Forschung
Der Lehrstuhl für Soziologie, insbesondere soziale Ungleichheit, beschäftigt sich mit sozialen Ungleichheiten im Lebenslauf, unter anderem im Zusammenhang mit Gesundheit, Arbeitsmarkt und Bildungsentscheidungen. Methodisch sind wir eher quantitativ ausgerichtet mit einem besonderen Interesse an Kausalitätsfragen. In Bezug auf die COVID-19-Pandemie erforschen wir die Auswirkungen der Pandemie auf die mentale Gesundheit, das Vertrauen der Bevölkerung in soziale Institutionen, politische Orientierungen und Impfentscheidungen. Weitere Forschungsthemen sind soziale Ungleichheit und Körpergewicht, Stigmatisierung, soziale Ungleichheit zwischen den Geschlechtern und Umweltsoziologie.
Am Lehrstuhl wird aktuell an folgenden Projekten gearbeitet:
Helping High-School Students in Choosing their Career: Experimental Evidence from a Large Scale School Policy
Leitung: Prof. Dr. Silke Anger
Förderung: Bundesagentur für Arbeit
Laufzeit: 2019 - 2025
Die BerO-Studie wird von der Bundesagentur für Arbeit gefördert und beschäftigt sich mit der Wirkung von Schülerberatung: Evaluation einer deutschlandweiten Schulpolitik, Pädagogische Entscheidungsfindung und langfristige Konsequenzen von Bildungsentscheidungen.
Mehr Informationen finden Sie hier: https://www.socialscienceregistry.org/trials/4587
Referierte Zeitschriften:
https://doi.org/10.1093/esr/jcad077
https://doi.org/10.1016/j.ssmph.2022.101054;
https://doi.org/10.1080/14616696.2020.1826556;
https://link.springer.com/article/10.1007/s11150-022-09623-9
Transferpublikationen:
Inanspruchnahme und Akzeptanz von Naturheilverfahren in Deutschland
Leitung: Prof. Dr. Rasmus Hoffmann
Förderung: Karl und Veronica Carstens Stiftung
Laufzeit: 2023 - 2025
Im Projekt zur Inanspruchnahme und Akzeptanz von Naturheilverfahren in Deutschland, in Zusammenarbeit mit der Charité in Berlin und gefördert von der Karl und Veronica Carstens Stiftung, untersuchen wir die praktische Anwendung und Akzeptanz naturheilkundlicher und alternativmedizinischer Methoden in der Bevölkerung und identifizieren subpopulationsspezifische Anwendungsgründe. Ein weiterer Fokus liegt auf den angrenzenden Themenfeldern der Impfung und Ernährung. Dabei liegt ein besonderes Interesse auf der Identifikation des Zusammenhangs von naturheilkundlichen und alternativmedizinischen Einstellungen und der Corona Impfentscheidung sowie der Untersuchung von möglichen Einstellungsänderungen gegenüber nicht-konventionellen Verfahren im Zuge der Pandemie. Zur Ernährung untersuchen wir wahrgenommene Hindernisse und Anreizmöglichkeiten einzelner Subpopulationen bei der Umstellung auf eine pflanzenbasierte Ernährung und betrachten vertiefend die Einflussmöglichkeiten ärztlicher Empfehlungen auf die Bereitschaft von Patienten, ihre Ernährung umzustellen.
Referierte Zeitschriftenartikel:
https://doi.org/10.3389/fmed.2024.1372924
COVID-19 und gesellschaftliche Polarisierung – Vertiefende Analysen zur Entwicklung des Wohlbefindens und Vertrauens vulnerabler Gruppen
Leitung: Dr. Alexander Patzina, Dr. Matthias Collischon
Förderung: Hans-Böckler-Stiftung
Laufzeit: 2023 - 2025
Die Corona-Pandemie legt – wie keine Krise zuvor – soziale und ökonomische Ungleichheiten in der Gesellschaft offen und verstärkt diese teilweise. So betraf die Krise auf dem Arbeitsmarkt etwa überdurchschnittlich häufig benachteiligte Gruppen, wie zum Beispiel Frauen, die häufig in systemrelevanten Berufen arbeiten, oder Personen mit niedriger Bildung. Hinzu kommt, dass für diese vulnerablen Gruppen das Arbeiten von Zuhause aus oft nicht möglich war. Aufgrund dessen ist der genannte Personenkreis nicht nur von krisenbedingten Arbeitsmarkteffekten betroffen, sondern auch einem höheren Infektions- bzw. Gesundheitsrisiko ausgesetzt. Unser Projekt zielt darauf ab, die mittel- und langfristigen Effekte der Krise für vulnerable Gruppen zu untersuchen. Wir sind hierbei vor allem interessiert an Effekten auf das individuelle Wohlbefinden sowie das soziale Vertrauen, die in der Forschung häufig nicht untersucht werden, jedoch zentrale Größen für das Funktionieren von Gesellschaften darstellen.
Die Datenbasis, die es uns ermöglicht, diese Fragen zu untersuchen, bildet das Panel Arbeitsmarkt- und soziale Sicherung (PASS) des Instituts- für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB). Die Panelstruktur der Daten ermöglicht es uns, Haushalte und Personen über die Zeit zu verfolgen und so im Laufe des Projektes langfristige Erkenntnisse über die Effekte der Krise zu generieren.
