Wie Menschen in Selbstberichtsverfahren verfälschen – Eine neue Studie deckt Strategien auf
Persönlichkeitsfragebögen, bei denen Menschen ihre Eigenschaften selbst einschätzen (Selbstberichtsverfahren), sind wichtige diagnostische Verfahren der Psychologie. Leider sind sie auch sehr anfällig für Verfälschung. Doch was genau tun Personen, um in diesen Verfahren zu verfälschen? Wie setzen sie ihre Strategien zusammen? Eine neue Studie in Kooperation mit der Humboldt-Universität zu Berlin zeigt, wie komplex Verfälschung tatsächlich ist – und erklärt damit auch, warum sie so schwer zu erkennen und zu verhindern ist.
Auf Basis des General Response Process Modells (Krosnick, 1999) entwickelte das Forschungsteam eine Taxonomie von Verhaltensweisen, die zu Verfälschungsstrategien kombiniert werden. In der Studie wurden Daten von insgesamt 533 Teilnehmende ausgewertet. Die untersuchten Personen sollten zunächst hohe oder niedrige Werte in Selbstberichtsverfahren zur Messung von Extraversion und Need for Cognition vortäuschen. Anschließend wurden sie gebeten, möglichst detailliert zu beschreiben, wie sie dabei vorgegangen sind. Die Antworten wurden mit einer qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet.
Es wurden insgesamt 22 allgemeinere und 13 spezifischere Verhaltensweisen identifiziert. Teilnehmende berichteten, dass sie nicht nur unterschiedliche Verhaltensweisen nutzten, sondern diese auch unterschiedlich miteinander kombinierten, was die Komplexität von Verfälschung verdeutlicht. Die Ergebnisse zeigen, wie vielschichtig Verfälschung in Persönlichkeitsfragebögen ist. Diese Komplexität erklärt, warum es bisher nicht hinreichend gelingt, Verfälschung zuverlässig zu erkennen oder gar zu verhindern. Die vorgeschlagene Taxonomie bietet eine detaillierte Übersicht der verschiedenen Verhaltensweisen, die zu Verfälschungsstrategien kombiniert werden. Sie stellt jedoch nur einen ersten Schritt dar: Die Forschung zeigt, dass es weitere Verfälschungsstrategien geben könnte, die in weiteren Studien untersucht werden sollten. Mit dieser Arbeit leistet das Forschungsteam einen wichtigen Beitrag zum besseren Verständnis von Verfälschung in Selbstberichtsverfahren – ein entscheidender Schritt, um zukünftige Persönlichkeitstests verlässlicher zu machen.
Referenz: Röhner, J., Schütz, A. and Ziegler, M. (2025), Faking in Self-Report Personality Scales: A Qualitative Analysis and Taxonomy of the Behaviors That Constitute Faking Strategies. International Journal of Selection and Assessment, 33: e12513. https://doi.org/10.1111/ijsa.12513