Today is the Future
Die Globalisierung ist in aller Munde. Aber was bedeutet das ganz konkret für die Lebensentwürfe und Lebensverläufe der Menschen? Das von der VolkswagenStiftung geförderte Bamberger Projekt GLOABLIFE widmete sich dieser Fragestellung – und wurde am 7. März in Brüssel ausgezeichnet.
Das vom Bamberger Soziologieprofessor Hans-Peter Blossfeld geleitete internationale Projekt GLOBALIFE lief über sechs Jahre und liefert eine umfassende, einzigartige Untersuchung der Auswirkung des Globalisierungsprozesses auf Erwerbs- und Familienverläufe von Menschen in insgesamt 17 modernen Gesellschaften. Das Projekt, das finanziell von der VolkswagenStiftung gefördert wurde, wurde nun auch für den diesjährigen Descartes-Forschungspreis nominiert. Der Descartes-Forschungspreis wird von der Europäischen Kommission für herausragende wissenschaftliche Ergebnisse verliehen, insgesamt wurden acht Finalisten nominiert. GLOBALIFE gehört zwar nicht zu den drei hoch dotierten „Laureates“, vorwiegend naturwissenschaftliche Projekte, doch wurde GLOBALIFE als Finalist mit einem Preisgeld von 30.000 Euro ausgezeichnet. Die Descartes-Preise wurden am 7. März feierlich bei der Veranstaltung „Today is the Future“ in Brüssel überreicht. Laudatorin war unter anderem Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bildung und Forschung.
Die Auswirkungen der Globalisierung
Blossfelds Projekt GLOBALIFE beschäftigte sich mit den Auswirkungen der Globalisierung: Der Standortwettbewerb zwischen Sozialstaaten verschärft sich zunehmend, Märkte sind nicht mehr durch Nationalgrenzen beschränkt, Personen, Unternehmen und Staaten vernetzen sich durch neue Informations- und Kommunikationstechnologien. Lokale Märkte werden dadurch instabil und volatil und werden durch schwer prognostizierbare soziale, politische und ökonomische externe Schocks und Ereignisse zunehmend beeinflusst.
Auf Akteursebene haben diese Auswirkungen der Globalisierung dazu geführt, dass die Menschen unsicherer werden: Es fällt zunehmend schwer, rationale und langfristig bindende Entscheidungen zu treffen, was paradoxerweise dazu führt, dass lokale Routinen bzw. regionale Traditionen und Normen als Orientierungshilfen an Bedeutung gewinnen. Soziale und ökonomische Planungen orientieren sich an kurzfristigen Zeithorizonten. Es wird immer schwieriger, Vertrauensbeziehungen aufzubauen. Der Abbau des Wohlfahrtsstaates verstärkt diese Verunsicherungstendenz noch. Zudem verlagern „verhandlungsstarke“ Gruppen, meist Arbeitgeber, immer stärker Marktrisiken auf „verhandlungsschwache“ Arbeitnehmergruppen. All diese Prozesse haben dazu geführt, dass die soziale Ungleichheit in westlichen Industriegesellschaften zugenommen hat. Die Sicherungsfunktion von Familie, Verwandtschaft, Betrieb und Wohlfahrtsstaat nimmt ab.
Insider und Outsider
Die Gesellschaft trennt sich laut Blossfelds Studie heute in so genannte Insider und Outsider. Die Insider arbeiten Vollzeit, haben eine feste Stelle, sichere Verträge und Interessenvertreter. Die Outsider sind insbesondere Frauen, die wieder ins Berufsleben einsteigen wollen, und junge Leute. Für sie ist die Unsicherheit, die durch die Globalisierung entsteht, besonders hoch. So trauen sie sich nicht mehr, langfristig bindende Entscheidungen zu treffen, denn Flexibilität und Mobilität werden von den Arbeitgebern gefordert. Frauen mit qualifizierter Ausbildung möchten sich ihre Berufschancen nicht verbauen und bekommen daher keine Kinder. Der Mangel an guter Kinderbetreuung ist ein großes Problem. „Wir brauchen radikale Lösungen zur Unterstützung der jungen Generation“, schlussfolgert der Familienforscher Blossfeld.
Das Descartes-Preisgeld belief sich insgesamt auf rund 1,15 Millionen Euro.