Phantombilder: Die Polizei und der verdächtige Fremde
Nach der Ermordung von George Floyd und Breonna Taylor in den USA finden Forderungen nach einem nachhaltigen Mentalitätswandel der Polizei weltweit Resonanz. Auch für Deutschland stellt sich die Frage: Wie ist das Ausmaß an Gewalt und Diskriminierung gegen von Rassismus betroffene Menschen durch die Polizei zu erklären? Wo können dringend notwendige Veränderungen für eine neue Polizeikultur ansetzen? In ihrem kulturgeschichtlichen Essay zeigt Georgiana Banita: Das wirkmächtige Phantombild des »Fremden« war schon immer Zielscheibe und ideologische Begründung westlicher Polizeiapparate. Das Narrativ des verdächtigen, potenziell gefährlichen Fremden ist Ursprung und Hintergrund eines polizeilichen Generalverdachts gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund, Schwarzen Menschen und People of Color. So führte die Polizei in den USA erst nach Abschaffung der Sklaverei tödliche Schusswaffen ein, um die befreiten Sklaven zu disziplinieren, und auch Europa militarisierte seine Polizei infolge der Migration aus ländlichen und Kolonialgebieten in die industriellen Zentren. Ob es um den Gebrauch von Schusswaffen, Racial Profiling, Rasterfahndung oder KI-gestützte Kriminalitätsprognosen geht, um Abschiebung, Grenz- oder Infektionsschutz: Die Abwehr des (vermeintlich) Fremden ist aus den Logiken und Praktiken polizeilicher Kontrollarchitekturen nicht wegzudenken. Wissenschaftlich fundiert und flankiert von staatstheoretischen und ästhetischen Reflexionen entfaltet »Phantombilder« eine Kulturgeschichte der polizeilichen Verdachtsschöpfung und schafft die Grundlage für eine konstruktive Debatte über die Polizei, die wir dringend brauchen.