Kunsthistoriker Prof. Dr. Wolfgang Brassat
Ein groß angelegtes Panorama: Franziska Ehrl führte die Tietz-Interessierten durch den Rosengarten
Tietz-Figuren im Garten von Schloss Seehof. (Bilder Pressestelle)
Alles Tietz
Tietz, Tietz, immer wieder Ferdinand Tietz - ob in Bamberg, im Seehofer Garten in Memmelsdorf oder in Veitshöchheim. In Franken ist der Meister des fränkischen Rokoko allgegenwärtig; über seine Biographie weiß man hingegen wenig.
Die Anhaltspunkte zu Tietz' Biographie sind dürftig: Seine Taufe am 5. Juni 1708 in Holtschitz im nordböhmischen Erzgebirge. ist noch dokumentiert – dann schweigen die verfügbaren Quellen 28 Jahre lang. Erst 1736 tritt er wieder in Erscheinung: als Hofkünstler in Würzburg. 1747 gelangte Tietz dann nach Bamberg. Hier wurde er vom Fürstbischof zum Hofbildhauer ernannt. In der Folge begann er, erste Figuren für den Seehofer Schlosspark anzufertigen.
Nach dem Tode seines Bamberger Gönners Fürstbischof Philipp Anton von Frankenstein folgte Tietz 1754 dem Ruf des Trierer Fürstbischofs Franz Georg von Schönborn. Dort hielt es ihn jedoch trotz umfangreicher Aufträge nicht allzu lange: 1760 kehrte er als Hofbildhauer nach Bamberg zurück. In der Folge gestaltete er mit seiner Werkstatt den Seehofer Schlossgarten, aber auch den Bamberger Residenzgarten und den Schlossgarten von Veitshöchheim mit Skulpturen aus.
Der „Zopfstil“ als Anfang vom Ende
Tietz’ Stern begann bereits in den späten 1760er Jahren zu sinken: Seine ausgeschmückten verspielten Arbeiten entsprachen nicht mehr dem neuen klassizistischen Stil. Zugleich konnte oder wollte der Bildhauer sich den neuen Tendenzen nicht anpassen, was das Interesse des Hofes an seinen Werken deutlich schmälerte. Nach seinem Tod am 17. Juni 1777 in Seehof wurde sein Werk lange Zeit negativ bewertet. Schon unter dem aufgeklärten Fürstbischof Franz Ludwig von Ertal wurden ab 1781 die fast 400 Figuren aus dem Seehofer Schlossgarten entfernt. Und die Romantik distanzierte sich ebenfalls brüsk: die bürgerliche Gesellschaft dieser Zeit musste das höfische Erbe des Rokoko einfach ablehnen.
Brassat zeigte in seinem Vortrag, wie erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts das Interesse wieder erwachte. Nun wurden Tietz’ Arbeiten sogar zum Vorbild genommen und kopiert. Heute hat sich eine mittlere Meinung durchgesetzt. Bereits im Rahmen des Symposiums zu Ehren des 300. Geburtstags von Tietz im Sommer in Schloß Seehof hatte Brassat die Meinung vertreten, dass der ästhetische Überschuss einer lässigen Eleganz dem Künstler wichtiger gewesen sei als eine plausible Motivierung der Haltungen seiner Figuren (News vom 25.6.2008). Für Brassat ist Tietz ein „begnadeter Handwerker“ von unglaublicher Schaffenskraft, dessen Werke aber auch Kuriositäten und Mängel aufweisen.
Nach den theoretischen Ausführungen Brassats konnten sich die Zuhörer von der kuriosen Schaffenskraft selbst ein Bild machen: Franziska Ehrl, Studentin der Kunstgeschichte, führte die Zuhörer fachkundig durch den Bamberger Rosengarten mit seinen von Tietz gestalteten Figuren aus dem Themenkreis der antiken Mythologie.