Besuch der Ausstellung »Jüdisches in Bamberg« in der Villa Dessauer – Bericht
Professur für Romanische Literaturwissenschaft / Hispanistik
Exkursion im Rahmen des Seminars »Jüdische Kulturen in Lateinamerika« (SoSe 2014)
Mittwoch, 9. Juli 2014 / 14:30 Uhr
Im Rahmen des Seminars Jüdische Kulturen in Lateinamerika fand eine Führung durch die Ausstellung »Jüdisches in Bamberg« in der Stadtgalerie Bamberg, Villa Dessauer statt. Die von der Seminarleiterin Katharina E. Scheffner, M.A., organisierte Aktivität hatte zum Ziel, den Studierenden den historischen Ausgangspunkt der Reise der nach Lateinamerika migrierenden Juden näher zu bringen. Aufgrund der geographischen Gegebenheiten in Zusammenhang mit der monetären Ausstattung war es leider nicht möglich, eine Exkursion nach Lateinamerika zu organisieren, um dort heutiges jüdisches Leben zu studieren. Somit sollte den Studierenden verdeutlicht werden, warum viele europäische Juden es wagten, ins unbekannte und weit entfernte Lateinamerika aufzubrechen.
Historisch betrachtet gibt es Juden in Bamberg schon sehr lange: Sicherlich fanden einige schon mit den römischen Legionen zu Beginn unserer Zeitrechnung ihren Weg nach Bamberg, archivalisch belegen lassen sich die ersten Juden und die erste Synagoge zu Beginn des Mittelalters. Insgesamt ist die Quellenlage zu den Bamberger Juden recht dürftig; die meisten Quellen steuerte das Historische Museum Bamberg bei. Dabei verzichteten die Ausstellungsorganisatoren auf eine Zusammenarbeit mit der Forschungsstelle »Landjudentum« des Lehrstuhls für Europäische Ethnologie in Bamberg. Nichtsdestotrotz finden sich zahlreiche Objekte und Fotografien rund um das jüdische Leben in der Ausstellung, die den Studierenden einen Einblick in den historischen jüdischen Alltag zu geben.
Die Bamberger Juden wurden mehrfach der Stadt verwiesen und mussten bis zur Säkularisierung (1803) hohe Steuern und zusätzliche Abgaben an die Fürstbischöfe zahlen. Um 1900 waren die meisten Juden gut in die Bamberger Gesellschaft integriert, viele gehörten der Mittelklasse und dem engagierten und aufstrebenden Bürgertum an. So war auch die Familie Dessauer, welche die Villa Dessauer erbauen ließ, eine anerkannte Händlerfamilie, die im Hopfenhandel tätig war. Dabei handelte es sich bei „den Juden“ nicht um eine homogene Gruppe. Insbesondere aus Osteuropa zugezogene Juden grenzten sich durch ihre Kleidung, Sprache und Religionsausübung von den Christen, aber auch den bürgerlichen Juden ab. In der Architektur der 5. Synagoge, die 1910 eröffnet wurde, spiegelte sich das jüdisch-bürgerliche Selbstbewusstsein der Jahrhundertwende wider. Diese Synagoge brannte in der Reichskristallnacht 1938 aus, doch selbst dieser Angriff auf die jüdische Gemeinde öffnete nicht allen Bamberger Juden die Augen.
Der Schwerpunkt der Ausstellung lag auf dem jüdischen Leben um 1900 bis zum Ende des 2. Weltkriegs. Dabei wurde immer wieder betont, wie gut die jüdischen Bürger integriert waren, ohne dabei den zu jedem Zeitpunkt existierenden Antisemitismus außer Acht zu lassen. Zahlreiche private Erinnerungen und Erinnerungsstücke verdeutlichen die engen Verflechtungen zwischen Juden und Christen in Bamberg.
1943 wurden alle Juden, die nicht vorher migriert waren, in Arbeits- und Vernichtungslager verschleppt und ermordet. Es gab lediglich zwei Rückkehrer, die begannen, die Bamberger jüdische Gemeinde wieder aufzubauen. Den Großteil der neuen Gemeindemitglieder bezog die neue jüdische Gemeinde aus dem großen Displaced Persons-Lager, das in Bamberg bestand.
Der Versuch der »Wiedergutmachung« durch die Bamberger wurde durch Plakate mit Vortragsankündigungen angedeutet. Auch die Verarbeitung des Holocausts durch Nachfahren Bamberger Juden fand Platz in einem eigenen Raum, in dem sich zwei Kunstwerke mit den Nachwirkungen der Shoa beschäftigen.
Die Studierenden bedanken sich herzlich für die Zuschüsse durch die Professur für Romanische Literaturwissenschaft/Hispanistik.
(von Katharina E. Scheffner, Juli 2014)