Lehre
Wintersemester 2024/25
S/Ü: Institutionen der Frankophonie und frankophone Literatur
Die frankophone Literatur steht heute mehr denn je im Zeichen der Hinterfragung jener Ideale, die sich mit der Französischen Revolution verbreiteten. Über Frankophonie zu sprechen bedeutet aus literaturwissenschaftlicher Perspektive, sich mit einem extrem ausdifferenzierten Panorama zu beschäftigen, das auf verschiedensten Kulturen, ihren Geschichten und wechselseitigen Interaktionen aufbaut. Methodologisch sowie pragmatisch sollen in unserem Seminar relevante Aspekte beispielhafter Narrative aus einer Auswahl frankophoner Welten sowohl in ihrer Konzeption als auch als Kommunikationssysteme analysiert werden, um Strategien der literarischen Verhandlung und Grenzziehung zu erläutern. Neben diesem Teil der Forschung zielen unsere Sitzungen darauf ab, eine Kartografie der Präsenz der Frankophonie in nationaler und internationaler Dimension zu zeichnen, d. h. Netzwerke von Institutionen und Organisationen im öffentlichen wissenschaftlichen Raum zu berücksichtigen, sowie dessen Herausforderungen und Perspektiven. Dabei werden uns kultursoziologische und kulturwissenschaftliche Ansätze helfen, die sich u. a. auf kultursemiotische Überlegungen beziehen, jedoch auch auf Prozesse kultureller Platzierung und Hierarchisierung aufmerksam machen. Vereine, Verbände, Foren sowie Literaturpreise, Festivals und Verlage werden Teil unserer Auseinandersetzung sein. Dafür sollen zu unseren Quellen Presseartikel, aber auch Beiträge in den verschiedensten anderen Medien zählen.
S/Ü: Italien im 19. Jahrhundert – Literatur und Nation Building
Das 'Ottocento' profiliert sich für Italien als eine reichhaltige Epoche nicht nur aus literaturwissenschaftlicher Perspektive. Wenn die literarische Romantik das Jahrhundert eröffnet und mit I promessi sposi von Alessandro Manzoni der historische Roman auch in Italien Fuß fasst sowie Verismus und Scapigliatura neue Impulse setzen, die die Moderne in ihren Tiefen erschüttern, konstituiert sich das zersplitterte Land Italien auch politisch in Richtung eines Nationalstaates, was zumindest offiziell mit der Proklamation des Königreiches Italien am 17. März 1861 als vollendet erklärt wird. Das Risorgimento hinterlässt jedoch auch über das Jahrhundert hinaus deutliche Spuren und bringt unlösbare Widersprüche und Defizite mit sich, die die heutigen Kontroversen mitbestimmen, nicht zuletzt im Zuge der Entfaltung einer imperialistischen Politik, die die nationale Identitätsbildung begleitet. Vor dem Hintergrund einer Nation, die nach der Vereinigung noch als work in progress zu betrachten ist und von offizieller Seite auf unzureichende politische, wirtschaftliche und soziale Pfeiler aufgebaut ist, ist es Anliegen dieses Seminars, u. a. soziale Räume, kulturelle Praktiken und Formen des Wissens und von deren Vermittlung zu eruieren, die als Ausdruck der Epoche zu verstehen sind bzw. die Epoche kennzeichnen. Wie im 19. Jahrhundert politisches und literarisches Feld in Italien wechselseitig aufeinander bezogen sind, werden wir anhand repräsentativer Quellen untersuchen, u. a. mithilfe einiger Passagen aus dem Werk von Francesco De Sanctis. Dadurch werden wir uns auch mit Fragen zu Kanon und Kanonisierung beschäftigen sowie mit Kontinuitätslinien und Brüchen im literarischen Handlungsspielraum der Epoche wie bspw. der Präsenz neuer Akteure sowohl im Sinne der Produktion als auch der Rezeption von Kulturgütern. Das Seminar richtet sich auch an Studierende ohne Vorkenntnisse des Italienischen und ist als Erweiterung für die Vorbereitung des Staatsexamens besonders geeignet.
