Gesund im Beruf
Der Mensch in der neuen Arbeitswelt. Fortschreitende Technisierung und Rationalisierung haben einen großen Einfluss auf den Arbeitsalltag. Ein Symposium beschäftigte sich mit den Risiken für die Gesundheit der Arbeitnehmer und bot Bewältigungsstrategien an.
Über 60 Zuhörerinnen und Zuhörer besuchten am 28. Februar das Symposion „Psychosoziale Gesundheit im Beruf“ an der Universität Bamberg. Neben zahlreichen Fachvorträgen wurden am Folgetag auch drei Workshops zur vertieften Einarbeitung in die Themengebiete Betriebliche Gesundheitsförderung, Human Resources Management sowie Berufliche Rehabilitation und Teilhabe am Arbeitsleben / Beruf und chronische Krankheit angeboten. Das Symposion wurde vom Lehrstuhl für Allgemeine und Gesundheitspädagogik der Universität Bamberg in Kooperation mit dem Institut für Qualitätssicherung in Prävention und Rehabilitation an der Sporthochschule Köln veranstaltet.
Herausforderungen an Flexibilität und Mobilität
Den Einstieg leisteten die beiden Veranstalter, Prof. Dr. mult. Georg Hörmann und Prof. Dr. Andreas Weber, indem sie einen Blick auf die Veränderungen der Rolle von Krankheit und Gesundheit im Erwerbsleben legten. Arbeit kann wohltuend und befreiend wirken. „TINA – there is no alternative“ ist aber das Schlagwort der Ökonomisierung, und so scheint man heutzutage gegenüber der unsichtbaren Hand des Marktes nur geduldig ausharren zu können, ohne Eigenansprüche anmelden zu dürfen. Vor diesem Hintergrund muss man Phänomene wie den Präsentismus verstehen, bei dem Menschen selbst schwerkrank noch auf der Arbeit erscheinen. Dabei lässt sich den durch den demographischen Wandel und die Globalisierung gestellten Herausforderungen an Flexibilität und Mobilität durchaus auf intelligente Weise begegnen.
Soziale Unterstützung, so Prof. Dr. Frank Nestmann von der TU Dresden, kann sich beim Flurplausch oder bei der gemeinsamen Pause zeigen und hilft, sowohl Stress abzubauen als auch Rat durch die Erfahrungen anderer und Verweise auf professionelle Hilfesysteme zu erhalten. Oft sind viele psychosoziale Probleme auf diese informelle Weise bereits erfolgreich gelöst, bevor sie an professionelle Ohren gelangen müssen. Ein solches „gesundes“ Betriebsklima benötigt aber zur Entstehung auch eine „gesunde“ Führung. Dr. Peter Stadler vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit forderte, der viel zu häufige Fokus auf Sachzwänge und Arbeitsaufträge müsse durch eine mitarbeiterorientierte Führung erweitert werden, die Gestaltungsspielräume und Mitspracherechte einräumt. Doch manchmal müssten auch „gesunde“ Betriebe verlassen werden. Dr. Walther Heipertz, Mitarbeiter der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit, berichtete von der gesundheitlichen Gefahr, die mit prekären und unsicheren Arbeitsplätzen einhergeht. Leicht kann Prekarisierung zu sozialer Isolation und psychischer Krankheit führen, worauf am Ende dann Frühverrentung oder Langzeitarbeitslosigkeit drohen. Nur durch gebündelte Anstrengungen kann ein solcher Teufelskreis dann noch durchbrochen werden.
Macht Fernpendeln krank?
Doch teilweise macht man es sich auch selbst schwer, behauptete Prof. Dr. Norbert F. Schneider. Deutsche pendeln lieber als umzuziehen. Der tägliche oder wöchentliche Stress des Fernpendelns kann langfristig aber gesundheitsschädlicher als ein Umzug und der Aufbau eines neuen (zusätzlichen) sozialen Umfelds. Dies spielt auf einen weiteren Punkt an, den Prof. Dr. Astrid Schütz von der TU Chemnitz verdeutlichte. Der Glaube, dass sich alles von allein richtet oder dass man selbst schon alles schultern kann, ist fehl am Platz. Man sollte stattdessen einen zukunftsorientierten Bewältigungsstil entwickeln und versuchen, „realistische Möglichkeiten hoffnungsfroh wahrzunehmen“. Dr. Annegret Schoeller, Mitarbeiterin der Bundesärztekammer Berlin, berichtete davon, welche neuen Einflussmöglichkeiten das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vor allem bei sexueller Belästigung den Arbeitnehmern zur Verfügung stellt. Den Bogen zur Rehabilitation fand schließlich PD Dr. Dr. Andreas Hillert, indem er drei Programme zur berufsbezogenen Psychotherapie und ihre Evaluation darstellte.
Als Fazit lässt sich ziehen: Kontrollverlust und Isolation machen krank. Im Betrieb mitbestimmen zu dürfen und sich sozial aufgehoben zu fühlen sowie das Gefühl zu haben, sein berufliches Leben zu kontrollieren und nicht nur Spielball fremder Interessen zu sein, hält dagegen gesund. In diesem Sinne fand anschließend im Bamberger Hof ein kulinarischer Abend statt, wo die Tagungsteilnehmer, vom Ensemble „Pfütze“ mit Klavier und Gesang unterhalten, zum psychosozial-gesundheitspräventiven Tagesausklang übergingen.
Publikation
Zum Thema der Tagung haben Georg Hörmann und Andreas Weber auch eine Publikation herausgegeben: Psychosoziale Gesundheit im Beruf. Mensch – Arbeitswelt – Gesellschaft. Stuttgart: Gentner 2007. Gebunden, 624 Seiten. Euro 68,00.