[GASTVORTRAG] Kafkas Verwandlung: Scheidewege des europäischen Symbolismus

PATRICK FLACK (Fribourg) | Mittwoch, 22. Januar 2025 | 14.15–15.45 Uhr | OK8/02.04

Kafkas Verwandlung:
Scheidewege des europäischen Symbolismus

PATRICK FLACK (Universität Fribourg)

 +++ Mittwoch, 22. Januar 2025 | 14.15–15.45 Uhr | OK8/02.04 +++ 

Kafkas Verwandlung wird hier als Antwort auf die Krise des Symbolismus verortet und diskutiert. Diese Krise, die sich beispielsweise in der Abkehr Arthur Rimbauds vom dichterischen Schreiben und sehr explizit in Hugo von Hofmannsthal Chandos-Brief ankündigt, äußert sich in einem radikalen Vertrauensverlust in die symbolische Ausdruckskraft der Sprache. Das bedeutet einen Zweifel an ihrer bisherigen Fähigkeit, die Realität – sei es die objektive Welt der Dinge oder die inneren Erfahrungen – angemessen zu ordnen und wiederzugeben. Die Krise des Symbolismus ist dabei nicht rein literarisch zu verstehen, sondern dehnt sich auch auf Bereiche wie die Mathematik (Hilbert), die Logik (Frege), die (Sprach-)Philosophie (Mauthner, Wittgenstein, Buber) oder die Psychologie (Freud) aus. 

In diesem Vortrag werden zunächst zwei alternative Versuche vorgestellt, die symbolische Ausdruckskraft der Sprache zu retten: erstens Hofmannsthals Hinwendung zu einer radikal dialogischen Form des Schreibens im Dienst der Opern von Richard Strauss, und zweitens die „transmentale“ Sprache (zaum‘) der russischen Kubofuturisten. Anschließend wird Kafkas Lösung in den Blick genommen, die in einer Literalisierung des Symbols und einer bewussten „Tötung“ der Metapher (Deleuze & Guattari) besteht. Dies führt schließlich zu einer „existentiellen“ Deutung von Kafkas Sprachauffassung, die nicht die Form einer Deterritorialisierung, sondern einer verkörperten Phänomenologie der Sprache annimmt (Bühler, Merleau-Ponty).

Dr. Patrick Flack ist Lehr- und Forschungsrat für Ideengeschichte Mittel- und Osteuropas an der Universität Fribourg. Einer seiner Forschungsschwerpunkte ist die Prager Moderne.

Im Rahmen des Oberseminars der Slavischen Literatur-, Kunst- und Kulturwissenschaft.

Alle Interessierten sind herzlich willkommen!