Derzeit wird u.a. in der Katholischen Kirche in scharfer Form um einen angemessenen Umgang mit Geschlecht und Geschlechtlichkeit des Menschen gerungen. Vor allem das sogenannte »Gender-Mainstreaming« wird als „Gender-Ideologie“ (Papst Franziskus), „Genderfanatismus“ (M. v. Gersdorff) und „Genderwahn“ (F. Küble) diskreditiert. Das Gender-Mainstreaming, so die Behauptung, zerstöre die natürliche Ordnung der Geschlechter, ihrer Rollen und Zugehörigkeiten, es marginalisiere die traditionelle Vorstellung von Ehe und Familie, leugne letztlich Geschlecht als Kategorie. Das Forschungsprojekt geht der Frage nach, auf welcher argumentativen Basis die ‚neue‘ Kritik an der Leitkategorie »Geschlecht« steht. Bietet der Diskurs neue, tragfähige Argumente im Genderdiskurs? Muss die Kritik an der Gender-Ideologie als Hinweis auf vernachlässigte Probleme in der Genderdebatte wahrgenommen werden? Mehr noch: Muss die neue Genderdebatte als wichtiger Hinweis auf unerledigte anthropologisch-ethische Fragen verstanden werden, die der Diskussion um das Geschlecht als zentrale Kategorie des Verständnisses vom sittlichen Subjekt neue Facetten hinzufügen kann? Zugleich stellt sich aber auch die Frage, ob der oftmals polemisch überspitzte Diskurs nicht viel mehr als Vehikel einer grundsätzlichen, kirchlichen und politischen Kritik am Projekt der Moderne und der säkular-pluralen Gesellschaft zu verstehen ist.