Nur eine Legende: Kunigunde läuft über Pflugscharen (Buchmalerei, Staatsbibliothek Bamberg (Detail), RB. Msc. 120 f. 32v, Anfang 13. Jahrhundert)
Im Kreuzgang des Doms informierten sich rund 120 Interessierte über Kunigunde und Papst Clemens II. Universitätspräsident Ruppert eröffnete die Tage der Regionalforschung. (Bild: Pressestelle)
Modell der ersten Holzkirche von Kleinlangheim (Bild: Lange)
Statue von Papst Clemens II. in seinem Geburtsort Hornburg (Bild: Gresser)
Und sie lief nicht über Pflugscharen
Was haben die heilige Kunigunde und Papst Clemens II. gemeinsam? Beide prägen die Stadt Bamberg bis zum heutigen Tage und waren nun auch Themen einer Vortragsreihe im Kreuzgang des Bamberger Doms. Im Zuge der Tage der Regionalforschung beschäftigten sich Bamberger Wissenschaftler mit mittelalterlichen Persönlichkeiten sowie der Christianisierung im Regnitzgebiet
Einen Fixpunkt der Regionalforschungstage am 25. und 26. Oktober bildete der Kreuzgang des Domes mit drei Vorträgen. Im Mittelpunkt standen dabei mittelalterliche Persönlichkeiten, die Bamberg bis heute prägen. Die Historikerin Anika Auer wies nach, dass Kunigunde nicht über Pflugscharen lief – und erläuterte zugleich den Jahrunderte währenden Prozess der Legendenbildung um die berühmte Bambergerin. Der Legende nach wurde die Gemahlin Kaiser Heinrichs II. des Ehebruchs bezichtigt und musste zum Beweis ihrer Unschuld ein Gottesurteil bestehen: den äußerst schmerzhaften Gang über glühende Pflugscharen.
Ein Wunder fördert die Heiligsprechung
Dass dieser Gang aber nur theoretisch schmerzhaft gewesen sein dürfte, wie zahlreiche literarische Texte belegen, beweisen Auers Forschungen, die im Rahmen ihrer Dissertation in nächster Zeit abgeschlossen werden: Denn zeitgenössische Quellen schweigen gänzlich über das angebliche Gottesurteil. Es tauchte erst dann in den Quellen auf, als Anfang des 13. Jahrhunderts Kunigundes Kanonisationsverfahren betrieben wurde. Ganz klar: Für eine geplante Heiligsprechung ist so ein Wunder eben doch recht förderlich.
Die Bamberger Lebensversicherung: Papst Clemens II.
Der Kirchenhistoriker Dr. Georg Gresser berichtete dann über einen „hoch gewachsenen blonden Hünen“, der der einheimischen Bevölkerung wegen seiner ungewöhnlichen Körpergröße von ca. 180 cm aufgefallen war: den Bamberger Bischof Suitger und späteren Papst Clemens II. Gresser stellte Clemens II. an den Anfang der „Reformpäpste“ des elften und zwölften Jahrhunderts, deren gesamtes Handeln fest in der Kirchenreform und dem Kampf um die „libertas ecclesiae“ verankert war. Allerdings amtierte der Papst nicht allzu lange: Schon nach neun Monaten beendete eine Bleivergiftung sein Leben.
Clemens II. werde in Bamberg stiefmütterlich behandelt: In der Regel „kennen die Touristen das Papstgrab um einiges besser als die Einheimischen selbst“, so Gresser. Und das sei ein schwerwiegender Fehler, findet Gresser, denn ohne diesen Papst „wäre das Experiment Bamberg sehr schnell wieder verschwunden.“ Schon nach dem Tod des Bistumsgründers Heinrich II. waren Bestrebungen aufgekommen, das aus den Gebieten anderer Bistümer herausgeschnittene Bamberg wieder aufzulösen. Aber Clemens II. verfügte, ihn „zu Hause“ im örtlichen Dom zu bestatten. Durch das einzige Papstgrab nördlich der Alpen schließlich wurde die Stadt mit besonderen Vorrechten ausgestattet, die es sowohl für Könige als auch für benachbarte Bischöfe unmöglich machen sollten, das junge Bistum wieder zu zerschlagen.
Interdisziplinäres Forschungsprojekt „Missionierung und Christianisierung“
In einem dritten Vortrag berichteten Dr. Christian Lange, der bis vor kurzem Geschäftsführer der Arbeitsstelle Christlicher Orient an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg war, Dr. Jochen Haberstroh vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege sowie der Würzburger Professor für fränkische Kirchengeschichte Dr. Wolfgang Weiß über neueste Erkenntnisse ihres interdisziplinären Forschungsprojektes zur „Missionierung und Christianisierung im Regnitz- und Obermaingebiet“. Um den allgemeinen Stand der bisherigen Forschung aufzuarbeiten, aber auch neue Fragestellungen zu entwickeln und konkrete Ergebnisse zu erzielen, arbeiten hier Sprachwissenschaftler, Historiker und Archäologen aus Ingolstadt, Würzburg, Bayreuth sowie Bamberg interdisziplinär und überregional zusammen. Dabei wurde deutlich: Jede Wissenschaft, die sich mit der Vergangenheit beschäftigt, darf sich nie ausschließlich auf ihre eigene und primäre Quellengattung verlassen. Wer umfassende Ergebnisse erzielen möchte, muss grundsätzlich versuchen alle Quellen zu erfassen und eng mit Nachbardisziplinen zusammenarbeiten.
Wie nützlich insbesondere die Methoden der Archäologie für weitere Erforschung der Christianisierungsprozesse sein können, zeigte Haberstroh in einem anschaulichen Ausblick: Die digitale Bestandserfassung sogenannter historischer Archive in Landschaft und Raum gibt im Zusammenhang mit einer quellenkritischen archäologisch-historischen Auswertung zum Beispiel Aufschluss über Siedlungsformen und -dynamik, Landnutzung oder Klostergründungen.