Weitere Informationen finden Sie hier.
Referierte Zeitschriftenartikel:
The German Labor Market und Social Trust
Leitung: Dr. Alexander Patzina
Förderung: Daimler & Benz Stiftung
Laufzeit: 2024-2026
Das Vertrauen in fremde Menschen ist zentral für den Zusammenhalt von Gesellschaften. Da Vertrauen in Interaktionen zwischen Menschen entsteht, erscheinen Arbeitsmärkte als Arenen sozialer Begegnungen bedeutsam. Vor diesem Hintergrund untersucht das Projekt, ob ein Arbeitsplatzverlust zu einem Rückgang des Vertrauens in Fremde führt und ob die substanzielle Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro die Vertrauensbildung beeinflusst. Das Projekt nutzt Längsschnittdaten sowie quasi-experimentelle Methoden, um kausale Beziehungen zu bestimmen. Insgesamt zielt das Projekt darauf ab, unser Verständnis von den nicht-monetären Konsequenzen von Arbeitslosigkeit sowie Arbeitsmarktpolitik zu verbessern und die Bedeutung von Arbeitsmarktprozessen für den sozialen Zusammenhalt in Deutschland zu beleuchten.
Wechselwirkungen zwischen Gesundheit und Verrentung: Soziale Ungleichheit vor dem Hintergrund einer Anhebung des Rentenalters
Leitung: Prof. Dr. Rasmus Hoffmann, Prof. Dr. Martina Brandt (Technische Universität Dortmund)
Förderung: Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Laufzeit: 2025-2027
Gesundheit ist eine wichtige Determinante des Renteneintritts. Personen mit schlechter Gesundheit und geringerer Bildung gehen häufiger unfreiwillig in Rente und dies hat negative Auswirkungen auf Gesundheit und Wohlbefinden nach der Verrentung. Gleichzeitig müssen Menschen mit wenig Einkommen häufiger trotz schlechter Gesundheit weiterarbeiten. Die bisherigen Forschungsergebnisse zu Wechselwirkungen zwischen Gesundheit und Rente sind nicht eindeutig, vermutlich deshalb, weil der sozioökonomische Status diesen Zusammenhang moderiert und dies bisher selten berücksichtigt wurde.
In Deutschland und vielen europäischen Ländern steigt die Altersgrenze für die Regelaltersrente.
Dies gilt politisch aus mehreren Gründen als geboten:
1. Zunahme der Lebenserwartung,
2. Verbesserung von Gesundheit und Arbeitsfähigkeit,
3. schwierige finanzielle Lage der gesetzlichen Rentenversicherung und
4. Arbeitskräftemangel.
Gleichzeitig ist die generelle Anhebung des Renteneintrittsalters ein gesellschaftliches Thema mit erheblichem Konfliktpotential, zwischen politischen Lagern, zwischen Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen und zwischen Generationen. Die sozial gerechte Ausgestaltung einer Anhebung des Rentenalters ist dabei ein entscheidender Faktor, um politischen Handlungsspielraum zu gewinnen und die beteiligten Interessengruppen zu überzeugen. Ob die aktuellen Rentenregelungen zu weniger sozialer Ungleichheit und mehr Gerechtigkeit beitragen, wie es sozialstaatlich geboten wäre, oder der Rentenübergang soziale Ungleichheit erhöht, ist in Gesellschaft und Wissenschaft umstritten (Haan et al. 2019; Shi & Kolk 2023). Unser Projekt adressiert den Forschungsbedarf in diesem entscheidenden sozialpolitischen Handlungsfeld, um evidenzbasierte Entscheidungen zu erleichtern.
Die Wechselwirkungen von Gesundheit, Rente und sozioökonomischem Status stehen im Zentrum unseres Verbundprojekts. Es teilt sich auf in zwei Arbeitspakete, die an der Universität Bamberg und an der TU Dortmund bearbeitet werden. Auf Basis des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) untersucht das erste Arbeitspaket (1) Determinanten, die zusammen mit einem schlechten Gesundheitszustand den Zeitpunkt der Verrentung beeinflussen, und (2) wie sich Gesundheit und Wohlbefinden in unterschiedlichen sozioökonomischen Gruppen nach Renteneintritt verändern. Das zweite Arbeitspaket untersucht anhand des Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe (SHARE), ob durch die Erhöhung der Altersgrenze für die Regelaltersrente in europäischen Ländern die Gesundheit und das Wohlbefinden sinken. Es werden fortgeschrittene Verfahren der Kausalanalyse (u. a. Interrupted Time-Series, Difference-In-Differences-Modelle mit Propensity Score Matching und Fixed-Effects Modelle) verwendet.
Weitere Kooperationen
Zur Stärkung der betrieblichen Gesundheitsförderung und der Zusammenarbeit mit den Krankenkassen besteht eine Kooperation unseres Lehrstuhls im Bereich der Medizin- und Gesundheitssoziologie mit dem Institut für Leiblich Emotionale Bildung (Prof. Kalinowski) auf der Ebene der Durchführung von Präventionsmaßnahmen zur Gesundheitsförderung und mit dem Internationalen Institut für Soziale Praxis (Prof. Halsband) auf der Forschungsebene.