Sommersemester 2024
V/Ü: Kolonialismus und postkoloniale Debatten in Frankreich und Italien
Diese Vorlesung soll einen tiefgehenden Blick auf Konzepte, Motive und Theorien der Kolonial- und Postkolonialzeit mit besonderer Berücksichtigung fortwährender Prozesse und Brüche sowohl auf produktions , als auch auf rezeptionsorientierter Ebene bieten. Insbesondere gilt der Fokus der transnationalen Verflechtung der sich abspielenden Debatten, sowie auf deren Akteure und Stimmen, wobei auch Veränderungen in der Rolle der europäischen Mächte in der Welt mitverhandelt werden sollen. Die Erinnerung an die Kolonialgeschichte wurde (und wird noch) in vielen Ländern aufgrund eines bewußten Prozesses der Verdrängung von einer jahrzehntelangen Amnesie überdeckt, die spezifische Narrative zufolge haben. Kulturgeschichtliche Aspekte, aber auch Einflüsse von tradierten kolonialen Diskursen und Vorstellungen spielen dabei eine wichtige Rolle. Postkoloniale Denkansätze avancieren bereits in Folge der ersten Entkolonialisierungsbewegungen, die Etablierung einer postkolonialen Theorie im akademischen Bereich folgt jedoch erst in den 1970er Jahren. Dazu ist das weltberühmte Werk Orientalism (1978) von Edward W. Said der eindrucksvollste theoretische Auftakt.
Durch Berücksichtigung verschiedener Perspektiven und Fragen, die anhand ausgewählter Lektüren thematisiert werden sollen, will die Veranstaltung insbesondere den Fall Frankreich und den Fall Italien untersuchen. Gibt es zwischen den hier genannten Ländern einen direkteren Austausch als zwischen anderen Akteuren? Welche Motive lassen sich in den jeweiligen Debatten feststellen? Wie lässt sich das Phänomen Kolonialismus in Räumen, in denen bspw. der Import billiger als Eigenproduktion ist und Rohstoffe weit unter Weltmarktpreisen liegen, noch beobachten?
Chancen und Grenzen eines postkolonialen Denkens sollen anhand von Beispielen aus der Geschichte und der Gegenwart ins Zentrum unserer Aufmerksamkeit rücken und mittels literarischer Texte und anderer Materialien erarbeitet werden.
S: Kulturelle Politik und Medien in Italien
Kultur offenbart sich insbesondere in unserer Epoche der fortschreitenden Digitalisierung oft über medialisierte Welten, die auf mediatisierten Strategien aufbauen und wiederum weiteres Medienecho lostreten können.
Besonders in Italien hat der Einsatz der Medien mit dem Fortschreiten der Zeit nichts an Brisanz verloren: Sie lösen Debatten aus und steuern diese; schaffen Machtpositionen, ermöglichen die Stabilisierung der Macht, stets mit dem Potenzial zu deren Missbrauch; sie nehmen maßgeblichen Einfluss auf Kultur und erlebte Geschichte des Landes, beispielsweise über das Handwerk der Nachrichtenproduktion oder durch die Duldung des Erlasses von Gesetzen ad personam. Hierdurch läuft viele Jahrzehnte nach dem Ende des Faschismus der Kulturbereich Gefahr, Opfer von Eingriffen zur Durchsetzung persönlicher politischer Narrative zu werden. Eloquente Beispiele sind die aktuelle systematische Neubesetzung der Leitungsposten von Museen und anderen Kulturinstitutionen sowie die Umstrukturierung des Staatssenders RAI. Was Italien heutzutage erlebt, polarisiert die Meinungen. Prominente Stimmen wie diejenigen des Schauspielers und Regisseurs Nanni Moretti, aber auch von Marco Bellocchio und Matteo Garrone schrecken nicht vor Stellungnahmen zurück.
Ziel dieses Seminars ist es, nicht zuletzt anhand medienwissenschaftlicher Theorien einen Blick auf aktuelle Phänomene der italienischen Kultur zu werfen und damit eng verzahnte politische Strategien zu diskutieren. Zentrale Fragen, mit denen wir uns befassen werden, sind bspw.: Was ist unter „Legitimität demokratischer Systeme“ zu verstehen? Wie ändert sich der Begriff „öffentliche Meinung“ in Zeiten, in denen die Freiheit der Kultur gefährdet ist? Als Instrumentarium für die Analyse sollen u.a. Zeitungsartikel, Filmeausschnitte und Fernsehsendungen sowie Podcasts und Social Media herangezogen werden.
