Nano-Cathedral
Inhalt und Ziele
Das Nano-Cathedral Projekt ermöglichte eine internationale Zusammenarbeit von Institutionen, Universitäten und Dombauhütten in sechs europäischen Ländern mit dem Ziel, neue, maßgeschneiderte Festigungs- und Hydrophobierungsmittel auf der Basis von Nanotechnologie für den Erhalt von verwitterten Steinen zu entwickeln und zu testen. Neben breit angelegten Versuchen im Labor dienten begrenzte Bereiche an fünf herausragenden historischen Kathedralen (Gent, Köln, Pisa, Vitoria-Gasteiz und Wien) sowie an der modernen Oper von Oslo als Testfläche. Dabei handelte es sich um verschiedene Gesteinsarten (Kalkstein, Sandstein und Marmor) in unterschiedlichen klimatischen Gebieten mit unterschiedlichen Verwitterungsprozessen. Die Universität Bamberg beteiligte sich im Nano-Cathedral Projekt mit zwei sehr unterschiedlichen Expertisen. Zum einen wurde ein verfeinertes Monitoringsystem mit photographischen Methoden angewandt, um die Testflächen an den Kirchen und der Osloer Oper zu kartieren, dokumentieren und über die Testphasen hinweg zu überwachen. Veränderungen auf der Steinoberfläche konnten auf diese Weise sichtbar gemacht werden und gaben zudem Aufschluss über die Wirksamkeit der aufgetragenen, neuen Nanoprodukte.
Im Gegensatz zu den gängigen Verfahren war hier kein Probenmaterial für Untersuchungen erforderlich. Zum anderen war die Kompetenz des Bamberger Centrum für Empirische Studien (BACES) für die Untersuchung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Auswirkungen der Einführung der neuentwickelten Schutz- und Festigungsmittel aus Nanobasis gefordert. Dazu wurden verschiedene Zielgruppen wie die Produzenten von Steinkonservierungsmitte, die Anwender solcher Produkte und auch die allgemeine Bevölkerung befragt.
Offizielle Webseite: www.nanocathedral.eu
Methode
Monitoring
Beim Monitoring wurden fünf Analysemethoden, die allesamt zu den NDTs (Non-Destructive-Testing Methods) zählen, kombiniert. Es handelt sich zudem um bildgebende Verfahren. Mithilfe der Photogrammmetrie werden die verschiedenen Ergebnisbilder verzerrungsfrei übereinander gelagert und in einen CAD-Plan zusammengeführt. Zur Anwendung kamen UV-Fluoreszenz-Fotografie, VIS-Fotografie (Farbfotografie), Infrarotreflektographie, 3D-Scanning und 3D-Oberflächenvergleiche. Innerhalb des Projektes konnten zwei Monitoring Kampagnen realisiert werden. Mit der ersten Kampagne im April / Mai 2016 wurde der Ausgangszustand der Versuchsflächen dokumentiert.
Die Dokumentation diente den Restauratoren der beteiligten Dombauhütten als Grundlage für eingehende Voruntersuchungen. Schadensphänomene sowie Oberflächendetails wie etwa Farbreste konnten leicht differenziert, charakterisiert und auf den Plänen kartiert werden. Anhand dieser Informationen konnten die Restauratoren vor der Behandlung mit neuen Produkten vorbereitende Maßnahmen festlegen. In einigen Fällen benötigten die Oberflächen nur eine Reinigung mit destilliertem Wasser. Andere Versuchsflächen waren mit schwarzen Krusten bedeckt, was eine Reinigung durch Mikropartikelstrahler erforderte. Nach Abschluss der vorbereitenden Maßnahmen wurden die Testfelder im Sommer 2017 mit den neu entwickelten Konsolidierungs- und Hydrophobierungsmittel behandelt.
Anschließend wurde die zweite Monitoring-Kampagne im Oktober/November 2017 durchgeführt. Durch einen Vergleich der beiden Kampagnen können Oberflächenveränderungen durch ein Jahr Verwitterung sowie die Reinigungsmaßnahmen und die Behandlung mit den neuen Materialien nachgewiesen und visualisiert werden. Der 3D-Vergleich zeigt Oberflächenveränderungen von bis zu 20 mm. Im VIS-Bild ist es hingegen schwierig, den Oberflächenverlust zu detektieren, aber mögliche Farbänderungen aufgrund der aufgebrachten Materialien können leicht erfasst werden. Einige der verwendeten Materialien sind im UV-Fluoreszenzbild sichtbar. Dies ist daher eine geeignete Methode, um das Witterungsverhalten der UV-aktiven Konservierungsmittel zu dokumentieren, während das Wachstum von Algen, Flechten und Krusten mit Hilfe der IR-Reflektographie erfasst werden kann. Die Überlagerung der verschiedenen Techniken in einem gemeinsamen Plan kann den Wert der Beobachtung und Analyse der Oberflächen signifikant erhöhen und Veränderungen zwischen mehreren Monitoringkampagnen können direkt verglichen werden.
Untersuchungen der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Effekte
BACES hat sich auf die Untersuchung der sozialen Auswirkungen konzentriert, wobei es zu allen Fragestellungen wesentliche Beiträge geleistet hat. Bei der Analyse der wirtschaftlichen Auswirkungen waren vor allem italienische, bei der Analyse der kulturellen Wirkungen vor allem österreichische Partner beteiligt.
