Promotion: „Wenn du Schwarz bist, bleibst du Schwarz“
„Wenn man einen schwarzen Kaffee bestellt, ist das kein Problem, das ist für mich keine Beleidigung“, beginnt Raphael Ekamba das Gespräch. Er lacht - ein ansteckendes Lachen. Das lockert auf. So direkt geht Ekamba auch in seinen Lehrveranstaltungen mit dem Thema Rassismus um. Er hat an der Hochschule Coburg Soziale Arbeit studiert. Seine kooperative Promotion wurde hier von der Menschenrechtsexpertin Prof. Dr. Claudia Lohrenscheit begleitet. Von Seiten der Otto-Friedrich-Universität Bamberg hat Prof. Dr. Rita Braches-Chyrek vom Lehrstuhl für Sozialpädagogik das Thema betreut. Ekamba war zudem Lehrbeauftragter an beiden kooperierenden Hochschulen.
Spezifische Forschung nötig
Studien belegen: Menschen mit Migrationsgeschichte sind doppelt so häufig von Arbeitslosigkeit betroffen, wie Menschen ohne Migrationsgeschichte. Die Gründe dafür sind zum Beispiel strukturelle Hürden, etwa durch mangelnde Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse. Aber auch Vorurteile, Entwertung und Unterschätzung führen zu einer ungleichen Teilhabe auf dem Arbeitsmarkt. Bislang fehlen jedoch in Deutschland differenzierte Daten darüber, in welchen sozialen Gruppen welche Probleme auftreten. „Deutschland ist längst eine Migrationsgesellschaft und man kann soziale Probleme nur verstehen, wenn man das Thema Rassismus detailliert in den Blick nimmt“, sagt Raphael Ekamba. In seiner Forschungsarbeit hat er gezielt erhoben, welche Probleme Menschen afrikanischer Herkunft, ob mit oder ohne deutschen Pass, auf dem Arbeitsmarkt haben. Professorin Lohrenscheit begleitete Ekamba bereits bei seiner Masterarbeit im Konsekutiven Masterprogramm Soziale Arbeit (KMSA) an der Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit. Sie sieht in der Doktorarbeit einen wertvollen fachwissenschaftlichen Beitrag: „Die Untersuchung von Rassismus als Faktor bei der Arbeitsmarktintegration war bislang kein breiter Schwerpunkt in der Forschung. Deshalb fällt dieser Arbeit eine hohe Bedeutung und ein besonderer Stellenwert zu. Damit nicht ‚alles beim Weißen‘ bleibt, braucht es Forschungsarbeiten, wie die hier vorgelegte, dringend.“
Konjunktur bestimmt mit
Für seine empirische Studie hat Ekamba qualitative leitfadengestützte Interviews mit zwanzig Schwarzen Personen aus dem gesamten Bundesgebiet geführt und ausgewertet. Die Ergebnisse belegen, dass fast alle einen akademischen Abschluss haben, viele in Deutschland geboren wurden oder als Kinder hierherkamen und die Sprache perfekt sprechen. Die Chancen auf dem Arbeitsmarkt sind jedoch stark abhängig von der wirtschaftlichen Konjunktur, erklärt Ekamba: „In Bereichen wie der IT-Branche, im Maschinenbau oder in der Pflege spielt die Hautfarbe bei der Einstellung eine untergeordnete Rolle, denn hier werden gerade qualifizierte Leute gesucht.“ Ein Problem sei eher das Karrierelimit, die sogenannte gläserne Decke. Das bedeutet, Schwarze Deutsche können nur bis zu einer gewissen Position aufsteigen. „In Branchen, in denen ein Wettbewerb unter Bewerberinnen und Bewerbern stattfindet, werden weiße Deutsche immer noch bevorzugt eingestellt, selbst wenn sie schlechter qualifiziert sind. Hier gibt es eine Hierarchisierung.“ Ob im Bewerbungsverfahren, bei der Anerkennung von Leistungen oder bei der Entlohnung: Alle Befragten gaben an, Erfahrungen mit Rassismus gemacht zu haben. Nichtsdestotrotz erleben sie den Kontakt mit Kolleginnen und Kollegen oder Vorgesetzten häufig als sehr positiv und unterstützend.
„Rassismus hat mit Macht zu tun“
„Ich habe früher nie geglaubt, dass es Rassismus gibt. Ich habe erst in Deutschland verstanden, was das bedeutet“, schildert Raphael Ekamba seine persönlichen Erfahrungen. Er kam als Erwachsener nach Coburg. In Kinshasa, der Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo, hat er Betriebswirtschaftslehre studiert. Danach ging er als Diplomat für einige Jahre nach Peking. „In vielen Teilen Chinas sind mir Gruppen von Menschen hinterhergelaufen, und wollten mich berühren oder ein Bild mit mir machen. Das war wirklich nicht angenehm, aber es hat mich nicht verletzt. Die Hautfarbe war dort in meiner Position eher ein Vorteil, in Deutschland ist sie das nicht.“ Umgekehrt, erklärt er, würde man als Weißer in Afrika ebenfalls unangenehme Erfahrungen machen. „Das ist aber kein Rassismus. Der Punkt bei Rassismus ist Macht. Wer Macht hat, sagt: Ich gebe Dir diese Arbeit nicht, weil Du Schwarz bist.“
Nur aufgrund der Hautfarbe mit Vorurteilen konfrontiert zu werden, macht Alltagsrassismus aus. Schwarze Deutsche fühlen sich oft nicht zugehörig, da sie anders wahrgenommen und beurteilt werden. „Niemand würde irgendeinen fremden Menschen auf der Straße ansprechen und fragen: ‚Woher kommst du?‘. Das passiert meinen Kindern und mir jedoch regelmäßig.“ Daher kehrt Ekamba den viel strapazierten Begriff von Integration um: „Integration funktioniert nur gegenseitig. Es geht um die Vorurteile der Mehrheitsgesellschaft. Es geht um Offenheit und Respekt. Wenn sich jeder als Mensch in der Gesellschaft angenommen und respektiert fühlt, entsteht ein Wir-Gefühl.“
In diesem Zusammenhang soll auch das nächste Forschungsprojekt des bekennenden Fußballfans stehen: Der Zusammenhalt in Fußballmannschaften. „Obwohl viele Fußballmannschaften sehr heterogen und divers sind, gibt es einen Teamgeist, der zusammenschweißt. Ich finde, die Gesellschaft kann von diesen Teams viel lernen!“
Die Doktorarbeit von Raphael Ekamba trägt den Titel: „Wenn Du ein Schwarzer bist, bleibst Du ein Schwarzer“: Rassismus und Integration auf dem Arbeitsmarkt.
Bild(96.6 KB): Die kooperative Promotion von Raphael Ekamba wurde von der Hochschule Coburg und der Otto-Friedrich-Universität Bamberg begleitet.
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Prof. Dr. Claudia Lohrenscheit
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Prof. Dr. Rita Braches-Chyrek
Lehrstuhl für Sozialpädagogik Otto-Friedrich-Universität Bamberg
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