Prof. Dr. Dr. Ulrich Theißen
Am Dienstag, 18. Dezember 2020 war Herr Prof. Dr. Dr. Ulrich Theißen von der Paris-Lodron-Universität in Salzburg zu Gast an der Professur für Slavische Kunst- und Kulturgeschichte.
Ulrich Theißen hat Slavistik und Musikwissenschaften an den Universitäten Würzburg und Salzburg studiert. 1991 hat er seine Dissertation zum Thema "Materialien zu einem deutsch-altbulgarischen Wörterbuch" an der Universität Salzburg verteidigt. 2006 folgte seine Habilitation über die "Etymologie und Benennungsmotivation bei slavischen Namen von Heilpflanzen" ebenfalls an der Universität Salzburg, wo er seitdem als ao. Univ.-Professor für Slavistik mit den Schwerpunkten Sprachwissenschaft und Kulturgeschichte (mit ausgeprägter Ausrichtung auf die Musikgeschichte) tätig ist. 2011 verteidigte er seine Promotion in Musikwissenschaft mit einer Dokumentation der Geschichte der Bamberger Orgeln. Ulrich Theißen ist nebenamtlicher Kirchenmusiker, zertifizierter Orgelsachverständiger sowie Organisator der Konzertreihe in der St. Martins-Kirche Bamberg.
Im Rahmen des Seminars „Bühnenzauber im Zusammenspiel der Künste im russischen und sowjetischen Theater" von Prof. Dr. Ada Raev sprach Herr Theißen über Opern und nationale Bewegungen bei den slavischen Völkern im 19. Jahrhundert. Der „Völkerfrühling“ führte in den slavischen Kulturen zu einer Blüte musikdramatischer Gattungen mit engerem „nationalen“ oder regionalen Bezug - noch lange vor dem Opernschaffen der bekannten und im Standardrepertoire geläufigen sog. „Nationalkomponisten“. Die Künstler wie auch das damals weniger elitäre Publikum sahen in Sprech- wie Musiktheater eine weitere Möglichkeit der nationalen Identifikation. Aber was war „national“? Welche sind die Parameter einer „Nationaloper“?
Durch die Vertonung „nationaler“ (landesgeschichtlicher) Stoffe und Sujets boten v.a. Helden und Chöre, die das Volk symbolisierten, großes Identifikationspotential. Die Motivbildung aus nationalem Musikgut (Volkslied) sowie die Verwendung von Volkstänzen (Stilisierung) und an Trachten angelehnten Kostümen dienten zur nationalen, aber auch zur soziologischen Markierung. Dass die Komponisten und Librettisten, die oft als Genies glorifiziert wurden, aus der entsprechenden „eigenen" Nation stammen sollten, liegt vielleicht auf der Hand - war aber oftmals gar nicht zutreffend. Ebenso konnte eine ursprünglich nicht national intendierte Oper allein aus Akklamation zur Nationaloper avancieren.
Nach einem kurzen historischen Überblick wurden die Parameter anhand verschiedener Opern aus Polen ("Halka" von Stanislav Moniuszko, 1858), Kroatien ("Gorenjski slavček" von Anton Foerster, 1872/1896) und Slowenien ("Nikola Šubić-Zrinjski" von Ivan pl. Zajc, 1876) sowie der Situation in Böhmen (Nationaltheater, "Die verkaufte Braut" von Bedřich Smetana, 1866) mit Audio- und Videobeispielen illustriert.
Text und Fotos: Magdalena Burger