Unterhaltsame Differenzen hatten Sigmund Gottlieb, Chefredakteur des Bayerischen Fernsehens, und Sonia Mikich, Redaktionsleiterin des Magazins "Monitor". (Bilder: Pressestelle)

Eine heftige Diskussion löste die Überlegung aus, ob die politischen Magazine nicht zum Fernsehen von gestern gehörten.

- Martin Rucker

Politische Magazine am Ende?

Podiumsdiskussion mit renommierten Journalisten

Die politischen Magazine der ARD gelten als Flaggschiffe des investigativen Journalismus. Mit ihnen erfüllt der öffentlich-rechtliche Rundfunk wesentliche Teile seiner öffentlichen Aufgabe. Dennoch wurden sie in die Nebensendezeit verschoben; ab Januar wurden sie sogar gekürzt. Über die Verschiebung der Sendezeiten sowie die Kürzung der politischen Magazine diskutierten Sigmund Gottlieb, Chefredakteur Bayerischen Fernsehens, Sonia Mikich, Redaktionsleiterin des politischen Magazins „Monitor“ (WDR), sowie Fritz Wolf, freier Medienjournalist aus Düsseldorf, der unter anderem für die Süddeutsche Zeitung, den Fachdienst epd-medien und die Fachzeitschrift journalist tätig ist.

Kürzungen als Chance zum „Entrümpeln“

Sigmund Gottlieb verteidigte die Sendezeitkürzungen. Das bedeutendste Argument sei die erwünschte Stärkung der Position der Tagesthemen gewesen. Diese Sendung wird nun bereits um 22.15 Uhr anstatt 22.30 Uhr ausgestrahlt. Gottlieb sieht in einer Steigerung des Marktanteils auf 12 Prozent einen ersten sichtbaren Erfolg der zum 1. Januar realisierten Kürzungsmaßnahme der politischen Magazine. Außerdem sei die Kürzung eine „Anregung der journalistischen Qualität“ für die Macher der Magazine: Unrelevante Themen müssten herausgefiltert und eine Konzentration auf das Essentielle vorgenommen werden. Entscheidend sei schließlich die „Kundschaft, und nicht was in den Köpfen der Redakteure vorgeht.“ 

Fernsehen ist Kulturgut und keine Ware

Sonia Mikich ist seit 2002 Redaktionsleiterin des Magazins „Monitor“, das im letzten Jahr sein vierzigjähriges Jubiläum feierte. Sie machte sich dezidiert für den Erhalt des Status quo der Sendezeiten stark. Die politischen Magazine seien in ihrer Bedeutung innerhalb der ARD wichtig, kürzere Sendezeiten hätten entweder wenigere oder kürzere Beiträge zur Folge. „Monitor“ werde deshalb weiterhin Beiträge in der gewohnten Länge senden, dafür aber zahlenmäßig weniger.

Kreativität der Redakteure

Fritz Wolf, freier Medienjournalist, wurde als neutraler Beobachter für die Diskussion eingeladen. Er verfasste einen Aufsatz zur Geschichte der politischen Magazine in der ARD im Rahmen des 50. Geburtstages des WDR. „Kürzte man die Magazine weiter auf 25-20 Minuten Sendezeit, so müsse ja eigentlich die Kreativität der Redakteure explodieren“, konnte er eine Spur von Ironie nicht unterdrücken. Die Zeiten, in der politische Sendungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen still den geschichtlichen Werdegang der BRD reflektierten, sei  längst Vergangenheit.

Fernsehen von gestern?

Die Überlegung, ob die politischen Magazine nicht im Angesicht der Zeit zum Fernsehen von gestern gehörten und vielmehr Talkshows und Verbrauchermagazine den Markt bestimmten, löste eine heftige Diskussion aus. „Was nützt uns denn diese bekloppte Quotenhörigkeit vieler ARD-Hierarchien, die dazu führt, dass Royal-Kram, Boulevard und Talkshows wie Christiansen ständig den politischen Magazinen vorgezogen werden,“ musste Mikich ihrer Wut freien Lauf lassen. Auch Gottlieb hielt diese Entwicklung für höchst problematisch. Beckmann, Kerner und Maischberger seien die weichgespülten Formate, in denen die Politiker frei ihre Meinung äußern könnten. In den politischen Magazinen gebe es harte Formen. O-Töne würden gekürzt, da gibt es kein langes Herumgerede, waren sich Mikich und Gottlieb einig.

Organisiert wurde die Podiumsdiskusission vom Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Sie ist angegliedert an das Kolloquium „Diskussion aktueller Medienthemen“, das in diesem Wintersemester erstmals angeboten wurde. Die Teilnehmenden des Kolloquiums waren in die Vorbereitung der Podiumsdiskussion eingebunden.
Beispielsweise erstellten sie Fragenkataloge für die Diskussionsteilnehmer, arrangierten die Mikrofontechnik und Pressearbeit. Schwierig sei es allerdings gewesen, Ansprechpartner aus den Medien zu gewinnen. „Der Zeitplan der Diskutanten ist eng, da musste erst einmal ein gemeinsamer Termin gefunden werden,“ so Dipl.-Journ. Kristina Wied, Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaften sowie Initiatorin und Moderation der Podiumsdiskussion. Unterstützt wurde die Ausführung der Podiumsdiskussion von „futuredays“ einer Aktion der studentischen Gruppe feki.de.