Fremdheitskonzepte und Fremdheitszuschreibungen in interreligiöser Bildung (abgeschlossen: 2020)
Janosch Freuding (Dissertationsprojekt)
Das interreligiöse Lernen, die didaktische Auseinandersetzung mit verschiedenen Religionen im Rahmen von religiösen Lernprozessen, ist zweifellos ein komplexes Themenfeld. Strukturierend ordnen lässt sich dieses Lernfeld u. a. durch die Grundannahme, dass beim interreligiösen Lernen die "eigene" Religion auf "andere/fremde" Religionen trifft. In dieser Hinsicht sind beim interreligiösen Lernen jedoch immer wieder Otheringprozesse, Prozesse des "Fremd- bzw. Andersmachen", zu beobachten. Othering ist ein Begriff aus der Postkolonialen Theorie, die sich mit dem kolonialisierten Subjekt befasst, das über Jahrhunderte vom „Okzident“ als „fremd/anders“ konstruiert wurde und sich bis heute diesen Strukturen der Fremdzuschreibung unterworfen sieht. Durch Otheringprozesse im Rahmen interreligiösen Lernens werden fremde Religionen "fremder" gemacht, um sie stärker von der eigenen Religion zu unterscheiden, und so das Eigene stärker als das Eigene zu definieren. Insgesamt ist jedoch zu konstatieren, dass die Kategorien "eigen" und "fremd" ordnende Strukturierungen der Welt bilden, die immer wieder im Widerspruch zu ständig ablaufenden, dynamischen, transkulturellen Überschneidungsprozessen stehen.
Die Dissertation
- systematisiert zentrale Erkenntnisse der postkolonialen Othering-Theorie und zeigt die negativen Mechanismen von Othering auf, die mit gesellschaftlichen Ausgrenzungsstrukturen einhergehen. Gleichzeitig wird Othering als ein Ordnungsprinzip gewürdigt, mit dem Menschen ihre Umwelt in mythischer Art und Weise strukturieren und verstehbar machen.
- anerkennt die Pluralität der Ordnungen, die ein interreligiöses Lernumfeld strukturieren können, und zeigt auf, dass die Kategorien "eigen" und "fremd" stets von einer bestimmten Ordnung abhängig sind, die ein Lernumfeld strukturiert. Es ist wichtig, die jeweiligen "Grundordnungen" bei interreligiösen Lernarrangements zu berücksichtigen.
- leitet aus den Ergebnissen der Befassung mit Othering und Ordnungsstrukturen Folgerungen für interreligiöses Lernen ab, das bestrebt ist, "vereindeutigende" Eigen-/Fremdheitskonstruktionen zu vermeiden.
Die Studie wurde im September 2020 mit dem Titel "Fremdheitskonzepte und Fremdheitszuschreibungen im interreligiösen Lernen. Erfahrungs-, ordnungs- und otheringtheoretische Klärungen und Perspektiven" beim Promotionsausschuss der Fakultäten GuK und Huwi der Universität Bamberg eingereicht, im Dezember 2020 als Dissertation angenommen und im Rahmen einer Disputation erfolgreich verteidigt.