Lehrerbildung im Aufbruch
Rund 3,68 Millionen Euro, vier Teilprojekte und vier Strukturmaßnahmen sowie insgesamt 21 neue Stellen: Wegweisende Lehrerbildung. Entwicklung reflexiver Kommunikationsprozesse – kurz WegE – ist ein großes Projekt, das die Lehrerbildung an der Universität Bamberg langfristig prägen wird, und ein Teil des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung aufgelegten Bund-Länder-Programms Qualitätsoffensive Lehrerbildung. Die Bamberger Initiative hat es sich zum Ziel gesetzt, Lehrerbildung weiterzuentwickeln und den steigenden Anforderungen an kompetenzorientiertes, individualisiertes Lernen und Beratung an Schulen zu begegnen. Am 14. April fand die Auftaktveranstaltung zur knapp vierjährigen Projektlaufzeit in der AULA der Universität statt.
Das Projekt WegE nutzt den Profilschwerpunkt der Universität Bamberg in den Geistes- und Kulturwissenschaften, die hohe bildungswissenschaftliche Expertise sowie den Schwerpunkt im Bereich der beruflichen Bildung. „Wir wollen die Lehrerbildung an den Stärken der Universität ausrichten und gleichzeitig gemeinsam die Schule von morgen zeichnen“, erklärte Prof. Dr. Annette Scheunpflug, Inhaberin des Lehrstuhls für Pädagogik. Gemeinsam mit der Professorin für Psychologische Grundlagen in Schule und Unterricht, Dr. Barbara Drechsel, ist sie die Sprecherin der Projektgruppe. Sie stellten während der Auftaktveranstaltung die vier Teilprojekte und die vier Strukturmaßnahmen von WegE vor.
In KulturPLUS, dem ersten der vier inhaltlichen Vorhaben sollen gemeinsame Veranstaltungen und Module die Potentiale der geistes- und kulturwissenschaftlichen Fächer der Universität für angehende Lehrkräfte fruchtbar machen. Die erste KulturPLUS Ringvorlesung Klasse Klassiker beginnt in diesem Sommersemester und geht der Frage nach, was literarische Klassiker für die Gegenwart von Schülerinnen und Schülern relevant macht. Durch das Projekt Bildungswissenschaft im Verbund (BilVer) sollen die pädagogisch-psychologischen Inhalte zukünftig stärker berufsorientiert an schul- und unterrichtsbezogenen Themen statt wie im Moment an Disziplinen und Lehrstühlen entlang gelehrt werden.
Im Projekt BERA wird ein Kompetenzzentrum für Beratung entstehen, das beispielsweise durch Seminare im Studium aber auch durch Fortbildungen für Lehrerinnen und Lehrer Wissen über Beratung von Schülerinnen und Schülern sowie Eltern vermitteln soll. Durch das vierte Projekt namens BeBi werden die Profile der Studiengänge Berufliche Bildung in den Fachrichtungen Sozialpädagogik sowie Wirtschaftspädagogik gestärkt.
Ergänzt werden diese Teilprojekte durch vier Strukturmaßnahmen, in denen eine eigene Studienfakultät für die Lehrerbildung entwickelt, Fortbildungsangebote und Zusatzqualifikationen systematisch bereitgestellt und eine Bildungs- und Internetplattform für alle internen und externen Partner der Projektgruppe geschaffen werden. Alle geplanten Maßnahmen durchlaufen – und das ist die vierte Strukturmaßnahme – einen Qualitätssicherungs- und Abstimmungsprozess, um den Erfolg von WegE zu messen.
„Die Zukunftsfähigkeit eines Gemeinwesens ist nicht gleichkültig gegenüber der Qualität des Lehrpersonals in den Schulen!“, sagte Universitätspräsident Prof. Dr. Dr. habil. Godehard Ruppert. „Mit Lernwissen allein kann niemand Lehrerin oder Lehrer werden, Angebote für Lernwissen reichen nicht aus. An die Bildung von Lehrerinnen und Lehrern muss man mehr Anforderungen stellen, deswegen ist Lehrerbildung auch an einer Universität richtig platziert und daher muss sie auch immer wieder überdacht und neu konzipiert werden.“ Dafür ist eine gute Zusammenarbeit von allen an der Lehrerbildung beteiligten Dozentinnen und Dozenten notwendig. Darauf wies die Leiterin des Bamberger Zentrums für Lehrerbildung (BAZL) Prof. Dr. Sibylle Rahm hin. „An WegE sind so gut wie alle Akteure der Universität beteiligt, die in die Lehrerbildung involviert sind. Das ermöglicht eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Fachwissenschaft, Fachdidaktik und Bildungswissenschaften“, sagte die Inhaberin des Lehrstuhls für Schulpädagogik.
Von einer solchen Zusammenarbeit profitieren nicht nur die zukünftigen Lehramtsstudierenden. Das zeigte die Gastrednerin Prof. Dr. Cornelia Gräsel vom Institut für Bildungsforschung in der School of Education der Bergischen Universität Wuppertal und stellvertretende Vorsitzende des Auswahlgremiums der Qualitätsoffensive. Sie erklärte, dass die Kompetenz und Lernfreude von Schülerinnen und Schülern ganz maßgeblich durch die Lehrperson bestimmt wird – und durch deren Kompetenz, die Schüler zum Mitdenken anzuregen, sie individuell zu fördern und die Klasse im Griff zu halten. Gräsel betonte: „Weil die Lehrperson einer der wichtigsten Faktoren für das Gelingen von Schule ist, muss die Lehrerbildung an Universitäten nicht nur institutionell gestärkt, sondern auch berufsbezogen und kompetenzorientiert gedacht und gestaltet werden, um Expertinnen und Experten für das Lernen auszubilden.“