Diese verrät, wem zu Ehren er einstmals errichtet worden war: der schönen Rekhlen, Tochter des geehrten Barukh, die am 11. August 1400 in Bamberg bestattet worden war. Rekhlen/Rekhlin war eine im Mittelalter übliche Koseform des Namens Rachel. Die Inschrift zitiert außerdem den biblischen Nachum-Vers. Das zeigt möglicherweise einen gelehrten Anspruch der Familie der Toten.
Bedeutung für die Stadtgeschichte
Auch stadtgeschichtlich sind die Grabsteinfunde aufschlussreich. Die früheste Erwähnung eines jüdischen Friedhofs in Bamberg, der am Nordende des Sandgebiets außerhalb der Stadtmauer lag, datiert auf das Jahr 1407. Der Fund des Grabsteins und weiterer Fragmente in der ehemaligen Dominikanerkirche legen nahe, dass dieser jüdische Friedhof bereits vor 1407 bestand. Zusammen mit den Ergebnissen früherer Grabungen wird davon ausgegangen, dass zwischen Fluss und Domberg eine der wichtigsten Keimzellen der Stadt Bamberg liegt.