Stadtgeschichte auf dem Uni-Campus
Jesuitenakademie und Stadtturm, altes Schlachthaus und Hochzeitshaus – die Gebäude der Universität Bamberg stecken voller Geschichte(n). Sie verbinden die Universitäts- mit der Stadtgeschichte. Auf Anregung der Volkshochschule Bamberg fand erstmalig eine Universitäts-Stadtführung statt.
Eine stattliche Höhe hat er, der Schwarznussbaum im Innenhof des Gebäudes An der Universität (U2) hinter St. Martin. Es ranken sich einige Mythen um sein Alter und seine Herkunft. Dass ihn die Jesuiten im 17. Jahrhundert von einer Missionsreise aus Japan mitgebracht haben - gilt mittlerweile als widerlegt. Der Gedanke ist aber sehr eingängig: „Es entspricht dem jesuitischen Bildungsgedanken, sich die Schöpfung Gottes zur unmittelbaren Betrachtung und Erforschung direkt vor die eigene Haustür zu holen“, erklärt Studentin Carolin Cholotta den rund 15 Teilnehmerinnen und Teilnehmern bei der ersten Universitäts-Stadtführung am 20. Juni 2015. Diese stand unter dem Titel „Modern studieren und international forschen in Gebäuden voller Geschichte“.
Jesuiten und Schwarznüsse als Einstieg in eine Universitätsstadtführung? Ja, schließlich nahm die Bamberger Universitätsgeschichte mit den Jesuiten ihren Anfang. Ihnen oblag die Leitung der Academia Ottoniana, der ersten Vorläuferinstitution der heutigen Otto-Friedrich-Universität. Am 14. November 1647 wurde die Akademie gegründet, ein Jahr später folgte ihre Eröffnung. In barocker Manier sprudelten Rot- und Weißwein aus Brunnen, Fanfaren, Paukendonner und Kanonenfeier erklangen. Gefeiert wird das Gründungsdatum auch heute noch: Jedes Jahr Anfang November findet der Dies Academicus statt - allerdings ohne barocke Getränkebrunnen.
Über vier Jahrhunderte Universitätsgeschichte
Anekdoten, historische Abrisse und Verweise auf die Gegenwart - all das beinhaltete die erste Stadtführung über den Innenstadtcampus der Universität Bamberg. Auf Anregung der Volkshochschule Bamberg hatte das Dezernat Kommunikation die knapp zweistündige Tour ausgearbeitet. „Gerade am Innenstadtcampus zeigt sich die enge Verzahnung von Universitäts- und Stadtgeschichte“, so Projektleiterin Dr. Monica Fröhlich. „In vielen Gebäuden findet man heute noch Spuren ihrer einstigen Nutzung. Diesen Spuren wollen wir folgen und daran zeigen, wie eng Universitäts- und Stadtgeschichte miteinander verbunden sind.“
Im Oktober 2014 lief die Arbeit an der Universitätsstadtführung an. „Bücherwälzen, Archivbesuche, Materialsammlungen - hinter so einer Führung stecken Monate Arbeit“, erklärt Carolin Cholotta, die die Führung zusammen mit zwei weiteren Studentinnen ausgearbeitet hat. „Es galt, mehr als vier Jahrhunderte umfassende Universitätsgeschichte zu recherchieren, die Fakten auszuwählen und aufzubereiten.“
Stadtgeschichte entdecken
Bisweilen sind die Spuren der Bamberger Stadtgeschichte älter als die Universität selbst: Der Turm des Gebäudes An der Universität 9 (U9) wurde 1332 erstmalig erwähnt. Er wurde als Befestigungsturm gebaut und war Teil der mittelalterlichen Stadtmauer. Vier Stockwerke sind es bis zum obersten Turmzimmer, in dem sich heute ein Büro der Anglistik befindet. Die dort arbeitenden Wisenschaftlerinnen ud Wissenschaftler hatten es für die Führung freigegeben. „Ein Postkartenblick“, schwärmt Teilnehmerin Judith Wagner, während sie den Blick über das Gründach der Teilbibliothek 4 hin zum Dom schweifen läßt. Teilnehmer Hermann Behl pflichtet ihr bei: „Bei der Führung gibt es auch für alteingesessene Bamberger viel Neues zu entdecken.“
Relikt aus wilden Tagen
Über die Gebäude der Kapuzinerstraße geht es weiter zur heutigen Teilbibliothek 5 am Kranen. Hier verweist ein steinerner Ochse über dem Portal auf die ursprüngliche Nutzung als Schlachthaus. Alles andere als universitär auch die Nutzung des gegenüberliegenden Gebäudes Am Kranen 12 (KR12): Der Name „Hochzeitshaus“ - abgeleitet vom mittelhochdeutschen Wort hôchgezîte für Fest - lässt es erahnen: Hier wurde einst kräftig gefeiert; gar eine städtische Bürgertrinkstube fand sich im 17. Jahrhundert unter diesem Dach.
Heute studieren im Gebäude KR12 angehende Historiker und Ethnologen. „Aber auch hier ist ein Relikt aus den alten, wilden Tagen geblieben“, so Cholotta. In einem der oberen Hörsäle – einst als Festsaal genutzt – gab es für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Führung ein Wandgemälde der Hochzeit zu Kana aus dem 17. Jahrhundert zu bestaunen.
Das Alte im Neuen sichtbar machen
Eine Universität im Weltkulturerbe ist oft mit besonderen baulichen und denkmalpflegerischen Herausforderungen konfrontiert. „Es ist ein schmaler Grat zwischen dem Erhalt der ursprünglichen Gebäude und ihrer Anpassung an die Anforderungen einer modernen Universität. Dazu gehört etwa das Verlegen entsprechender Strom- und Kommunikationskabel und die Umsetzung von Brandschutzbestimmungen“, so Cholotta.
Und nicht immer bieten die historischen Gebäude für universitäre Zwecke ausreichend Raum. So fanden bereits 1980 Planungen für den Bau der Teilbibliothek 4 statt – ein Projekt, das längst noch nicht vollendet ist. Im Juni dieses Jahres begannen die Arbeiten für einen zweiten Bauabschnitt des „Glashauses“: „Auf Seiten der Stangsstraße wird es ebenfalls eine Glasfassade geben“, erklärt Cholotta. Damit knüpft auch der neu entstehende Teil an einen zentralen Gedanken der Universitätsphilosophie an: die Spiegelung des Alten im Neuen.
Nach dem erfolgreichen Auftakt soll es im Wintersemester eine zweite Führung geben, die ebenfalls über das Programm der Bamberger Volkshochschule zu buchen sein wird.
Hinweis
Diesen Text verfasste Andrea Lösel für die Pressestelle der Universität Bamberg. Er steht Journalistinnen und Journalisten zur freien Verfügung.
Bei Fragen oder Bilderwünschen kontaktieren Sie die Pressestelle bitte unter der Mailadresse medien(at)uni-bamberg.de oder Tel: 0951-863 1023.