Warschau Exkursion
„Warschau – Paris des Nordens“: Exkursion 22.-30. Juli 2012
Leitung: Prof. Dr. Ada Raev; Konzeption und Durchführung: Dr. Lidia Głuchowska
Unser Ziel war es, Warschau in seiner Vielfalt zu erleben: die Geschichte und die Gegenwart, welche hier wie kaum anderswo ineinandergreifen. Ablesbar sind sie aus der Urbanistik und der Straßenführung, den architektonischen Strukturen, aber auch aus der Sprache.
Gesehen haben wir sowohl die rekonstruierte mittelalterliche Altstadt und die Prachtpromenaden aus dem frühen 19. Jahrhundert als auch die barocken Parks und Schloesser Ujazdów und Wilanów. Die Überreste der Jugendstilviertel, die modernen Siedlungen Saska Kępa und Żoliborz erlaubten uns, die Eigenart der Warschauer Version dieser internationalen Stile zu erkennen. Das Fotoplastikon ermöglichte uns, einen Einblick hinter die Kulissen der Häuser, die es nicht mehr gibt, zu gewinnen und in die Gesichter aus der Vergangenheit zu schauen. Nachdenklich folgten wir den Spuren des Ghettos und des Warschauer Aufstandes, um anschliessend den ambivalenten Reiz und die Geschichte der sozialistischen Architektur der 1950er Jahre zu entdecken. Kunst, Literatur und Alltag erlebten wir doch als vielfältiger, als wir es aus den Büchern erfahren hatten. (Lidia Głuchowska)
Warschau begrüßte uns freundlich, sommerlich. Die Kasimir-Säule gegenüber dem wiederaufgebauten Schloss war der Ausgangspunkt für die täglichen Besichtigungsrouten. Lidia Głuchowska hatte sie mit Gespür für wichtige Orte und Themen zusammengestellt. Wir wandelten auf den Spuren von Chopin, ließen den Glanz der Art déco-Bauten, des polnischen Nationalstils, und den spröden Charme einer noch nicht sanierten funktionalistischen Siedlung jenseits der Weichsel, in der Nähe des Fußballstadions, auf uns wirken. Wir besuchten die Residenzen Łazienki und Wilanów, tauchten ein in die surreale Welt des ehemaligen sowjetischen Kultur-Palastes und betrachteten im Nationalmuseum Gemälde der polnischen Moderne. Jene Straßen, die einst zum Warschauer Ghetto gehörten, der Jüdische Friedhof, das Museum des Warschauer Aufstandes und die Reste der Sächsischen Achse konfrontierten uns mit der eigenen, schuldbeladenen Geschichte. Umso mehr genossen wir die Urbanität der polnischen Hauptstadt und die Köstlichkeiten der polnischen Küche und machten uns schließlich mit dem Wunsch nach Wiederkehr auf die Heimreise. (Ada Raev)
Das Denkmal der Ghettohelden, das Jüdische Theater, die Nożyk-Synagoge, das Jüdische Historische Institut, der Umschlagplatz, der Jüdische Friedhof – ein Tag, ganz anders als die anderen. Ein Mitglied der Exkursionsgruppe versuchte, uns das jüdische Warschau näher zu bringen. Auf diesen Spuren konnten wir verschiedene Gebäude, Ausstellungen und Denkmäler besichtigen. Insbesondere das Jüdische Institut, das die Geschichte der Warschauer Juden unter der Besatzung der Nazis erzählt, bewegt durch seine Ausstellung und Filmdokumentation. Unser weiterer Weg führte uns an einem Monument vorbei, das an einen offenen Güterwagen erinnert. Dieser offene Güterwagen von der Architektin Hanna Szmallenberg und dem Bildhauer Władysław Klamerus ist eine Gedenkstätte, die an die Deportation der Juden in das Vernichtungslager Treblinka erinnert und deswegen den Namen Umschlagplatz trägt. Nicht weit vom Umschlagplatz entfernt, befindet sich der Jüdische Friedhof von 1806. Dort standen wir vor einer hohen Backsteinmauer, hinter der sich über 100 000 Gräber befinden. Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten in Warschau über 360 000 Juden. Nach dem Holocaust zählt die heutige jüdische Gemeinde nur etwa 1000 aktive Mitglieder. Ein nachdenklicher und trauriger Bestandteil der Geschichte Warschaus. (Mira Banka)