Ü: Textinterpretation und Literaturgeschichte - Französisch
Die Lehrveranstaltung bietet einen Überblick über die Epochen der französischen Literatur und ermöglicht so zu Beginn des Studiums einen Einblick in mögliche Vertiefungsgebiete. Anhand von ausgewählten Texten wird zusätzlich die Analyse der drei Hauptgattungen Narrativik, Lyrik und Drama erlernt.
Zu Beginn der Lehrveranstaltung werden Kopiervorlagen mit Textlektüren sowie einige literatur- und kulturhistorische Aufsätze im Virtuellen Campus bereitgestellt. Die Sitzungen finden in deutscher Sprache statt, allerdings sind französischsprachige Texte Basis unserer Lehrverastaltung und sie sind nicht immer in Übersetzungen vorhanden, weshalb ein passives Verständnis des Französischen äußerst hilfreich ist.
Wintersemester 2023/24
S/Ü: Grundlagen der romanischen Literaturwissenschaft
Am Beginn des Studiums der Romanischen Literaturwissenschaft stehen zwei Lehrveranstaltungen: a) diese Einführung in die Grundbegriffe, theoretischen Grundlagen und Arbeitstechniken der Literaturwissenschaft, die für alle Literaturen gemeinsam angeboten wird, und b) literaturspezifische Übungen für Französisch, Italienisch, und Spanisch, in denen die Interpretation und historische Situierung ausgewählter französischer, italienischer und spanischer Texte erlernt und geübt wird.
Der Grundkurs führt in die Literaturwissenschaft (Grundbegriffe, Theorien und Methoden, Grundlagen der Textanalyse etc.) ein und bietet ferner Anleitungen zur Praxis der Analyse verschiedener Textsorten der Romania: Lyrik, Drama, Epik/Prosa. Die Lehrveranstaltung ist für Studienanfänger (Erstsemester) geeignet, da keine vertieften Sprachkenntnisse vorausgesetzt werden; als Referenztexte dienen klassische Werke der romanischen und antiken Literatur. Es handelt es sich um Pflichtlektüre, die zu Semesterbeginn genannt wird. Kopiervorlagen zu den entsprechenden Textauszügen sowie einige literaturtheoretische Aufsätze, anhand deren Grundlagen und Methoden des Faches diskutiert werden sollen, werden im Virtuellen Campus ausgegeben werden. Voraussetzung für den Erhalt eines Scheins bzw. einer Note ist die bestandene Abschlussklausur. Die Lehrveranstaltung wird durch ein verpflichtendes Tutorium ergänzt.
V/Ü Künstliche Intelligenz: der Mensch als Maschine – die Maschine als Mensch
Die Vorlesung bietet einen tiefgreifenden Blick auf Fortschritte, Anwendungsbereiche und Perspektiven bzw. Realisierungsmöglichkeiten der „Künstlichen Intelligenz“, die das Verhältnis zwischen Mensch und Maschine ebenso verändert hat wie die Wahrnehmung des Menschen von sich selbst und mitunter von der Außenwelt. Eine Sonderstellung soll hier der relational view einnehmen, nicht nur in Bezug auf den interdisziplinären Analyseansatz, sondern auch, was das Raumverständnis angeht, da wir uns u. a. auch mit dem Kulturtransfer zwischen Frankreich und Italien beschäftigen werden.
Diskutiert werden sollen neben der Mensch-Maschinen-Interaktion sowie Konfigurationen und Möglichkeiten der heutigen Wissenschaft auch die mythischen Ursprünge und Träume (u. a. zur Erschaffung eines neuen Menschen), die im Laufe der Jahrhunderte Hoffnungen und Wünsche geweckt, jedoch in den aktuellen Formen der KI eine Konkretisierung gefunden haben. Ob es sich bei dem einen und dem anderen Fall um eine Utopie oder Dystopie des Transhumanen handelt, soll anhand konkreter Projekte bzw. Werke (Medizin, Technik, Literatur, etc.) reflektiert werden. Systeme Künstlicher Intelligenz, denen wir mittlerweile in fast allen Bereichen unseres Lebens begegnen, werfen zahlreiche wesentliche philosophische und ethische Fragen auf. Diese beginnen jedoch in der Kulturgeschichte Europas bereits deutlich früher. Was wollen wir werden? Können Maschinen wie Menschen Verantwortung übernehmen? Welche Gefahren bringt KI mit sich? Mechanische Automaten, Monster, Androiden, jedoch auch Holzpuppen sollen in unser Repertoire einfließen und eine Chronik unseres Diskurses zeigen. Bei unserem Forschungsgebiet geht es nicht nur um Wechselbeziehungen zwischen Literatur- und Technikgeschichte, sondern eher um die Untersuchung von Korrektiven, Karikaturen und Visionen, in welchen sich der immer wieder in Menschen auftretende Impuls manifestiert, die Grenzen des Möglichen zu überschreiten. Darüber hinaus sollen die Schnittstellen, die das Thema impliziert, gezeigt werden.
