Mathildenhöhe Darmstadt:
Ausstellung „Russland um 1900. Kunst und Kultur im Reich des letzten Zaren“
Die TeilnehmerInnen des Hauptseminars „Jugendstil in Osteuropa“ besuchten zusammen mit Frau Prof. Dr. Raev am 12.12. 2008 die Ausstellung „Russland um 1900. Kunst und Kultur im Reich des letzten Zaren“ auf der Mathildenhöhe in Darmstadt. Der frühe Aufbruch aus Bamberg war für viele Studierende zwar recht ungewohnt, allerdings wurden alle spätestens nach dem kleinen Rundgang über das Gelände der Mathildenhöhe durch die winterliche Kälte geweckt und bestens auf die Ausstellung eingestimmt.
Ein erster Hinweis auf die Beliebtheit des Ausstellungssujets und die Qualität der Ausstellung zeigte sich schon daran, dass sich unser Einlass wegen der Überfüllung der Ausstellungsräumlichkeiten verzögerte. Da sich auf dem Gelände der Mathildenhöhe neben den Gebäuden der Darmstädter Künstlerkolonie auch die zwischen 1897 und 1899 im Auftrag von Zar Nikolaus II. errichtete Russische Kapelle befindet, konnte die Wartezeit jedoch sinnvoll genutzt werden.
Endlich durften auch wir in die Ausstellung!
Schon der erste Raum mit seiner großen Übersichtskarte über das Russische Reich um 1900 vermittelte eine Idee, welch enormes Spektrum durch die Ausstellung abgedeckt wurde. Die Vielfalt der Völker Russlands wurde plastisch dargestellt durch eine Skulpturenserie, die die einzelnen ethnischen Gruppen in ihren unterschiedlichen Trachten zur Landkarte in Bezug setzte. Ebenso groß war die Bandbreite der Themen, die von Malerei über Kunsthandwerk und Textilien, Architektur, Bühnen- sowie Plakatkunst reichte.
So fanden wir in der Ausstellung Altvertrautes wie Werbeplakate für Singer-Nähmaschinen, die von reich geschmückten Russinnen in farbenprächtiger Tracht bedient werden, ebenso wie phantasievolle Bebilderungen uns fremder russischer Volksmärchen. In einem Ausstellungssaal wurden wir in die Welt der Künstlerkolonie Abramzewo und ihr für uns pittoreskes Kunsthandwerk entführt, während in anderen Räumen Wrubels Schwanenprinzessin darauf wartete, uns durch das melancholisch fiebrige fin de siècle der russischen Vorkriegsjahre zu begleiten. Die Welt der Ballets Russes erstand durch die wunderbaren Kostümentwürfe eines Léon Bakst wie auch durch die Musik Igor Strawinskys wieder zum Leben.
Gewaltig erschien uns daraufhin der Sprung zu Malewitschs Entwürfen für die futuristische Oper „Sieg über die Sonne“, die im gleichen Zeitraum entstanden. So vielfältig die Themen, so hilfreich war uns manchmal die Minimalgliederung, die die Ausstellung rahmte: Wir bewegten uns von der Thronbesteigung Nikolaus’ II. durch Aufstände und Krisen bis hin zur Ermordung der Romanows durch die Bolschewiki.
Kritik an den sich in bestimmten Bereichen überschneidenden Musikstücken schmälerten den Gesamteindruck des facettenreich dargestellten „Russland um 1900“ nicht. Wie man auf dem Gruppenfoto dieser Exkursion sieht, verbrachten alle Teilnehmer einen spannenden, interessanten und schönen Tag.
Ilona März, Franziska Ehrl