US-Wahl aus Sicht der Wissenschaft
Der Wahlkampf zur Präsidentschaftswahl am 5. November 2024 ist bereits in vollem Gange. Spätestens seit dem Rückzug Joe Bidens im Juli und der Ankündigung der Präsidentschaftskandidatur von Kamala Harris hat die ganze Welt den Wahlkampf auf dem Schirm. Expertinnen und Experten der Otto-Friedrich-Universität Bamberg aus unterschiedlichen Fachbereichen stehen Medienschaffenden für Interviews rund um die US-Wahl und den Wahlkampf zur Verfügung. Sie können zu folgenden Themen Auskunft geben:
Welche Ansätze zur Migrationspolitik bieten Trump und Harris im Wahlkampf an?
Dr. Georgiana Banita, Professur für Amerikanistik:
„Donald Trump will hart gegen die undokumentierte Migration vorgehen. Grenzschließungen sollen die vermeintliche Bedrohung durch kriminelle Migrantinnen und Migranten in den Griff bekommen. Doch auch Joe Biden hat keinen grundlegend anderen Kurs eingeschlagen. Seine Regierung hält an Anti-Asyl-Maßnahmen fest und setzt Polizeikräfte zur internen Kontrolle und Abschiebung ein. Versprechungen, die menschenunwürdigen Massenlager an der Grenze abzubauen, wurden nicht eingehalten. Obwohl Kamala Harris als Vizepräsidentin diese restriktive Politik mitgetragen hat, setzt sie sich im Wahlkampf für eine humane Migrationspolitik ein. Es bleibt abzuwarten, ob ihre Vorschläge für eine gerechte und inklusive Lösung für Migrantinnen und Migranten konkret genug sind, um der Angst der Wählerschaft vor einer drohenden Überfremdung entgegenzuwirken.“
E-Mail: georgiana.banita(at)uni-bamberg.de
Fachwissen zu:
- amerikanische Wahlkulturen/Kulturgeschichte der US-Präsidentschaftswahlen
- Streitpunkte im amerikanischen Wahlkampf
- Migration, Polizeikultur und Innere Sicherheit
Herausforderungen bei der Beschreibung der kulturell-politischen Landschaft der USA
Prof. Dr. Pascal Fischer, Professur für Anglistische und Amerikanistische Kulturwissenschaft:
„Die Auseinandersetzungen um die Präsidentenwahlen sollten im Kontext langfristiger kultureller Entwicklungen in den Vereinigten Staaten betrachtet werden. Auch wenn das Schlagwort der politischen Polarisierung im aktuellen Diskurs häufig Verwendung findet, ist keineswegs offensichtlich, wo genau die Spaltung der amerikanischen Gesellschaft verläuft. Handelt es sich um einen Konflikt zwischen intellektuellen Eliten und dem einfachen Volk? Zwischen Säkularen und Religiösen? Oder zwischen Evangelikalen und Nicht-Evangelikalen? Zwischen Weltgewandten und Engstirnigen? Oder zwischen woken Ideologen und Freiheitsliebhabern? Zwischen den Bewohnern der Küstenstaaten und denen des amerikanischen Kernlands? Diese Liste von Gegensatzpaaren ließe sich noch lange fortsetzen. Dass die gewählten Ausdrücke oft schon einen politischen Standpunkt erkennen lassen, verdeutlicht, wie herausfordernd eine nüchterne, wissenschaftliche Betrachtung der politischen Landschaft Amerikas ist.“
E-Mail: pascal.fischer(at)uni-bamberg.de
Fachwissen zu:
- Konservatismus
- Politik und Sprache
- Jüdische Studien
Was haben die Wahlchancen von Kamala Harris mit der amerikanischen Kultur zu tun?
Prof. Dr. Christine Gerhardt, Professur für Amerikanistik:
"Dass sich die USA 2024 eine schwarze Frau als Präsidentin vorstellen kann trifft in seiner visionäreKraft einen Kern der amerikanischen Kultur. Zu den kulturellen Narrativen, die Kamela Harris’ Kandidatur berührt, gehört die Vision eines Einwanderungslandes, das Platz für Menschen jeglicher Herkunft hat, so wie einst für ihre jamaikanisch-indischen Eltern. Ihr „wir gehen nicht zurück“ vereint vielfältige Anliegen – bezahlbare Krankenversicherung, Abtreibungs- und LGBTQ+ Rechte – und knüpft so an die Leitidee „e pluribus unum“ an. Dass Michelle Obama auf dem Parteitag einen „helleren Tag“ beschwor, verweist auf die religiösen Wurzeln amerikanischen Fortschrittsglaubens. Vor allem verkörpert der Enthusiasmus, den Harris‘ Nominierung ausgelöst hat, jene Begeisterung für das Neue, das Zukünftige, die sich wie ein roter Faden durch die US-Geschichte zieht."
