Asylrecht Februar 2023: Fragen und Antworten

1.Asylrecht ist doch ein Menschenrecht! Sind Änderungen überhaupt möglich ?

Änderungen sind möglich. Nach Art. 14 der UN-Menschenrechtskonvention hat jeder das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen und zu genießen. Die UN-Menschenrechtskonvention räumt allerdings keinen subjektiven Rechtsanspruch auf Asyl ein, gewährt also kein Recht, Asyl zu erhalten, sondern nur das Recht, Asyl zu suchen und zu genießen, soweit es von einem Staat gewährt wird.

2. Nach unserem Grundgesetz müssen wir aber Asyl gewähren?

Ja. Nach Art. 16a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte Asyl. Asylberechtigt ist eine Person, die im Falle der Rückkehr in ihr Herkunftsland aufgrund ihrer Rasse, Nationalität, politischen Überzeugung, Religion oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe staatlich verfolgt wird.

Auf dieses Asylrecht kann sich gemäß Art. 16a Abs. 2 GG aber nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der EU oder aus einem anderen sicheren Drittstaat einreist.

Deutschland ist aber nur von sicheren Drittstaaten oder EU-Staaten umgeben. Bei Einreise auf dem Landweg ist deshalb eine Anerkennung als Asylberechtigter ausgeschlossen. Art. 16a Abs. 1 GG spielt faktisch keine große Rolle mehr. Nur noch 1 % der international Schutzberechtigten werden nach dem GG anerkannt.

3. Wenn das GG keine große Rolle mehr spielt, woraus leitet sich dann die Schutzberechtigung der Asylsuchenden in Deutschland und Europa ab?

Grundlage des internationalen Asylrechts ist die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), in Deutschland in Kraft seit 1954. Nach Art. 1 der GFK ist insbesondere Flüchtling, wer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seinerRasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppesich außerhalb des Herkunftslands befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Im Gegensatz zu Art 16 a GG kann die Verfolgung auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgegangen sein. Es gibt auch keine Drittstaatenregelung. Jeder Einzelfall muss geprüft werden.

Die GFK bezog sich zunächst nur auf europäische Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg für Zeiten bis 1.1.1951. Die Erweiterung auf weltweiten Verfolgungsschutz erfolgte erst im Jahre 1967. Damals gab es auch erst ca. 3 Milliarden Menschen, es gab noch keine Globalisierung, keine weltweite Kommunikation über whattsapp usw. Es gab in Deutschland auch nur 2000! Asylbewerber. Man konnte sich damals einfach nicht vorstellen, welche Rechtsansprüche sich aus der GFK einmal entwickeln würden. Aktuell fallen rund 30 % der Asylbewerber unter die GFK.

Nach der GFK aus dem Jahre 1967 gab und gibt es deshalb keinen Aufnahmevorbehalt dergestalt, dass in Überforderungssituationen der Aufnahmestaat nur eine bestimmte Anzahl von Asylbewerbern aufnehmen muss. Europa bzw. Deutschland darf nach der GFK aktuell nicht sagen: Wir nehmen im Jahr 2023 nur 100 000 asylsuchende Ausländer auf.

Im Jahre 2011 wurde durch die europäische Qualifikationsrichtlinie. die Schutzberechtigung nach der GFK sogar noch um einen subsidiären Schutz erweitert. Subsidiär schutzberechtigt ist, wer eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts lediglich zu befürchten hat. Auch hier gibt es keinen Kontingentierungsvorbehalt. Aktuell sind rund 30 % der Asylbewerber subsidiär schutzberechtigt.

3. Wie ist die Situation der Ukraine-Flüchtlinge geregelt?

Für die Ukraine-Flüchtlinge gibt es eine Sonderregelung. Hier gilt die Massenzustromrichtlinie der EU, wonach Flüchtlinge aus der Ukraine ohne Einzelfallprüfung vorübergehend für maximal 2 Jahre aufgenommen werden.

4. Wie sieht die Versorgung der Asylbewerber in Deutschland aus?

Asylbewerber haben nach dem Asylbewerberleistungsgesetz einen Anspruch auf Versorgung auf Sozialhilfeniveau. Der Staat, also Bund, Länder und Gemeinden müssen die Asylbewerber menschenwürdig unterbringen.  Das hat das Bundesverfassungsgericht 2012 entschieden.

5. Was geschieht mit Asylbewerben, die nicht als international schutzberechtigt anerkannt werden?

Sie müssten eigentlich wieder ausreisen, tun es aber in der Regel nicht freiwillig. In diesem Fall könnten sie abgeschoben werden. Eine Abschiebung ist aber sehr schwer umzusetzen, weil die Heimatstaaten der Asylbewerber nicht mitspielen oder weil man nicht in Staaten abschieben darf, in denen Folter oder sonstige unmenschliche Behandlung droht. Aktuell beträgt die Abschiebungsquote maximal 10 %, also ca. 90 % der abgelehnten Asylbewerber dürfen in Deutschland bleiben, erhalten eine Duldung und irgendwann dann doch eine Aufenthaltserlaubnis.

