Grundstein von Schloss Neuschwanstein gefunden
Vor 150 Jahren wurde in der Gemeinde Schwangau im Ostallgäu der Grundstein für eines der weltweit berühmtesten Sehenswürdigkeiten gelegt: Schloss Neuschwanstein. Was dieser Grundstein enthalten soll, wissen Experten dank der Beschreibung des Entwurfs zur Grundsteinlegungsurkunde schon lange, nämlich eine Metallkapsel mit einem Bauplan, Porträts des Bauherrn König Ludwig II. und Geldmünzen. Doch wo sich der Stein befindet, konnte bislang nicht ermittelt werden. Dank der Unterstützung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Kompetenzzentrums Denkmalwissenschaften und Denkmaltechnologien (KDWT) der Universität Bamberg hat das Schloss sein bislang gut gehütetes Geheimnis nun preisgegeben. „Am Ende unserer Suche blieb eine Stelle hinter einem der Ziegel im Umfeld des sogenannten „Feierabendziegels“, der mit 1869 datiert ist, übrig“, erklärt der Restaurierungswissenschaftler und Projektleiter Prof. Dr. Rainer Drewello. „Die Kapsel des Grundsteins haben wir dort in einer Tiefe von etwa 1 bayerischen Fuß, also circa 30 cm, verortet.“
Auf Anfrage der Schlossverwaltung und der Bauabteilung der Bayerischen Schlösserverwaltung (BSV) haben Rainer Drewello und ein Team aus Bauforscherinnen und -forschern mithilfe eines 3D-Scanners die Pläne der Innen- und Außenseite des sogenannten „Ritterbades“ angefertigt beziehungsweise den bestehenden Plan der Außenseite mit dem neuen Plan der Innenseite als 3D-Scan kombiniert. Das nach Vorbild des Bads in der mittelalterlichen Wartburg geplante Ritterbad im Westteil des Palas sollte an das rituelle Bad der Gralsritter erinnern, wurde allerdings nie erbaut. Heute führt dort eine Besuchertreppe hinunter zum Ausgang. In diesem Areal hatte Uwe Schatz, Leiter der Museumsabteilung der BSV, der die Suche nach dem Grundstein vor zwei Jahren initiierte, den Fundort vermutet.
Nach der Fertigstellung der Pläne suchten die Bamberger Wissenschaftler nach Möglichkeiten, um den Grundstein inklusive der Metallkapsel mit den Beigaben im Mauerwerk zu lokalisieren. „Zur genauen Verortung des Grundsteins kamen mit dem Georadar, einer Metalldetektion der Kapsel durch Elektromagnetik oder das Durchröntgen der Mauer drei verschiedene Methoden in Frage“, sagt Rainer Drewello. „Mit Ausnahme des Georadars verfügen wir aber nicht über das sehr spezielle Instrumentarium.“ Aus diesem Grund ersuchten die Bamberger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf Anraten der Kriminalpolizei Bamberg um Hilfe beim Bayerischen Landeskriminalamt (BLKA) in München – die auch umgehend gewährt wurde. Das BLKA verfügt in der Technischen Sondergruppe (TSG) über Spezialisten, die normalerweise zur Entschärfung von unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen ausgebildet sind.
Bei einem anberaumten Termin Anfang August entschieden sich die Wissenschaftler der Universität Bamberg zunächst dafür, die Mauer zu durchröntgen. Ein schwieriges Unterfangen, das nur mit Kletterteams von BSV und BLKA möglich wurde. Sie brachten in über 10 Metern Höhe – vom Boden des Ritterbades aus gezählt – an der Außenseite der Schlossmauer eine Metallplatte an, die die Röntgenstrahlen aufnahm. Danach kamen zwei verschiedene Geräte, ein Metalldetektor und ein Minensuchgerät zum Einsatz. Sie brachten schlussendlich die Lösung. Der in Frage kommende Bereich konnte durchmustert und die genaue Lage des Grundsteins exakt geortet werden.
Bei einem Festakt in Schloss Neuschwanstein anlässlich des Jubiläums „150 Jahre Grundsteinlegung“ konnte Finanz- und Heimatminister Albert Füracker am vergangenen Freitag, 30. August 2019, diese erfreuliche Nachricht offiziell verkünden. Wie der Inhalt der Grundstein-Kapsel aber genau aussieht, ist nach wie vor unbekannt. „Aus Denkmalschutzgründen bleibt das Mauerwerk geschlossen und die Kapsel damit unberührt“, sagt Rainer Drewello. „Wir hoffen nun darauf, dass die transportablen Durchleuchtungssysteme weiterentwickelt und es uns mit verbesserter Ausrüstung irgendwann möglich sein wird, auch dieses Geheimnis zu lüften.“
Bild „Feierabendziegel“: Hinter einem der Ziegel rund um diesen „Feierabendziegel“ im Ritterbad liegt der Grundstein von Schloss Neuschwanstein.(1.8 MB)
Quelle: Münchner Büro für Denkmalpflege Schmickl & Umminger
Bild „Außenmauer“: In über 10 Metern Höhe – vom Boden des Ritterbades aus gezählt – brachte ein Kletterteam eine Metallplatte an, um die Mauer zu durchröntgen.(1.6 MB)
Quelle: Münchner Büro für Denkmalpflege Schmickl & Umminger
Bild „Kletterteam“: In luftiger Höhe kamen ein Metalldetektor und ein Minensuchgerät zum Einsatz, um den Grundstein exakt zu lokalisieren.(2.1 MB)
Quelle: Rainer Drewello/Kompetenzzentrum Denkmalwissenschaften und Denkmaltechnologien der Universität Bamberg
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Professor für Restaurierungswissenschaften in der Baudenkmalpflege
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