Abschiedsvorlesung Prof. Kempgen
Nach 27 Jahren als Prof. für Slavische Sprachwissenschaft (seit 1991) und als jetzt dienstältester aktiver Prof. der Uni hält Prof. Kempgen am 12.6.2018 seine öffentliche Abschiedsvorlesung. Ort: Aula der Universität, Dominikanerstr. Zeit: 19:00 Uhr.
Kievs Beiname, "Mutter aller russischen Städte" sein zu sollen, klingt angesichts der aktuellen politischen Spannungen zwischen Rußland und der Ukraine befremdlich und gefährlich zugleich, denn Rußland hat sich schon mit weniger und schlechteren Argumenten Teile des früheren Sowjetimperiums zurückgeholt; es reklamiert die frühe Geschichte der "Kiever Rus'" unverhohlen für sich, wie aktuelle Belege zeigen. Umgekehrt will sich Kiev zunehmend dieser Art der "Russifizierung" seiner Geschichte entziehen.
Der Beiname, "Mutter aller russischen Städte" zu sein, stammt aus der berühmten Nestorchronik, die im 11./12. Jh. im Kiever Höhlenkloster kompiliert und redigiert wurde. Das Zitat wird dort dem Fürsten Oleg in den Mund gelegt, als er sich - aus Novgorod kommend - 882 Kiev aneignete, dort niederließ und damit den Grundstein für Entstehung des ersten Staates im ostslavischen Raum legte, die sog. "Kiever Rus'". Wann aber Kiev eigentlich gegründet wurde, und von wem, darüber gibt es nur Mythen und legendäre Überlieferungen, ebenfalls in der Nestorchronik. Die drei Brüder Kij, Šček, Choriv und ihre Schwester Lybed', alle laut Chronik vom slavischen Stamm der Poljanen ("Feldbewohner"), sollen danach Kiev gegründet und die slavische Herrschaft dort begründet haben. Wann das aber genau war und wie historisch diese Überlieferung zu nehmen ist, dazu gibt es zwar zahlreiche Forschungen, aber wenig exaktes Wissen. "Im Volksmund" wird diese Legende jedenfalls wörtlich genommen, sie wird für Denkmäler benutzt (siehe Plakat) usw.
In seiner Abschiedsvorlesung wird Prof. Kempgen eine ganz neue Lösung dieses alten Rätsels anbieten; sie wird (für Kiev) eine gute und eine schlechte Nachricht enthalten - soviel sei vorab verraten. Und aus Gründen der Nostalgie unten die Einladung zur Antrittsvorlesung von 1992 - sie hatte Moskau zum Gegenstand.