„Es ist doch unmöglich, nach nur sechs Tagen in Warschau die Stadt schon so gut zu kennen und so viel gesehen zu haben!“ - wunderte sich eine polnische Freundin von mir, die mir am letzten Tag der Reise eine „Prüfung“ über Warschau abgenommen hat. Unser Kennenlernen der polnischen Hauptstadt wurde zur begeisternden Bekanntschaft mit ihren Aussichten, Adressen, Epochen, Geschichten, ihrem Rhythmus und ihrer Atmosphäre... (Alexandra Miroshevskaya)
Warm – Wandertouren – Weichsel – Wilanów – Wiesen – wunderschön – Das waren unter anderem unsere Erlebnisse in Warschau. In den Exkursionstagen habe ich unglaublich viele Eindrücke von der Hauptstadt Polens bekommen, die alle eine andere Seite mit unterschiedlichem Flair gezeigt haben. Zu meinen Favoriten der Exkursion gehört unter anderem das Chopin-Museum. Der Rundgang durch Chopins Leben war sehr visuell und medial aufbereitet, in den der Museumsbesucher an verschiedenen Stationen spielerisch mit integriert war. Besonders toll waren leere Bücher, auf deren Seiten der Text projiziert wurde. Dazu konnte man über Kopfhörer der Musik Chopins lauschen und in seine Welt eintauchen. Der zweite Ort, den ich persönlich sehr interessant fand, war das Zentrum für Gegenwartskunst im sanierten Barockpalais, dem Ujazdowski Schloss, unweit der schönen Warschauer Parkanlage – dem Łazienki-Park. Hier gab es hauptsächlich Videoinstallationen, zum Beispiel über die polnische Jugend der 60er oder über amerikanische Soldaten und ihre militärische Ausbildung mit PC-Spielen. Visuell und herrlich waren auch die Erlebnisse im Fotoplastikon, das älteste an seinem Originalplatz bestehende „Kaiserpanorama“ der Welt. Mit der Jazz-Musik im Hintergrund und den dreidimensionalen Bildern erzeugte der Raum einen magischen Ort und vermittelte gut, wie die Menschen früher durch „Illusionen“ vor der Realität geflüchtet sind. Im Gegensatz zu den vorher gehörten Eindrücken von Bekannten, die Stadt Warschau sei nicht schön, haben sich meine Kommilitonen und ich bei gemütlichen Abendstunden an der Sigismund-Säule (Kolumna Zygmunta) und dem Königsschloss, mitten in der Altstadt, ein anderes Bild gemacht: Eine pulsierende Hauptstadt mit einer wunderbaren Atmosphäre, die durch viele, vor allem junge, Straßenkünstler und eine collagenartige Architektur, gemischt aus Altem und Neuem, geprägt ist. In Warschau treffen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft so aufeinander, wie wahrscheinlich in keiner anderen Stadt. (Alice Nitsch)
Die Exkursion nach Warschau war ein tolles Erlebnis. Im Vorfeld wurde ich gewarnt, dass die Stadt nicht sehr schön sei. Dieses Urteil kann ich nicht bestätigen. Ich habe viele wunderschöne Bauwerke gesehen. Der Platz vor dem Königsschloss ist traumhaft und abends von einer wunderbaren Stimmung geprägt. Museen gibt es genügend und für jeden Geschmack. Am meisten haben mich das Nationalmuseum und das Chopin-Museum begeistert. Die Exkursion war zwar zwischendurch etwas anstrengend, aber alles in allem sehr gut organisiert. Ich habe viel gelernt. (Christina Reininger)
An Warschau hat mir besonders der Facettenreichtum der Stadt gefallen. Das Rekonstruierte und doch erhalten Gebliebene, das sich in verschiedenen Baustilen äußert, macht hier den Reiz eines Besuches aus. Den Status als UNESCO-Weltkulturerbestadt hat sich Warschau folglich zu Recht verdient. Zudem war das Museum zum Warschauer Aufstand 1944 für mich, neben den Schlössern mit ihren Parks, eine der interessantesten Institutionen, die wir besichtigt haben. (Franziska Schultheiß)
Zerstörung und Wiederaufbau, ein alle Bereiche des Lebens durchdringender Eklektizismus, die Atmosphäre einer Metropole… All dies ist für mich seit der letzten Uni-Exkursion unauslöschlich mit Warschau verbunden. Jedem Musikliebhaber wird das Chopin-Museum in der Okólnik-Straße besonders ans Herz wachsen, denn Wissen und Kunst fließen hier zusammen: Chopins Leben, Liebe und Tod, seine Bilder, Briefe und Gegenstände … begleitet von der einmaligen Musik des großen Genies. (Valerija Zaozerna)