6. Wie sieht die Versorgung abgelehnter Asylbewerber aus?

Auch abgelehnte Asylbewerber haben einen Anspruch auf Versorgung. Man darf sie nicht aushungern lassen. Die Leistungen dürfen nur maximal um 30 % gekürzt werden.

7. Wie ist die Rechtslage bei Asylbewerben, die in Schlauchbooten versuchen, über das Mittelmeer nach Europa zu kommen?

Nach diversen Seerechtskonventionen gibt es eine Verpflichtung eines jeden Kapitäns, Schiffbrüchige zu retten und in den nächsten sicheren Hafen zu bringen. Die Pflicht zur Seenotrettung galt eigentlich nur für Menschen, die in Seenot gerieten. Sie ist für Situationen, in denen Asylbewerber mit Hilfe von Schleppern sich gezielt in Seenot begeben, um dann mit Hilfe von patrouillierenden privaten Seenotrettern nach Europa zu gelangen, eigentlich nicht gedacht. Gleichwohl gilt auch in diesen Fällen die Verpflichtung zur Seenotrettung.

8. Wir brauchen doch die Asylbewerber als Arbeitskräfte?

Man sollte unterscheiden zwischen Arbeitsmigration und Asylmigration. Arbeitsmigration aus Drittstaaten wird sicherlich benötigt. Bei Arbeitsmigranten darf ich aber fragen: Wer bist du? Was kannst du? Was weißt du? Ich darf die Arbeitsmigration auch begrenzen. Das ist für alle Beteiligten eine win-win-Situation.

Bei Asylmigration ist die Berufsqualifikation des Migranten unerheblich. Es gelten nur humanitäre Gesichtspunkte. Ich darf nicht sagen: Nur wenn du lesen und schreiben kannst, darfst du bleiben. Ich darf nach aktuellem Recht die Asylmigration auch nicht begrenzen.Es fallen deshalb auch Menschen darunter, die keine Chancen oder so gut wie keine Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt haben, aber gleichwohl versorgt werden müssen. Asylbewerber müssen in der Regel erst aufwendig nachqualifiziert werden. Sie werden den Fachkräftemangel in Deutschland kurzfristig sicherlich nicht beseitigen.  

9. Darf Europa Grenzzäune bauen?

Ja, die gibt es auch bereits, zB an der Grenze zwischen Ceuta (eine spanischen Exklave) und Marokko. Nur muss man wissen, dass diese Grenzzäune auch unterhalten und bewacht werden müssen und Milliarden kosten werden. Und es stellt sich die Frage: Wie geht man mit Leuten um, die über den Grenzzaun geklettert sind? Man kann, wie damals zu Berliner Mauer- Zeiten, die Migranten ja nicht erschießen.

10. Worüber streitet man sich in Europa?

Der Hauptstreit geht über die Verteilung der Asylbewerber innerhalb Europas. Nach der sogenannten Dublin III-Verordnung ist zunächst derjenige EU-Staat für die Prüfung des Asylantrages, aber auch für die Versorgung zuständig, in dem die Asylsuchenden sich erstmalig begeben haben, dh insbesondere die Mittelmeeranrainerstaaten. Diese wollen eine Umverteilung. EU-Staaten aus dem ehemaligen Ostblock wie Polen, Ungarn, die von der Asylmigration wenig betroffen sind, wollen aber keine Asylbewerber zusätzlich aufnehmen.

11. Wie viele Personen könnten Asyl-Schutz in Europa beanspruchen?

Hier kann man nur schätzen. Nach dem Demokratieindex ( https://de.wikipedia.org/ wiki/Demokratieindex#2021)  lebten 2021 37,1 % der Weltbevölkerung in Diktaturen, wo Menschenrechtsverletzungen wahrscheinlich sind, das sind ca. 3 Milliarden Menschen. Hinzu kommen Klimaflüchtlinge, Armutsflüchtlinge uswDer Migrationsdruck ist gewaltig und wird eher zunehmen als abnehmen.

Die deutschlandweite Verteilung der Asylbewerber geschieht nach dem sog. König­steiner Schlüssel, der die Steuerkraft und die Bevölkerungszahl eines Bundeslandes berücksichtigt.

Bayern muss nach diesem Schlüssel rund 16 % der Asylsuchenden aufnehmen. Sie werden dann auf die einzelnen Landkreise und kreisfreien Städte innerhalb Bayerns weiter verteilt. Bamberg kann sich dem nicht entziehen.

12. Welcher Reformbedarf wird aktuell diskutiert?

Das Hauptproblem besteht darin, dass das Asylvölkerrecht keine Möglichkeiten vorsieht, Asylmigration sozialverträglich zu kontingentieren. Hier ist eine Änderung allerdings nur auf europäischer bzw. internationaler Ebene erreichbar.