Literaturwerkstatt im Deutschunterricht
Während angehende Sportlehrkräfte im Studium selbst sportlich aktiv sind, schreiben künftige Deutschlehrkräfte meist keine eigenen literarischen Texte und tun dies später auch nicht mit ihren Schülern. Diese Lücke schließt das Programm „Weltenschreiber – Das Literaturvermittlungsprogramm für Kinder und Jugendliche“, das von der Universität Bamberg wissenschaftlich begleitet wird. Ab Anfang Oktober 2018 bringen bekannte Autorinnen und Autoren in Rostock, Göttingen und Stuttgart innerhalb von 18 Monaten Lehrkräften Literarisches Schreiben bei.
Im Literaturhaus Stuttgart findet diese Fortbildung nicht zum ersten Mal statt. Schon seit 2011 lernen Lehrkräfte dort literarisch zu schreiben, damit sie wiederum Kinder und Jugendliche anleiten und für Literatur begeistern können. Die Robert Bosch Stiftung hat das Projekt von Anfang an finanziell unterstützt. Die Idee der Fortbildung stammt von Stuttgarter Autorinnen und Autoren, unter anderem von Lyriker José F. A. Oliver, der jahrelang Schreibwerkstätten in Schulen leitete: „Durch den kreativen und künstlerischen Umgang mit Wörtern lernen Kinder und Jugendliche, ihre Umwelt bewusst wahrzunehmen und mit ihr in den Dialog zu treten.“
Schreibwerkstätten unter professioneller Anleitung
Die Autorengruppe bat Prof. Dr. Ulf Abraham, Inhaber des Lehrstuhls für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur an der Universität Bamberg, um wissenschaftliche Unterstützung. Der Lehrstuhl hatte drei Aufgaben: Zunächst erarbeitete er ein Konzept, um Literarisches Schreiben an Deutschlehrkräfte zu vermitteln. Zweitens nahmen Bamberger Forschende an Schreibwerkstätten teil und befragten Teilnehmende in Interviews und Fragebögen. Sie wollten zum Beispiel wissen, welche Vorkenntnisse die Teilnehmenden hatten, die an ganz unterschiedlichen Schularten unterrichteten. „Tatsächlich hatten sie alle noch nie die Perspektive eingenommen, was es bedeutet, selbst Literatur zu produzieren“, nennt Ulf Abraham ein Ergebnis der Begleitforschung. Die Ergebnisse stellt er in wissenschaftlichen Publikationen vor und erfüllt damit die dritte Aufgabe als Projektpartner.
In dem Pilotprojekt erstellten jeweils über zwei Jahre hinweg etwa 50 Deutschlehrkräfte an mehreren Wochenenden eigene Texte, aufgeteilt in fünf Kleingruppen. Eine Autorin oder ein Autor leitete jede Schreibwerkstatt. Zusätzlich boten Ulf Abraham und seine damalige wissenschaftliche Mitarbeiterin Dr. Ina Brendel-Perpina Seminarwochenenden an. Dort diskutierten die teilnehmenden Lehrkräfte darüber, wie sich die erworbene Kompetenz zu Bildungsplänen, -standards und anderen schulischen Vorgaben verhält.
Pilotprojekt fasst in mehreren Bundesländern Fuß
Das Pilotprojekt hat sich erfolgreich durchgesetzt. Ein paar Dinge haben sich mittlerweile geändert: Autorinnen und Autoren besuchen nun auch den regulären Deutschunterricht und machen Jugendliche mit Literarischem Schreiben vertraut. Und ab diesem Herbst gibt es das Projekt auch in Rostock und Göttingen, wo das Programm 18 statt 24 Monate dauern soll. Neben den Kultusministerien in Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen unterstützen weitere Partner und Stiftungen das Programm finanziell.
„Wir begleiten das Projekt weiterhin fachdidaktisch“, sagt Ulf Abraham mit Blick in die Zukunft. „Unser Ziel ist es, das Konzept in möglichst vielen Bundesländern einzuführen – angepasst an die jeweilige Situation und die Lehrpläne vor Ort.“ Bald soll es zudem eine Kooperation mit dem Goethe-Institut geben, sodass deutsche Auslandsschulen in zehn weiteren Ländern am Programm teilnehmen können.
Bild: Wissenschaftler Ulf Abraham (l.) und Autor José F. A. Oliver diskutieren im Literaturhaus Stuttgart darüber, wie Lehrkräfte Literarisches Schreiben in den Deutschunterricht einbinden können.(1.8 MB)
Quelle: Yves Noir
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