"Tolles Projekt und keine Miete"
Franz Rehäußer ist mit seinem Helfer rundum zufrieden: "Der Matthias ist ein ganz Netter", meint der 87-Jährige anerkennend und lehnt sich in seinem Rollstuhl zurück. Matthias Käs (22) schiebt den alten Herrn behutsam die Rampe am Seniorenzentrum der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in der Gartenstadt hinunter. Die beiden Männer so unterschiedlichen Alters verstehen sich: Matthias holt Franz Rehäußer zur Tagespflege mit dem Transporter von zu Hause ab und bringt ihn auch wieder zurück.
Ehrenamtliches Engagement statt Miete
Zehn bis fünfzehn Stunden Zeit im Monat muss Geographie-Student Matthias für seine Hilfeleistung aufbringen. Dafür zahlt er bis auf die anteiligen Nebenkosten wie Heizung und Strom keine Miete. So wie die Studenten Marcel König (21) und Johannes Dreibach (23), mit denen sich Matthias die 64 Quadratmeter große Wohnung teilt. Diese gehört zum Gelände der Awo mit Geschäftsstelle, Seniorenzentrum, Kinderhaus. Auch der Betreuungsverein und der Ambulante Dienst haben hier ihren Stützpunkt.
Marcel ist als "rasender Reporter", wie er sagt, für die Mitgliederzeitung "Awo's Neu's" in Bamberg unterwegs. Johannes dreht einen Image-Film für das Kinderhaus. "Ich finde das Projekt toll, ich kann mich ehrenamtlich engagieren und zahle keine Miete", sagt Marcel, der Philosophie, Betriebswirtschaftslehre und Soziologie studiert. "Cool und sinnvoll" findet auch Johannes, der Germanistik-Student, die ganze Sache: "Ich müsste sonst woanders arbeiten, um die Wohnung zu finanzieren", sieht er den Vorteil dieses Arrangements mit der Awo. Deren Mitarbeiterin Saskia Delbrügge lobt den Einsatz der drei Studenten, der bei Bedarf auch über das notwendige Maß hinausgeht: "Die sind für jeden Handlangerdienst wie das Kuvertieren von Briefen und andere Sklavenarbeiten zu haben", lacht Saskia Delbrügge.
Erfolgreiches Projekt
"Die Awo ist die erste Institution, die das Wohnangebot gemacht hat", berichtet Nicole Orf von der Wohnberatungsstelle der Stadt Bamberg. Sie leitet das Projekt "Wohnen für Hilfe", in dem die Stadt und das Studentenwerk Würzburg generationenübergreifende Wohnpartnerschaften vermitteln. Die Idee, die dahinter steckt, ist eigentlich einfach: Ältere Menschen, Familien oder Behinderte stellen Studenten oder volljährigen Auszubildenden kostenlos oder günstig Wohnraum zur Verfügung und bekommen dafür Unterstützung. Ob Hilfe im Haushalt, bei der Gartenarbeit und beim Einkauf, bei der Kinderbetreuung: Als Faustregel gelten eine Stunde Arbeit im Monat für einen Quadratmeter Wohnraum.
28 private Wohnpartnerschaften konnte Nicole Orf schon vermitteln. "Damit ist Bamberg die erfolgreichste Stadt bundesweit, die das Projekt aufgegriffen hat", freut sie sich. Dennoch ist sie weiter auf der Suche nach Interessenten, die Studenten aufnehmen möchten. "Seitens der Senioren fehlt aber die Bereitschaft, ihre Häuser zu öffnen", weiß Nicole Orf. Bedenken, sich Fremde ins Haus zu holen, würden oftmals schwerer wiegen als die Einsicht, dass Hilfen das Leben in den eigenen vier Wänden erleichtern können. Matthias aus Tirschenreuth, Marcel aus Heidelberg und Johannes aus Kiel wissen ein Lied davon zu singen, was es heißt, als Student in Bamberg auf Wohnungssuche zu gehen. Im Internet-Portal der Otto-Friedrich-Universität wurden sie schließlich auf das Projekt "Wohnen für Hilfe" aufmerksam und bewarben sich. Sie hatten Glück. Dagegen stehen noch fünfzehn Studenten auf der Warteliste, die sich gern engagieren wollen.
Ansprechpartner
Wer "Wohnraum für Hilfe" anbieten möchte, kann sich an Nicole Orf wenden: Wohnberatungsstelle der Stadt Bamberg, Maximiliansplatz 3, Telefon: 0951/87-1186 oder -1169, E-Mail: wohnberatung@stadt.bamberg.de
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