Sommersemester 2023
S: Ikonographien des Körpers im kolonialen und postkolonialen Zeitalter = Iconografie del corpo in età coloniale e postcoloniale
Machtmechanismen und Machtrelationen prägen individuelle sowie soziale Körper und deren Repräsentation. Dies verbindet Konzepte des Ästhetischen (aber auch des Ethischen) mit Praktiken wie jener der Disziplinierung und Ordnung im Sinne Foucaults. Thematisiert und inszeniert werden Körper auch im kolonialen Zeitalter: Damals bedeutet ein neues Land in Besitz zu nehmen, nicht nur die Kolonialisierten zu unterdrücken, sondern – zumindest für die (männlichen) Eroberer – zuallererst ebenfalls ein Anrecht auf die dortigen Frauen. Der weibliche Körper gerät also zum Raum der Kriegsführung, jedoch gleichzeitig auch der Begegnung zwischen Herrschern und Beherrschten. Ausgehend von den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts, einer Zeit, in der auch in Italien Begriffe wie jene der Rassentheorie und Rassenlehre wissenschaftlich, aber auch literarisch und publizistisch einen hohen Wert besitzen, ist es Ziel dieses Seminars, Körperdiskurse und Diskursformationen bis zum postkolonialen Zeitalter zu analysieren, um daraus Kontinuitätslinien sowie Brüche abzuleiten. Als Quellen sollen auch Comics, Kinderbücher, Karikaturen sowie Beispiele aus der Filmkunst und Musik und nicht zuletzt aus der Werbung dienen.
Meccanismi e relazioni di potere sono alla base della formazione del corpo, sia esso individuale o sociale, e della sua rappresentazione. In entrambi i casi concetti estetici (ma anche etici) vengono combinati a pratiche come quella della disciplina e dell’ordine (Foucault). In epoca coloniale la tematizzazione e la messa in scena del corpo è frequente: impadronirsi di un nuovo Paese significa non solo opprimere i colonizzati, ma – almeno per i conquistatori (maschi) – avere prima di tutto un diritto sulle donne del posto. Il corpo femminile si trasforma così in uno spazio di guerra, ma allo stesso tempo di incontro tra dominatori e dominati. Partendo dagli ultimi decenni dell'Ottocento, epoca in cui termini come quelli di teoria delle razze e di dottrina razziale hanno in Italia un alto valore in ambito scientifico così come in campo letterario e giornalistico, questo seminario intende esaminare i discorsi sul corpo e le formazioni discorsive attinenti arrivando fino all'era postcoloniale per sondarne linee di continuità e di rottura. Tra le fonti che si utilizzeranno ci saranno anche fumetti, libri per bambini, caricature, nonché esempi tratti dall'arte cinematografica, dalla musica e, non da ultimo, dalla pubblicità.
S/Ü: Textinterpretation und Literaturgeschichte / Staatsexamenstexte Italienisch
Die Übung dient der Vorbereitung der literaturwissenschaftlichen Abschlussklausur im Staatsexamen Italienisch. Die Veranstaltung richtet sich an fortgeschrittene Studierende, die sich auf das schriftliche Staatsexamen vorbereiten, da die Inhalte des Kurses dem Kanon für das Staatsexamen (Schwerpunkte: Lyrik und Dramatik; auf Wunsch der Studierenden auch Werke aus der Narrativik) entsprechen. Den Studierenden wird die Möglichkeit gegeben, am Beispiel eines möglichen Prüfungsgebietes Aufgaben für die Prüfungsvorbereitung zu erarbeiten. Außerdem dient die Übung der Wiederholung von Textanalyse und literaturgeschichtlichen Aspekten und eignet sich auch für Studierende, die ihre Fachkenntnisse vertiefen wollen. Das genaue Programm wird in der ersten Sitzung gemeinsam besprochen und erarbeitet.