[GASTVORTRAG] Eine Ethnografie des migrantischen Unternehmertums: Wie Unternehmer*innen vom Balkan ihre Kultur und Sprache zum Vorteil nutzen
Der Lehrstuhl für Slavische Sprachwissenschaft lädt herzlich alle Interessierten zum Online-Gastvortrag ein.
Eine Ethnografie des migrantischen Unternehmertums:
Wie Unternehmer*innen vom Balkan ihre Kultur und Sprache zum Vorteil nutzen
Lejla Atagan
Wirtschaftsuniversität Wien
+++ Mittwoch, 6. Juli 2022 | 16:15 Uhr | via Zoom +++
Zoom-Zugangsdaten:
https://uni-bamberg.zoom.us/j/69761032388
Meeting-ID: 697 6103 2388
Kenncode: y1hgt^
Migrantische Ökonomien sind Unternehmen, in denen Migrant*innen wirtschaftliche Chancen zur Unternehmensgründung im Aufnahmeland erkannt, geschaffen und genutzt haben. Obwohl mittlerweile eine beachtliche Zahl an Studien zu migrantischen Ökonomien existiert, wurden diese bisher nur von wenigen ethnografisch untersucht. Ziel meiner Untersuchung ist es, einen ethnografischen Beitrag zu leisten, indem Zusammenhänge zwischen der Sprache, der Herkunfts- und der Aufnahmekultur sowie dem unternehmerischen Erfolg untersucht werden. Der Fokus liegt hierbei auf Gastronomiebetrieben in Wien, die von Menschen balkanischer Herkunft betrieben werden.
Dabei sollen folgende Fragen beantwortet werden: Inwieweit werden die Herkunftssprache und/oder -kultur als Chance zur Unternehmensgründung genutzt und kommodifiziert? Auf welche Weise konstruieren die Unternehmer*innen in ihren Erzählungen ihre Identität als Migrant*innen und Unternehmer*innen? Wie positionieren sie sich innerhalb der Aufnahmegesellschaft und ihrer Herkunftsgemeinschaft? Wie wirken sich diese kulturellen und sprachlichen Praktiken auf die Räume aus, die sie in ihrem Geschäft für sich selbst und für Kund*innen schaffen?
Zur Beantwortung dieser Fragen werden Daten untersucht, die durch semistrukturierte narrative Interviews und teilnehmende Beobachtung gesammelt werden. Dabei werden auch semiotische Landschaften in den Geschäften und ihrer Umgebung berücksichtigt. Die Interviews werden mithilfe der narrativen Analyse ausgewertet, wobei Positionierungsstrategien von besonderem Interesse sind, weil narrative Identität nicht nur das erzählte Selbst, sondern auch performative Aspekte der Identität umfasst, die mit der Selbstpräsentation und der interaktionellen Aushandlung zusammenhängen. Wie die vorläufigen Ergebnisse zeigen, bedienen sich die Unternehmer*innen bei der Konstruktion der eigenen Identität verschiedener kultureller Elemente. Einige machen sich diese zunutze und kombinieren das Beste daraus, indem sie für sich und ihr Geschäft eine gemischte bzw. dritte Kultur schaffen. Andere wiederum schaffen sich durch ihre Herkunftssprache und -kultur sowie unterschiedliche semiotische Mittel (z.B. Musik und Dekorationselemente aus ihrem Heimatland) einen Dritten Raum, in dem sie sich geborgen und heimisch fühlen, obwohl sie in einem fremden Land sind.
Der Gastvortrag findet im Rahmen des Seminars „Migrationslinguistik“ von Dr. Nikolay Hakimov statt.
Alle Interessierten sind herzlich willkommen!
Lejla Atagan ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Slavische Sprachen der Wirtschaftsuniversität Wien. Sie hat Angewandte Sprachwissenschaft und Germanistik in Sarajevo und Wien studiert und forscht im Rahmen ihrer Doktorarbeit zu sprachlichen und kulturellen Aspekten von Migrationsökonomien in Wien.