Bulgarien-Exkursion 2003

Pressemitteilung für den "Fränkischen Tag" im Rahmen der Europa-Woche 2003: 

Bamberger Slavisten studieren Bulgarien


Studenten auf Exkursion zu einem unbekannten Nachbarn

Bulgarien als EU-Beitrittskandidat gehandelt und doch in der ersten Runde jetzt nicht dabei; Bulgarien der treueste Vasall der Sowjetunion und doch das einzige Land des Ostblocks, in dem ein Denkmal für einen russischen Zaren die Zeit überdauert (weil er half, Bulgarien von den Türken zu befreien); Bulgarien das Land, das sich seinen Zaren ins Land zurückholt (wenn auch nicht in dieser Funktion) und doch zu vergangener Größe erst wieder zurückfinden muß; Bulgarien einst Billigziel für sonnenhungrige DDR-Bürger und Neckermänner, erst in den letzten Jahren touristisch wieder im Aufwind. Bulgarien ein Land am Rande, außerhalb des Zentrums der europäischen Aufmerksamkeit und der jeweiligen Großmächte.

Und doch: Bulgarien hat unendlich viel mehr zu bieten als gemeinhin vermutet. In der Antike besiedelt der südliche Nachbar Griechenland seine Küste und dann auch das Landesinnere; das damalige Thrakien schenkt dem griechischen Götterhimmel im Gegenzug das Urbild des lebenslustigen Weingottes Dionysos. Für die Römer ist das heutige Sofia ein Luft- und Wasserkurort mehr nicht. Die Völkerwanderungszeit sieht die Slawen auf dem Balkan einfallen, doch werden sie bald von einem von der Wolga kommenden Turkvolk unterjocht, das dem Land auch seinen heutigen Namen gibt. Bald ist die fremde Oberschicht assimiliert und ein slawischer Staat entsteht, der unter dem Zaren Simeon zu einer einzigartigen kulturellen Blüte gelangt: Hier entstehen im 9. Jh. die kyrillische Schrift und die erste Übersetzung der Bibel in eine slawische Sprache, der Christianisierung der Südslawen und Russen wird hier der geistige Boden bereitet. Das bulgarische Reich aber wird byzantinische Provinz, zerfällt erst in Teilreiche und wird dann Opfer der osmanischen Expansion. In den folgenden Jahrhunderten, die in Bulgarien die dunklen genannt werden, sind es nur die abgelegenen Bergklöster Bulgariens, die das reiche kulturelle Erbe bewahren können. Nach der Befreiung von den Türken entsteht erst am Ende des 19. Jhs. der moderne Staat mit seiner heutigen Sprache und Literatur.

Bulgarien, ein Land mit einer äußerst vielfältigen, wechselvollen Geschichte, ein ethnischer Schmelztiegel mit prähistorischen, antiken und mittelalterlichen Anteilen von Herren aller Himmelsrichtungen. Von all dem aber sieht der fast nichts, der nur an die Schwarzmeerküste reist. Bulgarien muß man erfahren: man muß ins Land selbst, ins Landesinnere reisen, um seine reiche Vergangenheit und die Facetten seiner Gegenwart kennenzulernen, die geographischen und ethnischen Gegensätze, die noch weniger verfälschten, weil touristisch weniger überformten gemeinsamen Traditionen des Balkanraumes.

In Bamberg ist die Kulturgeschichte Bulgariens fester Bestandteil des Slawistik-Studiums, und nach Bulgarien führt Ende des Monates (24. Mai -- 1. Juni 2003) eine Exkursion unter der Leitung von Prof. Dr. Sebastian Kempgen und Prof. Dr. Ulrich Schweier (LMU München) eine kleine Gruppe interessierter Studenten der beiden Universitäten Bamberg und München, um das theoretische Wissen mit praktischer Anschauung zu verbinden. Mehrere Semester wurde die Fahrt in speziellen Seminaren vorbereitet, und jetzt ist es bald soweit: Auf einer Rundreise durch das Land werden die Teilnehmer die vier Hauptstädte Bulgariens kennenlernen, werden mit den Klöster die Nationalheiligtümer des Landes besuchen, werden in einem griechischen Theater sitzen und auf römischen Stadtmauern stehen und sie werden die Armut der Landbevölkerung erleben, die zu dem westlichen Einfluß in der Hauptstadt einen extremen Kontrast bildet. Auf einen professionellen Reiseführer kann die Gruppe auf ihrer Tour verzichten die Studierenden selbst werden diese Aufgabe übernehmen. Bulgarien im Blick der Slawisten ist es fest verankert; auch für Europa lohnt es, es neu zu entdecken!

 

Der ausführliche Exkursionsbericht (67 S.) zum Download als pdf-Datei