BACES führte unter anderem eine breit angelegte repräsentative Befragung der Bevölkerungen in den Projektländern durch, um die Akzeptanz von neuen Technologien und insbesondere der Nanotechnologie zu erfassen. In Einzelgesprächen wurden Vertreter der einschlägigen Produzenten von Steinkonservierungsprodukten zu ihren Einschätzungen des Potentials von Steinbehandlungsmitteln auf Nanobasis befragt. Schließlich wurden auch die Anwender von Festigungs- und Schutzmitteln zu ihren Erwartungen und Vorbehalten gegenüber den neu entwickelten Mitteln befragt. Dies erfolgte in mehreren Workshops und besonders intensiv im Rahmen von Gruppendiskussionen mit den Steinmetzen und Restauratoren der Kölner Dombauhütte.
Die wirtschaftlichen Folgen der Einführung von neuen Steinkonservierungsprodukten auf Nanobasis zeigen sich auf verschiedenen Ebenen, wie eine Marktanalyse unter den Produzenten aufweist. Der Markt für maßgeschneiderte Festigungs- und Schutzmittel zur Steinkonservierung beschränkt sich demnach nicht nur auf den Bereich der Denkmalpflege sondern auch auf neue Gebäude. Nanotechnologie stellt für die meisten Produzenten keine große Herausforderung dar, da zum Teil bereits Nanomaterialien eingesetzt werden, Investitionen stetig vorgenommen werden und die vorhandenen strengen Arbeitsschutzgesetze zum Schutz bei der Herstellung ausreichen. Die Bevölkerungsbefragungen zeigten in allen untersuchten Ländern eine große Offenheit für neue Technologien, die mehrheitlich als besonders wichtig für die Entwicklung ihrer Länder bewertet wird. Die Befragten hielten sich selbst in der Regel für technologiefreundlicher als die Gesellschaft als Ganzes. Je größer das Wissen, über Nanotechnologie desto höher war die Akzeptanz. Insgesamt lässt sich schlussfolgern, dass die Anwendung von Steinbehandlungsmitteln auf Nanobasis von der Bevölkerung derzeit als weitgehend unproblematisch eingeschätzt werden würde. Die Befragten in den untersuchten Ländern erachteten den Erhalt kultureller Güter und Monumente als wichtige gesellschaftliche Aufgabe. Ihrer Meinung nach sollte der Denkmalschutz auch mit öffentlichen Mitteln gefördert werden. Deutlich mehr Befragte in Spanien und Italien bewerteten allerdings diesen Aspekt als wichtiger als in Deutschland, Österreich oder gar in Norwegen. Ein ist man sich, dass der Schutz und Erhalt von Baudenkmälern die kulturelle Identität der Bevölkerung stärkt und den Tourismus fördert. Eine große Mehrheit bevorzugt renovierte und gesäuberte Fassaden. Bemerkenswert ist, dass ein guter Zustand bei modernen Baudenkmälern die wahrgenommene Attraktivität in noch höherem Maße förderte. Der Einsatz moderner Schutzmitteln zur Steinkonservierung wird generell befürwortet.
Bei Restauratoren und Steinmetzen waren die Einschätzungen zum Nutzen neuer Festigungs und Schutzmittel aufgrund ihrer Erfahrungen reservierter. Es gab Zweifel, ob neue Mittel einen starken Mehrwert gegenüber den konventionellen Mitteln haben, auch wenn die derzeit zur Verfügung stehenden Mittel nicht immer befriedigend sind. Eine weitere Rolle spielte die schlechte Erfahrungen in der Vergangenheit mit zahlreichen Innovationen und Mitteln, welche die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllt haben oder die Baudenkmale sogar schädigten. Dennoch waren die Anwender offen für Innovationen und zeigten Interesse für Nanotechnologie und deren Einsatz im Bereich Denkmalschutz. Schon in den vergangenen Jahrzehnten hat sich das Arbeitsfeld der Restauratoren und Steinmetzen durch die Einführung unterschiedlicher neuer Techniken, Werkzeuge und Mittel durchaus auch zum Positiven verändert.
Ausblick
Das Nano-Cathedral Projekts hat eine neue Phase bei der Behandlung von Baudenkmalen eingeleitet. Auf dem Gebiet der Festigungsmittel konnte durch Nanotechnologie die Anbindung an Mineralkornoberflächen erheblich verbessert, eine effizientere Brückenbildung erreicht und ein geringeres Schrumpfverhalten erzielt werden als bei Kieselsäureester. Als Vorteil der neuen Produkte wird ihre Kombinierbarkeit mit herkömmlichen Festigungsmitteln betrachtet. Für eine abschließende Bewertung ist es allerdings noch zu früh. Es ist geplant, das Monitoring nach Beendigung des Projekts weiterzuführen, um die Langzeitwirkung der Steinkonservierungsprodukte zu testen.
Aktuelle Publikation
Rahrig, Max / Drewello, Rainer / Lazzeri, Andrea: Opto-Technical Monitoring – A standardized methodology to assess the treatment of historical stone surfaces, in: Int. Arch. Photogramm. Remote Sens. Spatial Inf. Sci., XLII-2, 945–952 (https://doi.org/10.5194/isprs-archives-XLII-2-945-2018).
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