E-Mail: christine.gerhardt(at)uni-bamberg.de
Fachwissen zu:
- amerikanische Kultur und Literatur
- afroamerikanische Geschichte
- Geschichte der US-Frauenbewegung
- amerikanische Umweltgeschichte
Pop und Politik: Ob Taylor Swift die US-Wahl entscheiden kann?
Prof. Dr. Jörn Glasenapp, Lehrstuhl Literatur und Medien:
„Wie eng das popkulturelle und das politische Feld in den USA zusammenhängen, wie fließend die Übergänge sind, verdeutlicht immer wieder mit besonderer Prägnanz der Präsidentschaftswahlkampf. Stärker noch als vor vier Jahren gerät diesbezüglich der erfolgreichste Popstar der Gegenwart, Taylor Swift, in den Fokus, deren politischer Einfluss als erheblich eingeschätzt wird. Swift hat sich lange Zeit aus der Politik herausgehalten, positioniert sich seit 2018 aber eindeutig auf Seiten der Demokraten bzw. gegen Donald Trump. Eine explizite Wahlempfehlung für Kamala Harris und Tim Waltz hat die Singersongwriterin noch nicht abgegeben, aber Vieles deutet darauf hin, dass es noch dazu kommen wird.“
E-Mail: joern.glasenapp(at)uni-bamberg.de
Fachwissen zu:
- Popmusik
- Pop und Politik
Das Endspiel um die Zukunft der politischen Kommunikationskultur?
Prof. Dr. Olaf Hoffjann, Professur für Kommunikationswissenschaft, insbesondere Organisationskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit:
„Im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf wird nicht nur über den künftigen Amtsinhaber, sondern wohl auch über die künftige politische Kommunikationskultur entschieden. Spielen Kategorien wie Fakten und Lüge künftig noch eine Rolle oder setzt sich ein postfaktischer emotionalisierender Politikstil durch, dem die Wahrheit weitgehend egal ist? Geht es in der politischen Kommunikation noch um eine sachlich klare, aber doch zivilisierte Auseinandersetzung zwischen politischen Gegnern oder um das Vernichten des politischen Feindes? Der Wahlkampf und vor allem sein Ausgang werden wohl auch für europäische Demokratien weitreichende Folgen haben.“
E-Mail: olaf.hoffjann(at)uni-bamberg.de
Fachwissen zu:
- Politische Kommunikation und Kommunikationsstrategien
- Postfaktische Politik und Desinformationen
- Strategische Ambiguität
Digitale Medien im Wahlkampf
Prof. Dr. Andreas Jungherr, Lehrstuhl für Politikwissenschaft, insbesondere Digitale Transformation:
„Wahlkämpfe in den USA demonstrieren immer wieder eindrucksvoll wie neue Werkzeuge und Methoden in Wahlkämpfen eingesetzt werden, im Guten wie im Schlechten. Der aktuelle US-Präsidentschaftswahlkampf verspricht dabei ein Beispiel für die Nutzung von KI zu werden. Dies gilt es besonders zu beobachten, da sich hier für die nächsten vier bis acht Jahre entscheidet, ob KI international als eine Chance oder Gefahr für Demokratie wahrgenommen wird."
E-Mail: andreas.jungherr(at)uni-bamberg.de
Fachwissen zu:
- Öffentlichkeit
- Wahlkampf
- Digitale Medien
- Desinformation
- KI im Wahlkampf
Geschlechtsspezifische Selbstdarstellung von Kandidatinnen und Kandidaten in Wahlkämpfen
Prof. Dr. Isabel Kusche, Professur für Soziologie mit dem Schwerpunkt digitale Medien:
„Nach dem Rückzug von Präsident Joe Biden als Kandidat der Demokratischen Partei geht, nach 2016 zum zweiten Mal, mit Kamala Harris eine Frau in das Rennen um die amerikanische Präsidentschaft. Frauen sind in Wahlkämpfen noch immer mit stereotypen Vorurteilen konfrontiert beziehungsweise rechnen mit ihnen. Sie reagieren darauf oft, indem sie vermeiden ihr Geschlecht zum Thema zu machen. Das könnte in diesem Wahlkampf anders sein, weil die Demokraten unter anderem auf das Thema des Rechtes auf Abtreibung setzen, um Wählerinnen zu gewinnen, und die Aussicht, erstmals eine Frau zur Präsidentin wählen zu können, zusätzlich gegen die Alternative Donald Trump mobilisieren könnte.“
E-Mail: isabel.kusche(at)uni-bamberg.de
Fachwissen zu:
- Politische Kommunikation und digitaler Wandel
- Wahlwerbung
Weiterführende Informationen für Medienvertreterinnen und -vertreter:
Medienkontakt:
Hannah Fischer
Pressestelle/Pressereferentin
Tel.: 0951/863-1445
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