Katharina E. Scheffner, M.A. – Dissertation

Betreuung und Erstgutachter: Prof. Dr. Enrique Rodrigues-Moura (Universität Bamberg)
Zweiter Gutachter: Prof. Dr. Kai Nonnenmacher (Universität Bamberg)
Dritter Prüfer: Prof. Dr. Christian Schäfer (Universität Bamberg)

Disputation: 7. November 2018 an der Universität Bamberg.

Veröffentlichung: (2020) Verrat in den eigenen Reihen? Hernán Valdés literarische Produktion als Kritik an der chilenischen Linken im Kalten Krieg (= Romanische Literaturen und Kulturen 11). Bamberg: University of Bamberg Press. hier

Abstract

Seit Oktober 2019 gehen die Menschen in Chile wieder auf die Straße, um gegen die aktuelle politische und wirtschaftliche Lage zu demonstrieren. Es sind die größten Demonstrationen seit dem Ende der chilenischen Diktatur (1973–1990). Die Demonstrationen sind auch eine der Nachwirkungen der Diktatur, die tiefe Spuren in der ideologisch und ökonomisch gespaltenen Gesellschaft hinterlassen hat.

Der chilenische Autor Hernán Valdés (*1934) wurde zu Beginn der Diktatur gefangen genommen und gefoltert: Diese Erfahrung schrieb er in seinem Testimonialtext Tejas Verdes (1974) nieder und wurde quasi über Nacht weltberühmt, sein Text zum Beweisstück für die grausamen Verbrechen des chilenischen Militärs. Der nachfolgende Roman A partir del fin (1981) behandelt autofiktional die chilenische Gesellschaft vor und nach dem Putsch, kritisiert aber auch den demokratisch gewählten Präsidenten Salvador Allende und sein Regierungsbündnis Unidad Popular (1970–1973).

In dem vorliegenden Band werden diese Veröffentlichungen Valdésʼ im Wechselspiel von literarischer und empirischer Welt analysiert und miteinander in Beziehung gesetzt. Im Rahmen des Aufarbeitungsprozesses widmet sich diese Forschung der Rezeptionsgeschichte von Tejas Verdes und A partir del fin sowie ihren gesellschaftlichen Implikationen. Der frühere Text machte den Autor in der Opposition zu Pinochet berühmt, der zweite dagegen, der eine nuancierte Kritik am eigenen politischen Lager darstellt, erschwert weiterhin die Wahrnehmung und Diskussion des Romans in einer ideologisch tief gespaltenen Gesellschaft. In dieser Studie wird der Zusammenhang von Literatur, Rezeptionsgeschichte und Kanonisierung exemplarisch untersucht sowie die Verbindung von Literatur und gesellschaftlichen Aufarbeitungsprozessen dargestellt.