Sein Ziel: ein humanes Leben
Werner Faber, Professor Emeritus und erster Inhaber des Lehrstuhls Erwachsenenbildung an der Universität Bamberg, verstarb am 18. September 2017 im Alter von 89 Jahren.
Geboren am 18. Januar 1928 erlebte er als Jugendlicher die Gräuel des Krieges als „Luftwaffenhelfer“, kam zwei Monate in Kriegsgefangenschaft; ein Bruder fiel im Krieg, zwei waren jahrelang Kriegsgefangene; einige Jahre arbeitete er in der Landwirtschaft, um die Familie zu ernähren. All das, so berichtete er, bewog ihn, Pädagogik zu studieren und Lehrer zu werden.
Nach dem Lehramtsstudium 1949 bis 1951 war er bis 1958 Lehrer, studierte berufsbegleitend von 1954 bis 1960 Pädagogik, Philosophie, Publizistik und Kunstgeschichte an der Universität Münster und promovierte 1960 zum Dr. phil. mit einer pädagogischen Arbeit über Martin Buber - es sei „die Beste“ der damaligen Buber-Arbeiten gewesen, hieß es in einer Rezension. Damit markiert ist die anthropologische Orientierung im Werk Werner Fabers, die sich auch später fortsetzte. Und seine Entscheidung, Pädagogik zu studieren - so kommentierte er später -, bedeutete für ihn mehr als Schul- oder Wissens-Lernen: „Es bedeutete, ein humanes Leben zu leben.“ Und auch: „Meine Entscheidung für Pädagogik erwies sich als verborgene Voraussetzung für meine spätere Tätigkeit in der Andragogik“.
Neugierig auf das Erwachsenenlernen
Ein Aufenthalt an einer englischen Summer-School trug ebenfalls zu seiner biographischen Entwicklung bei - die freie und konstruktive Lern-Atmosphäre, die er dort erlebte, machten ihn neugierig auf Aspekte des Erwachsenenlernens.
Mit 34 Jahren wurde er an der Pädagogischen Hochschule Aachen einer der jüngsten Professoren des Landes, ein fabelhafter Start für eine Hochschulkarriere. 1968 erhielt er einen Ruf als ordentlicher Professor und Direktor des Seminars für Allgemeine Pädagogik und Philosophie an der Universität Paderborn. Auch dort holte ihn die Erwachsenenbildung ein: Er wurde ehrenamtlicher Leiter der Volkshochschule Paderborn: „Ich fand es herausfordernd, Theorie und Praxis der Erwachsenenbildung zu kombinieren - das in die Praxis umzusetzen, was ich theoretisch diskutiert hatte.“
1976 erhielt er den Ruf auf den neugegründeten Lehrstuhl für Erwachsenenbildung in Bamberg. Seine Ernennung erfolgte zum 01.01.1977. Den Lehrstuhl hatte er bis zu seiner Emeritierung 1993 inne. 1981 führte er das neue „Aufbaustudium Andragogik" ein und positionierte erstmals die Bezeichnung „Andragogik“ als Wissenschaft vom lebenslangen umfassenden Lernen Erwachsener an einer Universität und als vom Ministerium anerkannte Bezeichnung. Dieser Studiengang wendete sich an Absolventen anderer Studiengänge, die sich in diesem Bereich weiterqualifizieren wollten, und bedeutete für die damalige Zeit durchaus eine Innovation.
Anliegen: Wissenschaft für Menschen jenseits des Campus
Aber beim nur universitären Engagement blieb es in Bamberg ebenso wenig wie in Aachen und Paderborn. Es war ihm aus seinem Verständnis für eine umfassende Bildungswissenschaft ein Anliegen, die Wissenschaft auch Menschen jenseits des Campus nahe zu bringen. Die „Bamberger Universitätstage“ sind auf seine Initiative zurückzuführen. Die Grundidee war, öffentliche Wissenschaft als Verantwortung um das Ganze zu verstehen, als Bringschuld, und um die Einwurzelung einer jungen Universität in die Region. Von 1977 bis 1989 beschäftigten sich die Bamberger Universitätstage in Stadt und Region Bamberg mit Rahmenthemen wie: „Der verunsicherte Mensch“, „Familie auf dem Prüfstand“, „Modernität und Menschlichkeit“, „Wissenschaft im Dienste des Lebens“, „Menschen in der Computerwelt“.
Übersehen werden dürfen dabei nicht seine empirischen und praktischen Forschungsarbeiten. Seine Gasthörerbefragung an allen westdeutschen Universitäten ist ein Beispiel seines empirischen Zugriffs und zugleich eine hermeneutische Leistung: die Interpretation dieser Zielgruppe als „lernende Erwachsene“ und die Fokussierung auf Lernsituationen und Lernbedingungen Erwachsener. „Lebenslagen und Bildungsinteressen in Landgemeinden“ (1990) oder „Mobile Computerkurse für Frauen im ländlichen Raum“ (1991) dokumentieren in ähnlicher Weise einen zugleich theoretisch begründeten, empirisch überprüften und an nützlicher Bildung orientierten Zugriff, ebenso wie die von ihm formulierte „Landandragogik“, die bis heute eine wichtige Grundlage für die Diskussion um regionale und raumtheoretische Fragen in der Disziplin der Erwachsenenbildung darstellt.
Von 1984 bis 1998 war er Vorsitzender der Pädagogischen Arbeitsstelle für Erwachsenenbildung in Baden-Württemberg, anschließend Ehrenvorsitzender, ebenfalls Mitglied im Landesbeirat für Erwachsenenbildung der bayerischen Staatsregierung. 1993 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen.
Die Zeit als Emeritus
Seine Abschiedsvorlesung hielt er am 18.1.2008 - seinem 80. Geburtstag. Seine Emeritierung im Jahr 1993 hatte noch lange nicht den Abschied bedeutet. Er lehrte und prüfte weiter, mit immer wieder reizvollen Themen: unter anderem „Die Laterne am Heck - Zur Geschichte der Erwachsenenbildung“ - „Denn es fähret schnell dahin - Sterben und Tod als Thema der Erwachsenenbildung“ - „Und wenn sie nicht gestorben sind - Erwachsene im Märchen“. Er sagte damals: „Statt der Pflicht stand nun in erster Linie die Kür an.“ Und auch: „Emeritus war ein schöner Beruf nach dem Beruf. Man musste dafür nur so lange studieren.”
Diesen außergewöhnlichen Einsatz Werner Fabers erkannte auch der damalige Bayerische Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Dr. Thomas Goppel, an. Er schreibt anlässlich des 80. Geburtstags von Werner Faber: „Für Ihr in hohem Maße erfolgreiches Engagement in der Ausbildung und Unterstützung Ihrer akademischen Schülerinnen und Schüler ebenso wie für Ihren Einsatz an der Universität noch als Emeritus danke ich Ihnen besonders.“
Seinen Studenten gab er über die vielen Jahrzehnte seiner Tätigkeit hinweg nicht nur trockene Zahlen und Fakten mit auf den Weg, sondern auch andragogische Weisheit: „Die größte Herausforderung ist meiner Meinung nach, leben zu lernen.”
Werner Faber hat sich um den Lehrstuhl, die Andragogik und die Universität verdient gemacht. Dafür sei ihm in Freundschaft und Dankbarkeit gedacht.
Hinweis:
Den Text verfassten Prof. Dr. Jost Reischmann und Prof. Dr. Julia Franz für die Universität Bamberg.