Gleichzeitig Student und Bürgermeister
59,4 Prozent der Wählerstimmen konnte sich Manuel Kneuer bei der Kommunalwahl 2020 in der Gemeinde Gochsheim bei Schweinfurt sichern. Damit setzte er sich deutlich gegen seine beiden Mitbewerber durch. „Als das Ergebnis von mehr als 60 Prozent aus dem ersten der acht Wahllokale bei mir ankam, konnte ich es gar nicht glauben“, sagt der junge Bürgermeister. „Wenn drei Bürgermeisterkandidaten zur Wahl stehen, kommt es in fast 90 Prozent der Fälle zu einer Stichwahl. Außerdem war ich eigentlich der Außenseiter.“ Einer seiner Mitbewerber war amtierender zweiter Bürgermeister der Gemeinde und der andere ein langjähriges Mitglied des Gemeinderats.
Universität unterstützt mit individuellen Problemlösungen
Manuel Kneuer studiert seit Oktober 2017 Politikwissenschaft im Master an der Universität Bamberg. Das Studium liegt jetzt erst einmal auf Eis. Momentan hat er einen vollen Terminkalender: „Ich fange in der Früh um 7.30 Uhr an zu arbeiten. Um 16.30 Uhr gehe ich normalerweise kurz nach Hause, um etwas zu essen. Ab 18 Uhr fangen dann die Fraktions-, Gemeinderats- oder Kreistagssitzungen an. Vor 22 oder manchmal sogar 23 Uhr komme ich an Werktagen nicht heim.“ Die langen Arbeitstage ergeben sich nicht nur durch die Gremienarbeit, sondern auch durch seine völlig unterschiedlichen Aufgabengebiete, in die er sich erst einarbeiten muss. Dazu gehören zum Beispiel Bürgergespräche oder verschiedene Verwaltungsaufgaben, wie etwa Rechnungen überprüfen oder bauliche Angelegenheiten bearbeiten. „Das Amt muss einem Spaß machen, damit man das durchhält“, sagt Manuel Kneuer.
Trotz des fordernden Bürgermeisteramts möchte Manuel Kneuer sein Studium abschließen. Dafür muss er noch Seminare besuchen und vor allem seine Abschlussarbeit schreiben. „Das größte Problem ist für mich der Präsenzunterricht, denn ich kann das Rathaus nicht einfach für ein paar Stunden verlassen.“ Im Gegensatz zu vielen seiner Kommilitoninnen und Kommilitonen hofft er darauf, dass auch das kommende Semester noch online stattfinden wird. Mit dem Fachstudienberater für den Masterstudiengang Politikwissenschaft, Prof. Dr. Frank Bandau, ist Manuel Kneuer in regem Kontakt, um für seine Probleme eine Lösung zu finden.
„Ich bin einer der wenigen Studierenden der Universität Bamberg, der noch während des Studiums in so ein Amt gewählt wurde. Die Universität ist sehr bemüht, Lösungen für mich zu finden, sodass ich mein Studium abschließen kann.“ Das Urlaubssemester und das Teilzeitstudium, die ihm kurzfristig genehmigt wurden, helfen da schon sehr. Besonders hat sich Manuel Kneuer über die E-Mails mit Glückwünschen zu seiner Wahl gefreut, die ihn unter anderem aus der Studierendenkanzlei, dem Prüfungsamt und von Professoren erreicht haben.
Manuel Kneuer kann Kompetenzen aus dem Studium in seinem Amt anwenden
Sein Studium kommt ihm in seinem Amt als Bürgermeister zugute: „Viele Themen in der kommunalen Selbstverwaltung überschneiden sich mit dem, was ich im Studium der Politikwissenschaft gelernt habe. Im Kurs zu Staats- und Verfassungsrecht haben wir uns zum Beispiel mit der bayerischen Gemeindeverordnung beschäftigt. Genau diese Bücher brauche ich bei meiner Arbeit.“ In der Gemeindeverordnung sind beispielsweise Aufbau und Zuständigkeiten der kommunalen Organe, wie etwa Bürgermeister oder Gemeindevorstand, geregelt. Außerdem haben Manuel Kneuer die vielen Präsentationen geholfen, die er im Laufe des Studiums gehalten hat: „Vor Publikum sprechen zu können war für mich mit einem Lernprozess verbunden. Wenn ich heute vor Bürgerinnen und Bürgern spreche, fühle ich mich sicherer.“
Etwa 3000 Haushalte hat der Student während des Wahlkampfs besucht
Gerade der Kontakt mit Menschen ist dem Studenten wichtig. Die Gemeinde Gochsheim zählt rund 6500 Einwohner und etwa 3000 Haushalte. Die hat Manuel Kneuer während des Wahlkampfs alle besucht: „Ich war an jeder Haustüre und habe etwa 2200 Gespräche innerhalb von vier Monaten geführt. Der Bürgerkontakt und vor allem auch transparente Politik sind mir besonders wichtig.“ Im Wahlkampf kam ihm seine Erfahrung zugute, die er zuvor als Wahlkampfmanager sammeln konnte. Bereits 2017 unterstützte er eine Abgeordnete im Bundestagswahlkampf im Haustür- und Straßenwahlkampf. Dabei koordinierte er die Arbeit von über 80 Personen.
Nach zwei Monaten im Amt resümiert Kneuer: „Mir macht die Arbeit als Bürgermeister wirklich Spaß, auch wenn es lange Arbeitstage sind. Jeden Tag erwarten mich neue Aufgaben und es gibt keinen Alltag.“ Besonders schön fand er seine erste Trauung: „Zwei Menschen zusammenzubringen ist für mich die schönste Aufgabe in diesem Amt.“