Deambulando discimus – München als cervantinischer Peripatos
Professur für Romanische Literaturwissenschaft/Hispanistik
Exkursion im Rahmen eines cervantinischen Hauptseminars (SoSe 2018)
Der »Peripatos« (περίπατος) war ein großes Schulgebäude mit Vortragssälen und Säulenhallen, das den Zwecken des Unterrichts sowie der wissenschaftlichen Forschung diente. Dort hielt Aristoteles ab ca. 335 vor Chr. seine Lehre. Angeblich philosophierte Aristoteles mit seinen Schülern beim Spazierengehen, weshalb sie »Peripatetiker« genannt wurden. Im Jahr 1910 stellte Abraham Flexner den sogenannten Flexner Report über die Qualität des medizinischen Unterrichts in Nordamerika vor. Für den Report besuchte er 155 medizinische Hochschuleinrichtungen und etablierte dabei das Konzept »ambulando discimus«. Daran anknüpfend wählt die Professur für Romanische Literaturwissenschaft/Hispanistik für ihre Exkursionen jedes Mal einen neuen Peripatos (eine Region, eine Stadt, eine Straße, aber auch ein Gebäude etc.), der von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ausführlich durchschritten wird, mit dem Ziel, Lernen und Bewegung zu verbinden: »deambulando discimus«.
Mit München als Peripatos lasen, kommentierten und interpretierten wir in der cervantinischen Exkursion ausgewählte Episoden des DonQuixote. Immer mit dem Buch in der Hand wählten wir entsprechende Orte der Stadt München, denen verschiedene Episoden des Romans entsprechen könnten: ein typisches Gasthaus (venta), das Schloss Nymphenburg (palacio de los duques), ein Marionettentheater (el titerero maese Pedro) etc. Alle Teilnehmenden hielten Referate, die der Interpretation der Episoden in der Gruppe dienten. Die Exkursion inkludierte eine Führung zum Thema spanischer Barock in der Alten Pinakothek, eine Führung zur Ausstellung »Don Juan, Fausts spanischer Bruder« am Instituto Cervantes und den Besuch eines Marionettentheaters.
Einen Deutschland-Bezug stellten wir über die Diskussion und Interpretation folgenden Buches von Tobias Hübner her: Cartel / Auffzüge / vers und Anders / so bey der Fürstlichen Kindtauffe / und Freudenfest zu Dessa / den 27. und 28. Octobris dieses lauffenden 1613. Jahrs / In gehaltenem Ringel und Quintanen Rennen / Auch Balletten und Täntzen / den verordneten Herrn Judicirern / zuförderst aber den Anwesenden Fürstlichen Personen und Ansehenlichen gesandten / Wie auch dem hochlöblichen Frawenzimmer / von unterschiedlichen Compagnien Præsentiret worden (Leipzig, 1614). Diese Festbeschreibung enthält die thematischen Motto-Umzüge einzelner wetteifernder Gruppen. Eine romanistische Besonderheit dieser Publikation ist die Präsenz verschiedener Figuren des Romans DonQuixote (Don Quixote selbst, aber auch Sancho Panza, Dulcinea etc.). Für die bildliche Darstellung der cervantinischen Figuren ist Andreas Bretschneider verantwortlich. Nach heutigem Wissensstand gilt er als erster Künstler überhaupt, der Figuren aus dem Roman Don Quixote darstellte.
Leitung: Prof. Dr. Enrique Rodrigues-Moura und Katharina E. Scheffner, M.A.