Gastvortrag Prof. Dr. José Colmeiro (University of Auckland, NZ)
»Memoria histórica y justicia global«
Bamberger Vorträge zu Literatur- und Kulturtransfer
Am 3. Juni 2014 organisierte die Professur für Romanische Literaturwissenschaft mit Schwerpunkt Hispanistik einen Gastvortrag mit dem Thema »Memoria histórica y justicia global« im Rahmen der Bamberger Vorträge zu Literatur- und Kulturtransfer. Zum spanischsprachigen Vortrag des Gastdozenten Prof. Dr. José Colmeiro (University of Auckland, NZ) fanden sich zahlreiche Studierende und Dozierende ein.
Prof. Colmeiro von der University Auckland in Neuseeland beleuchtete in seinem Vortrag die Bedeutung des historischen Gedächtnisses (»la memoria histórica«) in den postdiktatorischen Gesellschaften unserer Zeit; dies tat er am Beispiel des post-franquistischen Spaniens und ähnlichen Fällen in Lateinamerika (Argentinien und Chile). Zudem ging es um die verschiedenen Arten und Weisen sich mit den Schrecken der Vergangenheit auseinanderzusetzen oder dies eben bewusst auch nicht zu tun.
Zusätzlich zur vergleichenden Betrachtung der historischen und sozialen Entwicklungen diesseits und jenseits des Atlantiks widmete sich der Gastdozierende der Rolle des transnationalen historischen Gedächtnisses hinsichtlich der Entstehung verschiedener post-diktatorischer hispanischer Nationen; besonderes Augenmerk legte er dabei auf kulturelle, politische und rechtliche Maßnahmen. Hierbei wählte er Spanien, Chile und Argentinien, die in der Vergangenheit schon des Öfteren eine Art Vorbild- oder Modellfunktion übernommen haben, als konkrete Beispiele; drei Länder, die sich bereits seit einiger Zeit mit verschiedenen Möglichkeiten des Umganges mit ihrer turbulenten Vergangenheit und ihrer Geschichte voller Schmerz, Folter, dem Verschwinden unzähliger Menschen und Massenhinrichtungen auseinandersetzen.
Daraus ergaben sich einige Fragen: Wie haben sich die Maßnahmen und Prozesse entwickelt, um diese Erinnerungen zu bewältigen und wie erfahren – auch über Staatsgrenzen hinaus – die Opfer der Vergangenheit die Gerechtigkeit, die sie verdienen? Bis zu welchem Punkt konvergieren diese Maßnahmen im internationalen Raum und tragen zu einer universellen Rechtsprechung bei? Welche Rolle spielen soziale Bewegungen, die zu Zeiten der Globalisierung der Rechtsprechung ein »Gedächtnis ohne Grenzen« postulieren und bekräftigen? Zur Veranschaulichung wählte Prof. Dr. Colmeiro auch hier wieder ein passendes Beispiel: den Aufstieg und Fall des Richters Baltasar Garzón und seinen Kampf gegen die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die während der Diktaturen begangen worden waren, – zuerst auf nationalem Niveau in der Audiencia Nacional de España und später auf supranationaler Ebene am Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Seine Suche nach Vergeltung für die Ungerechtigkeit und Verbrechen der Vergangenheit, die in gewisser Weise Don Quijotes Kampf gegen Windmühlen gleicht, illustriert einerseits die Möglichkeiten, aber andererseits auch die Herausforderungen einer universellen Rechtsprechung angesichts einer neuen trans- und internationalen Dynamik.
(von Florian Lützelberger, Juni 2014)