Bamberger Veranstaltungsreihe "Kulturen der Jüdischkeit" eröffnet
Forschungsinitiative formiert sich weiter
Am Montag, 2. Mai 2022, eröffnete die Bamberger Forschungsinitiative Jüdischkeit eine auf Regelmäßigkeit angelegte Veranstaltungsreihe "Kulturen der Jüdischkeit", in der künftig die zehn Professorinnen und Professoren ihren Forschungsschwerpunkt öffentlich präsentieren und gemeinsam diskutieren wollen. Beteiligt sind neben Judaistik die Literatur-, Kultur- und Sprachwissenschaften aus Anglistik, Germanistik, Romanistik und Slavistik und die Kommunikationswissenschaften.
Die Initiative will sich weiter an der Bamberger Universität und darüber hinaus vernetzen und künftige Verbundforschung damit vorbereiten. Damit sollen auch das Zentrum für Interreligiöse Studien und ein geplantes Zentrum für Forschungen in der Moderne forschungsorientiert gestärkt werden, wie Dekan und Mitglied der Initiative Prof. Dr. Markus Behmer betonte.
Ein wissenschaftlicher Blog http://juedisch.hypotheses.org trägt systematisch die Aktivitäten der Gruppe zusammen. Ein abgestimmtes Lehrangebot ergänzt die Forschungsinitiative, etwa im Sommersemester 2022 zu „Judentum der Gegenwart" (Prof. Talabardon), zur „Jüdischen Lyrik im nationalsozialistischen Deutschland" (Prof. Hermann) oder zu „Jewish-American Literature and Culture“ (Prof. Pascal Fischer)
Passauer Romanistin Marina Hertrampf über das Spiel mit den Geschlechtern in der postmigrantischen französischen Literatur
Für die Auftaktveranstaltung lud der Romanist Prof. Dr. Kai Nonnenmacher im Rahmen seines Seminars über jüdische Identität im Frankreich der Gegenwart die Passauer Romanistin Prof. Dr. Marina Hertrampf ein, die mit der Autorin Karine Tuil die zweite Generation mit tunesisch-jüdischem Hintergrund vorstellte: Aus ihrer jüdischen Romantrilogie um 2000 zum fiktionalen Spiel mit dem modernen Judentum, zu den intertextuellen Bezügen sowohl zur jüdischen Tradition als auch zum französischen Literaturkanon wählte sie einen Text über den Kampf der jüdischen Mütter und Töchter um Autonomie und Anerkennung als Frau in einer oft als patriarchal wahrgenommenen Lebenswelt der Diaspora. Jüdische Gegenwartsliteratur kann nie nur national betrachtet werden, da die Identitäten sich in einer Welt des Exils, der Migration und der Globalisierung vermischen. Umso spannender, wie sich Gruppen auch über die fiktionale Verhandlung oder komisch-burleske Überzeichnung repräsentieren, etwa über die allmächtige jiddische Mamme, diesen Topos weiblicher jüdischer Identität. So verglich Professorin Hertrampf die zukunftsorientierten, spielerischen Entwürfe von Weiblichkeit in den französischen Literaturen mit jüdischem, muslimischem und Sinti-Roma-Hintergrund.
Fulbright-Gastprofessor Mark Bernheim über amerikanisch-jüdische Literatur
Gegenwärtig plant die Gruppe unter anderem einen Salon-Abend der Graduiertenschule Literatur, Kultur, Medien mit dem amerikanischen Fulbright-Gastprofessor Mark Bernheim in Bamberg zum Thema „Welches Judentum studieren wir?“
Vorbereitung eines wissenschaftlichen Workshops im Winter 2022/23
Um sich weiter als Forschungsgruppe zu formieren, wird gegenwärtig für Dezember 2022 ein Forschungs-Workshop vorbereitet, der „Entwürfe jüdischer Säkularität“ aus interdisziplinärer Perspektive diskutiert, koordiniert u.a. von Prof. Pascal Fischer und Prof. Iris Hermann. Eine Erweiterung der Gruppe etwa auf sozialwissenschaftliche Aspekte ist durchaus denkbar. Jüdischkeit ist auch jenseits der Religion, in einer säkularen Lebenswelt, ein wichtiger Identitätsfaktor in der pluralen Moderne, etwa in der Medien- und Populärkultur wie Musik, Film und Mode (Prof. Jürgensen) oder dem kreativen Umgang mit dem Jiddischen in der Moderne (Prof. Birzer) . Damit will die Gruppe zur weiteren Forschungsprofilierung der Fakultät für Geistes- und Kulturwissenschaften in der Erforschung der Gegenwart beitragen und eine mögliche Schnittstelle bei dem Aufbau eines wissenschaftlichen Zentrums für die Moderne bilden.